NSU-Prozess


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367. Verhandlungstag, 31.5.2017 "Zschäpe-Theater", "Wohlleben-Theater"

Wieder ein Tag, der aus Sicht vieler Angehöriger der zehn Mordopfer des NSU ein vergeudeter Tag ist. Immer nur "Zschäpe-Theater" oder "Wohlleben-Theater", also immer nur der Blick auf die Angeklagten und die Strategien ihrer Verteidiger, nie ein Blick auf das Befinden der Angehörigen.

Von: Eckhart Querner

Stand: 31.05.2017 | Archiv

Eckhart Querner | Bild: Julia Meuller

31 Mai

Mittwoch, 31. Mai 2017

Die Angehörigen fragen sich auch am 367. Verhandlungstag und vier Jahren NSU immer noch: Warum musste mein Vater, mein Sohn, mein Bruder, unsere Tochter sterben? Diese Frage - das ist jetzt schon klar - wird auch am Ende des Strafverfahrens gegen Beate Zschäpe und vier Mitangeklagte nicht beantwortet werden.

Ende des Strafverfahrens

Vor Wochen, es war der 359. Verhandlungstag am 26. April, hatte ich in meinem Gerichtstagebuch geschrieben, ein Urteil im Juli sei durchaus wahrscheinlich - und wünschenswert. Inzwischen müssen wir Beobachter und auch die Beteiligten des Prozesses erkennen, dass das wieder absolut unrealistisch ist. Die Bundesanwaltschaft kann nicht direkt nach den Pfingstferien plädieren. Denn auf Antrag der Altverteidiger Heer, Stahl und Sturm wird der psychiatrische Sachverständige Henning Saß am 29. Juni noch einmal befragt. Die drei Zschäpe-Verteidiger sahen sich gestern außer Stande, ohne einen mit Hilfe von externem Sachverstand ausgearbeiteten Fragenkatalog den forensischen Psychiater zu löchern.

Auf die Plädoyers vorbereitet

Hört man sich bei den Nebenklagevertretern um, hört man erstaunliche Dinge: einige von ihnen sind offenbar längst auf ihre Plädoyers vorbereitet. Eine sagt, sie werde ihren Schlussvortrag in ein paar Wochen fertig haben. Ein anderer sagt sogar, er schreibe seit dem ersten Verhandlungstag daran. Die meisten Prozessbeteiligten sind anscheinend auf das Ende vorbereitet und das spricht dafür, dass sich die meisten von ihnen auch seit Monaten wünschen, dass endlich Schluss ist. Schluss nach dann fast 400 Verhandlungstagen, Schluss mit inzwischen über 800 Zeugenaussagen, Schluss mit einem dunklen Kapitel deutscher Geschichte, in dem nach wie vor viele Fragen offen bleiben, zum Beispiel, was die nicht selten dubiose Rolle von V-Männern und ihre Verbindungen zu rechtsextremistischen Kreisen angeht.

Gerichtssprecherin hört auf

Eine hat die Kurve gekriegt: Andrea Titz, bisherige Sprecherin des Oberlandesgerichts. In den vergangenen vier Jahren wurde sie das bekannteste Gesicht des NSU-Verfahrens, zum einen durch ihre kompetenten Erklärungen des Prozessgeschehens, zum anderen durch ihre extravaganten, täglich wechselnden High Heels. Heute war ihr letzter Tag - sie wird nun neue Direktorin des Amtsgerichts Wolfratshausen. Es wird Zeit, dass der NSU-Prozess zu Ende geht.


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