NSU-Prozess


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258. Verhandlungstag, 02.02.2016 "Im Kopf und Herzen einer Angeklagten"

Wieder ein Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter Manfred Götzl - Beate Zschäpes Wahlverteidiger Hermann Borchert begründete das Gesuch mit dem Vertrauensverlust seiner Mandantin zu ihren Pflichtverteidigern. Götzl könne nicht wissen, "wie es im Kopf oder im Herzen einer Angeklagten ausschaut".

Von: Alf Meier

Stand: 02.02.2016 | Archiv

Alf Meier | Bild: BR

02 Februar

Dienstag, 02. Februar 2016

Es ist der neunte Antrag, der Götzl vom Richterstuhl werfen soll und er wird wahrscheinlich genauso wenig Erfolg haben wie die acht Ablehnungsgesuche zuvor. Der wegen Beihilfe an neun Morden mitangeklagte Ralf Wohlleben schloss sich dem Ablehnungsgesuch an.

Borchert: Verteidigung „im Kern“ nicht möglich

Die Angeklagte Beate Zschäpe betritt zum Prozessauftakt am 06.05.2013 den Gerichtssaal in München | Bild: picture-alliance/dpa zur Übersicht NSU-Prozess: Überblick NSU-Protokolle: Das Geschehen im Gerichtssaal

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Vorausgegangen war ein Entpflichtungsantrag Zschäpes gegen ihre drei Altverteidiger Anja Sturm, Wolfgang Heer und Wolfgang Stahl. Weil Manfred Götzl den abgelehnt hatte, warf ihm Zschäpes Wahlverteidiger Herrmann Borchert heute vor, parteiisch zu sein, nur Entscheidungen zu fällen, die den über zweieinhalb Jahre dauernden Prozess nicht in Gefahr bringen würden. Da zwischen seiner Mandantin und ihren Altverteidigern aber kein Vertrauensverhältnis mehr bestehe, sei eine Verteidigung "im Kern" nicht möglich, sagte Borchert. Auch Wahlverteidiger wie er und sein Kollege Mathias Grasl könnten das nicht ausgleichen und darum hätte dem Entpflichtungsantrag stattgegeben werden müssen.

 "Wunder Punkt"

Der Konflikt zwischen Zschäpe und ihren Altverteidigern bezeichnen Prozessbeobachter als "wunden Punkt" des Verfahrens. Schon mehrfach hatte die Hauptangeklagte versucht  Heer, Stahl und Sturm abzuberufen. Doch der Senat sah nie ausreichenden Gründe für eine Entlassung der Anwälte. Götzl begründete auch die aktuelle Entscheidung damit, dass  Zschäpe selbst schuld am fehlenden Vertrauen sei, da sie sich der durch die Pflichtverteidiger mehrfach angebotenen Kommunikation verschließe.

Götzl hakt nach

Bereits Anfang Januar hatte Beate Zschäpe  schriftlich Fragen des Senats beantwortet. Heute nun gab es zahlreiche Nachfragen. Götzl will zum Beispiel wissen, ob innerhalb des NSU-Trios besprochen wurde was mit ihr, Zschäpe, geschehen solle, falls Mundlos und Böhnhardt Suizid begehen oder getötet werden würden? Den Vorsitzenden Richter interessiert auch, ob mitangeklagte mutmaßliche NSU-Unterstützer, wie etwa Andre E., Kenntnis von den Raubüberfällen und Tötungsdelikten hatten.

Verteidiger Mathias Grasel sagte zu, die Fragen mit seiner Mandantin zu besprechen und wieder schriftlich zu beantworten. Morgen werden aber noch keine Antworten verlesen werden, denn am Mittwoch fällt die Verhandlung wegen der Befangenheitsanträge aus.


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