NSU-Prozess


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209. Verhandlungstag, 10.06.2015 Zschäpe will ihre Verteidigerin loswerden

Ob Beate Zschäpes nunmehr zweiter Versuch, zumindest einen Verteidiger aus dem Anwaltstrio hinauszuschießen, Erfolg hat, wird man erst in einer Woche wissen. Entscheiden muss nun Richter Manfred Götzl, ob das Vertrauensverhältnis zwischen der Hauptangeklagten und ihrer Verteidigerin Anja Sturm wirklich so zerstört ist, dass dies den Prozess beeinträchtigt.

Von: Oliver Bendixen

Stand: 10.06.2015 | Archiv

Oliver Bendixen | Bild: Bayerischer Rundfunk

10 Juni

Mittwoch, 10. Juni 2015

Gibt Götzl dem Antrag statt, könnte es sein, dass dann die anderen beiden Pflichtverteidiger drankommen und ebenfalls abgelehnt werden. Hinter dem Antrag auf Entpflichtung der Anwältin glauben Prozessbeobachter erkennen zu können, dass Zschäpe Zweifel an der bisherigen Verteidigungsstrategie bekommt. Die zielte klar darauf ab, keine Angaben zu machen und die Bundesanwaltschaft erst einmal mit ihrem Belastungsmaterial kommen zu lassen. Dass Beate Zschäpe mit nur zwei Anwälten an ihrer Seite oder einem neuen Pflichtverteidiger plötzlich zu reden beginnt, erschien heute Prozessbeobachtern eher unwahrscheinlich.

Unterbrechung, Unterredung, dann Antrag auf Entlassung Sturms

Dass sich heute etwas Besonderes tun werde, kündigte sich schon zu Beginn dieses 209. Verhandlungstages im NSU-Verfahren an. Der Prozess begann schon mit einer halben Stunde Verspätung. Und kaum war es losgegangen, bat Zschäpes Anwalt Wolfgang Heer um eine Unterbrechung von einer Stunde für eine Unterredung mit der Hauptangeklagten. Das Ergebnis verkündete dann am Mittag der Vorsitzende Richter: Beate Zschäpe beantragt, ihre Anwältin Anja Sturm aus der Pflichtverteidigung zu entlassen.

Nach einer kurzen Debatte über das weitere Vorgehen wurde der Prozess dann auf den Dienstag der kommenden Woche vertagt. Bis dahin hat auch die Bundesanwaltschaft Zeit, sich zu dem Antrag zu äußern. Das Gericht kann sich am Ende zwischen zwei gleichermaßen unerfreulichen Varianten entscheiden: gibt es dem Antrag statt, könnte die Ablehnung der anderen beiden Pflichtverteidiger auf dem Fuße folgen. Bleibt Anja Sturm eine der drei Anwälte von Beate Zschäpe, droht die schlechte Stimmung zwischen Mandantin und Anwälte noch mehr als bisher auf das Verfahren durchzuschlagen.


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