NSU-Prozess


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NSU-Prozess, 269. Verhandlungstag "Wohlleben war der Auftraggeber"

Der wegen Beihilfe an neun Morden angeklagte Carsten S. hat den mitangeklagten ehemaligen NPD-Funktionär Ralf Wohlleben erneut schwer belastet. Wohlleben habe ihm den Auftrag zur Beschaffung der Mordwaffe gegeben, sagte S. vor dem Münchner Oberlandesgericht.

Von: Alf Meier

Stand: 09.03.2016 | Archiv

 Der Angeklagte Carsten S. sitzt im Gerichtssaal in München (Bayern) und verbirgt sein Gesicht hinter einer Kapuze (Archivfoto) | Bild: dpa-Bildfunk

Carsten S. hatte bereits im Ermittlungsverfahren und auch zu Beginn des NSU-Prozesses ein umfassendes Geständnis abgelegt. Er gab zu, die Pistole vom Typ "Ceska" besorgt zu haben. Mit dieser Waffe sollen die beiden mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt acht türkisch und einen griechischstämmigen Mann ermordet haben. Den Auftrag und das Geld zur Beschaffung der Pistole hat er laut eigener Aussage von Ralf Wohlleben bekommen.

Wohlleben: Hatte mit "Ceska" nichts zu tun

Wohlleben hatte im Dezember 2015, mehr als zweieinhalb Jahre nach Prozessbeginn sein Schweigen gebrochen, behauptet mit dem Erwerb und er Weitergabe der "Ceska" nichts zu tun gehabt zu haben, der Auftrag an Carsten S. sei direkt von Mundlos oder Böhnhardt gekommen. Das Geld habe Timo Brandt geliefert, ein Neonazi und ehemaliger V-Mann des thüringischen Verfassungsschutzes.

"Ich hab das Geld von Wohlleben bekommen, da war kein Tino Brandt involviert", sagte Carsten S. heute. Der Mann, der sich im Zeugenschutzprogramm befindet, wollte die Aussagen Wohllebens nicht auf sich sitzen lassen: Wohlleben sei der Auftraggeber und die steuernde Person bei der Beschaffung gewesen, bekräftige er. Grundsätzlich sei er damals immer bei Aktionen von Wohlleben oder André Kapke angesprochen worden, habe nie die selbst die Initiative ergriffen.

Aussage gegen Aussage

Prozessbeobachter halten Carsten S. für weit glaubwürdiger als den ehemaligen NPD-Mann. Zu seinen Gunsten spräche vor allem, die frühe Aussagebereitschaft und der erkennbare Willen alles auf den Tisch zu bringen. Für die Anklage sei er eine Art Kronzeuge in einem Prozess, der vor allem aus Indizien bestünde. Wann dieser Prozess zu Ende geht vermag auch nach fast 270 Verhandlungstagen niemand mit Sicherheit zu sagen. Das Oberlandesgericht hat heute eine aktuelle Terminliste verschickt. Vorsorglich wurde schon einmal bis Januar 2017 terminiert.


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