NSU-Prozess


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205. Verhandlungstag, 13.05.2015 "Ich habe niemanden gekannt"

Wer hat in der rechten Szene wen wann getroffen und was wurde dabei gesprochen? Brauchbare Aussagen dazu zu erhalten, gleicht im Münchner NSU-Prozess immer wieder der Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen. Denn nicht jeder Zeuge kann oder will sich erinnern, wie sich heute bei einer Szenezeugin wieder einmal zeigte.

Von: Mira Barthelmann

Stand: 13.05.2015 | Archiv

Uwe Mundlos, Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt (rechts): Urlaubsfoto, vermutlich 2004 aufgenommen (von BKA veröffentlicht) | Bild: picture-alliance/dpa

Am 23. September 2003 sollen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos eine Sparkasse in Chemnitz überfallen haben. Heute vor Gericht im Zeugenstand: zwei damalige Angestellte der Filiale. Die Zeugin F. berichtet, dass einer der Täter über den Tresen gesprungen sei und ihr mit einer Pistole ins Gesicht geschlagen habe. Anschließend sei eine Schublade mit Kleingeld herausgerissen worden. Der Tresorraum war zwar offen, doch F. machte den Tätern deutlich, dass sie den Tresor nicht öffnen könne, weil sie keinen Schlüssel habe. Sie hätte ihn zwar holen können, stattdessen behauptete sie aber, dass der Filialleiter mit dem Schlüssel bei einem Kunden außer Haus sei. Die Täter flüchteten daraufhin. Die dünne Beute: rund 500 D-Mark. F. gibt zu Protokoll, dass sie damals zwar ein blaues Auge davon getragen, den Überfall aber insgesamt gut verkraftet habe: "Aber sicherlich nur, weil ich nichts (kein Geld) rausgegeben habe."

Brutales Vorgehen

Anschließend kam eine Polizeibeamtin zu Wort, die damit befasst war, die Asservate aus dem Brandschutt in der Zwickauer Frühlingsstraße mit den Spuren jenes Banküberfalls zu vergleichen. Sowohl bei der Kleidung als auch bei Fußabdrücken hätten sich Übereinstimmungen feststellen lassen. Die beim Banküberfall benutzte Pistole konnte allerdings nicht eindeutig zugeordnet werden. Es existieren Fotoaufnahmen einer Überwachungskamera, die in der Filiale angebracht war. Darauf eindeutig zu erkennen: die Brutalität, mit der die beiden Täter vorgegangen waren. Der Pullover der Zeugin F. sei vollkommen zerfetzt gewesen, so sehr habe man an ihm gerissen.

"Ich habe da nichts mitgekriegt"

Die Angeklagte Beate Zschäpe betritt zum Prozessauftakt am 06.05.2013 den Gerichtssaal in München | Bild: picture-alliance/dpa zur Übersicht NSU-Prozess: Überblick Das Geschehen im Gerichtssaal

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Am Nachmittag saß eine schillernde Figur der rechten Szene aus Baden-Württemberg im Zeugenstand: Edda Schmidt, Mitglied im NPD-Landesvorstand und Bundesvorstandsmitglied des Rings Nationaler Frauen, einer Unterorganisation der NPD. Die 66-Jährige gab zu, im Jahr 2000 bei einer Schulungsveranstaltung der Partei in Thüringen gewesen zu sein, doch über das mutmaßliche NSU-Trio sei nicht mit ihr gesprochen worden: "Ich habe da nichts mitgekriegt." Die Aussage widerspricht der des damaligen V-Manns Tino Brandt. Er hatte dem Verfassungsschutz damals gemeldet, dass der Verbleib von Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe Thema gewesen sei. Das deckt sich auch mit der Aussage eines anderen Zeugen, der bereits im NSU-Prozess ausgesagt hat. Er gab zu Protokoll, dass ihm in Gegenwart von Edda Schmidt ein unbekannter Mann über das mutmaßliche Trio berichtet habe. Die NPD-Frau blieb bei ihrer Version: Sie habe in Thüringen einen Vortrag über Brauchtum gehalten und über den NSU sei nicht gesprochen worden. Sie habe zum damaligen Zeitpunkt nicht einmal von dessen Existenz gewusst.


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