NSU-Prozess


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Der neue Mann an ihrer Seite Beate Zschäpes vierter Pflichtverteidiger

Ein großer Auftritt war es noch nicht – wohl erst ein zaghafter Einstieg. Mathias Grasel, der neue, vierte Pflichtverteidiger für die Hauptangeklagte im Münchner NSU-Prozess, hat damit begonnen in der Beweisaufnahme aktiv zu werden. Er stellte seine erste gezielte Frage an eine Zeugin - zum Geschehen in den letzten Tagen vor dem Tod von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt.

Von: Oliver Bendixen

Stand: 14.07.2015 | Archiv

Mit einer Frage an die zweite Zeugin des heutigen 217. Verhandlungstages stieg Beate Zschäpes neuer, vierter Pflichtverteidiger zum ersten Mal ins Geschehen ein. Ob sich die Frau, die Angestellte eines Wohnmobil-Verleihs, erinnern könne, wer die Kaution für das im Oktober 2011 gemietete Fahrzeug bezahlt habe. Es war jenes Wohnmobil, in dem Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt am 4. November offensichtlich Selbstmord begingen und verbrannten. An die Bezahlung konnte sich die Zeugin nicht erinnern - aber an viele andere Details - unter anderem daran, dass sie bereits mehrfach bei Lichtbildvorlagen Beate Zschäpe und Uwe Mundlos als das Paar wiedererkannt hatte, das damals das Wohnmobil abgeholt hatte.

Zu wem das etwa vierjährige Mädchen gehörte, das sich damals in ihrer Begleitung befand, ist bis heute ungeklärt. Das Paar - so gab die Zeugin an - habe wohl eine Deutschlandreise vorgehabt, jedoch kein konkretes Ziel genannt. Die Reise endete in Eisenach, wo die beiden Uwes nach einem Banküberfall zu Tode kamen. In dem ausgebrannten Fahrzeug fand damals die Polizei einen Reisepass - ausgestellt für Holger G., einen der Mitangeklagten, die sich in München vor dem Oberlandesgericht verantworten müssen.

Ermittlungen des Bundeskriminalamtes – so schilderte es heute ein Kriminaloberkommissar im Zeugenstand – hatten ergeben, dass Holger G. den Pass auf seinen Namen beantragt und dafür ein Foto eingereicht hatte, das ihn mit geschorenem Schädel zeigte. Den hatte ihm offensichtlich Uwe Mundlos rasiert, der den Pass dann zur beliebigen Verwendung dann erhalten hatte. Holger G. wird von der Bundesanwaltschaft als Unterstützung einer kriminellen Vereinigung zur Last gelegt. Die Unterschriften von Holger G. auf dem Passantrag und der Abholquittung sind für das BKA- so der Ermittler als Zeuge – eindeutige Beweise.

Noch ein Neonazi mit Gedächtnislücken

Den ganzen Nachmittag des heutigen Verhandlungstages mühte sich das Gericht dann mit einem Neonazi aus dem Umfeld des Angeklagten Andre E. ab, der immer wieder angab, sich an nichts mehr erinnern zu können - und zwar so lange, bis er vom Senatsvorsitzenden, der Bundesanwaltschaft und einigen Nebenklageanwälten deutlich an die Folgen einer Falschaussage erinnert wurde. Die Rückkehr seines Erinnerungsvermögens hat dies trotzdem nicht befördert.

Beharrlich blieb der Maurer dabei, nicht mehr zu wissen, mit wem er wann und wo gewesen war und was es mit der "Weißen Bruderschaft Erzgebirge" auf sich hatte, deren Mitglied er war. Seine Angaben, er habe gar nicht gewusst, dass der in München mitangeklagte Andre E. und dessen Zwillingsbruder Mike dort das Sagen hatten, wurden mit der Verlesung immer neuer Hinweise aus den Ermittlungsakten gründlich zerpflückt. Seinem Bemühen, den angeklagten Freund Andre E. zu schonen, tat dies aber keinen Abbruch. Er wurde zwar unvereidigt entlassen, könnte aber durchaus bald zum Beschuldigten in einem Verfahren wegen Falschaussage werden.


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