NSU-Prozess


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203. Verhandlungstag, 11.05.2015 "Zwei Schüsse, dann war der Spuk vorbei"

Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt gingen bereits bei ihrem ersten Raubüberfall ausgesprochen aggressiv vor. Als ihnen ein 16-jähriger Junge folgte, gaben sie vor einem Supermarkt in Chemnitz zwei Schüsse ab.

Von: Ina Krauss

Stand: 11.05.2015 | Archiv

Ina Krauß | Bild: BR/Julia Müller

11 Mai

Montag, 11. Mai 2015

Wieder einmal wird beim NSU-Prozess klar, wie schwer Taten zu rekonstruieren sind, die bereits über 15 Jahre zurückliegen. Die Ermittlungsakten zu einem Raubüberfall auf einen Edeka-Markt in Chemnitz im Jahr 1998 wurden vernichtet, bevor sich herausstellte, dass mutmaßlich der NSU dahinter steckte. Fristgerecht, weil wohl niemand mehr damit rechnete, dass sich der Überfall auf einen Edeka-Markt in Chemnitz im Jahr 1998 jemals wird aufklären lassen.

30.000 D-Mark erbeutet

Am 18. Dezember 1998, wenige Tage vor Weihnachten, war viel los im Edeka-Markt in der Irkustker Straße 1 Chemnitz. Die zwei Täter warteten ab, bis die Hauptkassiererin Eva K. kurz vor Ladenschluss die Einnahmen aus vier Kassen eingesammelt hatte. Mit vorgehaltener Waffe entrissen ihr die Täter die Tasche mit rund 30.000 D-Mark und flüchteten. Die Kassiererin Heike E., die das Geschehen aus nächster Nähe beobachtete, ging ans Mikrofon an ihrer Kasse und machte eine Durchsage: "Überfall!".

Täter schießen auf Verfolger

Da hatten die beiden Täter schon den Lebensmittelmarkt verlassen, gefolgt von einem jungen Mann, einem 16-jährigen Kunden, der sich den Tätern an die Fersen heftete. Da hörten Heike E. und ihre Kollegin Ramona W., die heute vor dem OLG als Zeuginnen aussagten, zweimal einen lauten Knall. Ein Kunde kam wieder herein und rief, draußen werde geschossen. Die Projektile blieben in der Wand des Supermarktes stecken. Verletzt wurde dabei niemand.

Beide Kassiererinnen musste auf Bitte des Vorsitzenden Richters Manfred Götzl die Lage des Edeka-Marktes aufzeichnen und beschreiben, wo genau die beiden Projektile an der Rückwand des Supermarktes eingeschlagen hatten. Es gibt ja keine Ermittlungsakten mehr.

Patronen stammen aus Waffe von Mundlos und Böhnhardt

Dass sich überhaupt rekonstruieren lässt, dass offenbar Mundlos und Böhnhardt hinter dem Überfall stecken, ergibt sich aus einem Vergleich der Patronenhülsen mit Munitionsteilen, die Ende 2011 im Brandschutt der Wohnung in der Zwickauer Frühlingsstraße gefunden wurden. Hier hatten Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe zuletzt gewohnt. Sie stammen aus der selben Waffe, aus der die Patronen beim Überfall auf den Edeka-Markt abgefeuert wurden. Die Waffe wurde allerdings nicht mehr gefunden.


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