NSU-Prozess


3

353. Verhandlungstag, 9.3.2017 Eine Frist und ihre Folgen

Mit dem überfallartigen Verkünden eines baldigen Endes der Beweisaufnahme überraschte das Gericht die anderen Prozessbeteiligten. Aber war Richter Götzls vermeintlicher Coup auch ein kluger Schachzug?

Von: Tim Aßmann

Stand: 09.03.2017 | Archiv

Tim Aßmann | Bild: BR/Tim Aßmann

09 März

Donnerstag, 09. März 2017

Manfred Götzl kann Contenance. Äußerlich blieb der Vorsitzende Richter völlig gelassen, als Zschäpe-Verteidiger Wolfgang Heer heute einen Befangenheitsantrag seiner Mandantin gegen Götzl vortrug. Das Ablehnungsgesuch war auch keine Überraschung, und Befangenheitsanträge wie dieser sind beim NSU-Prozess mittlerweile Alltag. Die Formulierungen aber, mit denen Verteidiger Heer - rund eine Stunde lang - das Ablehnungsgesuch begründete, könnten Richter Götzl durchaus geärgert haben.

Heftige Vorwürfe gegen Götzl

Denn Heer unterstellte Götzl, die Verhandlung "grob rechtsfehlerhaft" ausführen zu wollen. Seine Mandantin, erläuterte Wolfgang Heer, müsse "befürchten, dass der abgelehnte Vorsitzende seine mangelhafte Verfahrensplanung mittels der Fristsetzung zu kaschieren versucht." Rechtsfehlerhafte Verhandlungsführung? Mangelhafte Verfahrensplanung? Das sind starke Vorwürfe an die Adresse eines Richters, der großen Wert auf eine korrekte Führung des Mammutprozesses legt.

Fristsetzung gleicht Kampfansage

Als Götzl am vergangenen Dienstag verkündete, die Prozessbeteiligten hätten noch eine Woche Zeit um Beweisanträge zu stellen, hat er Teile der Verteidigung sicherlich geschockt. Er hat sie aber auch verärgert. Der Vorsitzende Richter weiss, dass die Zschäpe-Verteidigung mit der Befragung von zwei Psychiatern im Prozess das psychiatrische Gerichtsgutachten in Frage stellen will. Das war nämlich für die Hauptangeklagte juristisch verheerend ausgefallen. Für die Verteidiger kam die überraschende Verkündung einer derart knappen Frist daher einer Kampfansage gleich, auf die sie nun entsprechend reagiert haben. Da half es auch nicht mehr, dass Götzl zwischenzeitlich ankündigte, die Frist verlängern zu wollen, ohne konkreter zu werden.

Eher Eigentor als Coup?

Sowohl Beate Zschäpe als auch Ralf Wohlleben haben also erneut Befangenheitsanträge gestellt. Deren Erfolgsaussichten tendieren gegen Null. Das Klima zwischen dem Senat und Teilen der Verteidigung ist aber vergifteter als zuvor. Ob Manfred Götzls überraschende Fristsetzung den Abschluss der Beweisaufnahme wirklich beschleunigt hat, ist äußerst fraglich.


3