NSU-Prozess


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171. Verhandlungstag, 16.12.2014 "Patrioten mit Hang zur Romantik"

So verharmlosend bezeichnete Zeuge Michael P. die Mitglieder des rechtsextremen Musiknetzwerks "Blood and Honour". Über die Musik habe man die "Herzen der Leute" erreichen wollen, sagte der langjährige Betreiber mehrerer rechter Szeneläden im Prozess. Alf Meier berichtet.

Von: Alf Meier

Stand: 16.12.2014 | Archiv

Alf Meier | Bild: BR

16 Dezember

Dienstag, 16. Dezember 2014

Romantische Gefühle entwickeln wohl nur eingefleischte Neonazis, wenn sie an "Blood & Honour" denken. Das Netzwerk wurde nicht umsonst im Jahre 2000 verboten. "Blood & Honour" (zu deutsch: Blut und Ehre) hat europaweit Rechtsrockkonzerte und den Vertrieb neonazistischer Musik organisiert. Er selbst sei kein Mitglied von "Blood & Honour" gewesen, sagte Michael P. Seine ehemalige Frau allerdings habe das Netzwerk in Sachsen mitbegründet. Es sei um Patriotismus gegangen, mit Musik sollten junge Menschen für die patriotische Sache begeistert werden, so P., der offensichtlich bemüht war seine eigene Rolle herunterzuspielen.

Die weibliche Rolle

Auf die Frage des Vorsitzenden Richters Götzl, welche Rolle seine Ex-Frau Antje denn bei "Blood & Honour" gespielt habe, sagte P: "Die weibliche". Jede Anwaltskanzlei würde sich gerne mit einer schönen Vorzimmerdame schmücken und das rechte Musiknetzwerk habe das in Sachsen eben mit seiner Frau getan. Sie sei "der Typ Mensch, der nicht alles hinterfragt", sagte er. Antje habe sicherlich keine wichtige Rolle gespielt. Nicht nur viele Nebenkläger haben da so ihre Zweifel.

Flucht nach Südafrika

Für die Hauptangeklagte Beate Zschäpe war Antje P. scheinbar jedenfalls ganz unwichtig. Sie soll der mutmaßlichen Rechtsterroristin ihren Ausweis für eine geplante Flucht nach Südafrika angeboten haben. Er halte dies für ein absolutes Märchen und wisse nichts darüber, sagte ihr Ex-Mann in seiner Vernehmung.

Termine bis 2016

Das Oberlandesgericht München stellt sich derweil auf eine längere Dauer des NSU-Prozesses ein. Das Gericht veröffentlichte heute eine Liste mit Verhandlungsterminen, die bis zum 12. Januar 2016 reicht - bisher war es Mitte 2015. Gerichtssprecherin Andrea Titz betonte allerdings, dass der Prozess auch früher zu Ende gehen könnte.


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