NSU-Prozess


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326. Verhandlungstag, 30.11.2016 Beging der NSU weitere Straftaten?

Spähte das Terrortrio eine Berliner Synagoge aus? Ein ehemaliger Polizist sagte dazu nun erneut als Zeuge aus. Endgültig klären lassen wird es sich wohl nicht.

Von: Tim Aßmann

Stand: 30.11.2016 | Archiv

Tim Aßmann | Bild: BR/Tim Aßmann

30 November

Mittwoch, 30. November 2016

Frank G. hat also nochmal nachgedacht. "Ja", sagte der ehemalige Berliner Polizist nun bei seinem zweiten Auftritt im Zeugenstand. Er habe am 7. Mai 2000 in einer Fernsehsendung drei Fahndungsfotos gesehen und darauf Personen erkannt, die ihm nur Stunden zuvor begegnet waren. Der Polizist Frank G. war damals zum Objektschutz der Synagoge in der Berliner Rykestraße eingesetzt. In einer nahen Gaststätte will er Beate Zschäpe und Uwe Mundlos in Begleitung eines weiteren Mannes, einer Frau und zwei Kindern gesehen haben. Zschäpe hat eingeräumt, "etwa im Sommer 2000" mit Mundlos und Böhnhardt in Berlin gewesen zu sein. Sie bestreitet aber, dass das Trio die Synagoge ausspähte. Wenn Zschäpe am Ausspähen von möglichen Anschlagszielen beteiligt war, würde sie das im Prozess zusätzlich belasten. Zweifelsfrei nachweisen lässt sich eine solche Beteiligung mit der Aussage des Ex-Polizisten aber nicht.

NSU-Anschläge in Berlin?

Unabhängig von der Beobachtung des Objektschützers gibt es schon länger die Vermutung, der NSU könnte in Berlin Anschläge verübt haben. Im Brandschutt der letzten Zwickauer NSU-Wohnung fand sich die Adresse des jüdischen Friedhofs in Berlin-Charlottenburg. 1998 explodierten dort zwei Sprengsätze. 2002 gab es den nächsten Anschlag - mit einer Rohrbombe. Wegen des Baus solcher Bomben tauchten Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe Anfang 1998 unter.

Weitere NSU-Straftaten?

Gibt es noch bisher unbekannte Straftaten der Terrorzelle? Diese Frage war immer wieder Thema im Prozess. Die Ermittler gingen unter Anderem einer Aussage des Angeklagten Carsten S. nach, Mundlos und Böhnhardt hätten "jemanden angeschossen". Eindeutig klären konnte das BKA diesen Hinweis nicht. Recherchen eines Nebenklage-Anwalts ergaben aber, dass in Chemnitz ein Bauarbeiter mit einem Luftgewehr angeschossen wurde - in unmittelbarer Nähe einer damaligen NSU-Wohnung. Der Angeklagte Carsten S. hatte kurz nach Prozessbeginn auch einen Zusammenhang zwischen Mundlos und Böhnhardt und einem bis dahin ungeklärten Bombenanschlag in Nürnberg hergestellt. Mittlerweile rechnen die Ermittler diese Tat dem NSU zu.


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