NSU-Prozess


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224. Verhandlungstag, 04.08.2015 Sommerpause - wahrscheinlich nicht die letzte

Die Zuschauertribüne war an diesem letzten Verhandlungstag vor der Sommerpause voll besetzt. Das öffentliche Interesse am NSU-Prozess ist ungebrochen. Eine gute Nachricht. Aber alle Prozessbeteiligten müssen aufpassen, dass sie das Mammutverfahren nicht künstlich in die Länge ziehen.

Von: Ina Krauß

Stand: 04.08.2015 | Archiv

Ina Krauß | Bild: BR/Julia Müller

04 August

Dienstag, 04. August 2015

Als Zeuge war heute ein Schweizer Polizist geladen, der in die Ermittlungen rund um die wichtigste Tatwaffe des NSU-Terrortrios eingebunden war. Die Pistole wurde in der Schweiz gekauft und über Mittelsmänner weitergegeben. Davon geht die Anklage aus. Schließlich landete sie in den Händen von Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe. Laut Anklage ermordeten Mundlos und Böhnhardt mit der Ceska ab dem Jahr 2000 neun Geschäftsleute mit türkischen bzw. griechischen Wurzeln. 2011 wurde die Waffe im Brandschutt der Wohnung in der Zwickauer Frühlingsstraße gefunden. Zschäpe muss sich unter anderem wegen Mittäterschaft an den mit der Ceska begangenen Morde verantworten.

Nichts wirklich Neues

NSU-Tatwaffe: Pistole Ceska

Der Auftritt des Zeugen war wenig spektakulär und brachte nichts wirklich Neues. Aber das ist Alltag in diesem Mammutverfahren und fast wohltuend nach den vergangenen Wochen. Es geht nämlich um die Aufklärung des NSU-Terrors und nicht um die Befindlichkeiten gut bezahlter Anwälte und ihrer Mandantin.

Unnötig und kindisch

Die Anwälte der Angeklagten Zschäpe, Anja Sturm (l-r), Wolfgang Heer und Wolfgang Stahl, sitzen im Gerichtssaal in München (Bayern) an ihrem Platz, während die Angeklagte Beate Zschäpe neben ihrem vierten Anwalt Mathias Grasel (r) steht.  | Bild: picture-alliance/dpa zum Artikel NSU-Prozess Bilanz vor der Sommerpause

Der NSU-Prozess gegen Zschäpe und vier weitere Angeklagte geht in die dritte Sommerpause. Die Beweisaufnahme ist fast abgeschlossen. Zuletzt ging es aber hauptsächlich um Zschäpes Verhältnis zu ihren Verteidigern. Von Ina Krauß [mehr]

Zuletzt war der Prozess durch das Zerwürfnis zwischen Zschäpe und ihren angestammten Verteidigern Anja Sturm, Wolfgang Heer und Wolfgang Stahl immer wieder ins Stocken geraten. Das schien manchmal unnötig und teilweise kindisch - wenn zum Beispiel über die Sitzordnung auf der Anklagebank gestritten wurde. Aber es hat letztendlich Interessantes zu Tage gefördert. So zum Beispiel, dass Zschäpe ihre bisherigen Verteidiger nie ins Vertrauen gezogen hatte. Außerdem wird die Hauptangeklagte nach dem öffentlich ausgetragenen Hick-Hack mit anderen Augen gesehen. Sie wirkt wie eine Frau, die weiß was sie will und sie versucht diesen Willen mit großem Nachdruck durchzusetzen. So behauptet es auch die Anklage, die in Zschäpe eine Frau sieht, die von den Taten ihrer Komplizen wusste und im Terror-Trio die Funktion hatte, den Rückzugsraum für die Mörder und Bombenleger abzusichern. Für viele Nebenanklage-Vertreter sind die Verzögerungen, die durch die Auseinandersetzung zwischen Zschäpe und ihren Verteidigern verursacht wurden, darum leicht zu verschmerzen, solange der Prozess deshalb nicht platzt.

Keine "Nebenkriegsschauplätze" mehr

Aber es bleibt auch die Sorge, dass das Verfahren sich durch solche "Nebenkriegsschauplätze" weiter in die Länge zieht. Viele Angehörige der Mordopfer möchten so schnell wie möglich mit dem Thema abschließen. Der Prozess ist für sie belastend. Seit über zweieinhalb Jahren wird verhandelt und die Aufklärung der umfangreichen Taten ist mühsam. Jetzt wurden Termine bis Herbst 2016 anberaumt. Schon jetzt kostet das Verfahren über 30 Millionen Euro. Es ist zu befürchten, dass die Öffentlichkeit irgendwann nur noch die Kosten dieses Mammutverfahrens diskutiert. Und die Zuschauertribüne im Gerichtssaal A 101 leer bleibt.

Am 2. September wird im NSU-Prozess weiter verhandelt.


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