NSU-Prozess


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162. Verhandlungstag, 20.11.2014 Eine Zeugin, die wenig spricht

Der 162. Verhandlungs war für unseren Gerichtsreporter entspannter als sonst. Warum? Weil die Zeugin langsam sprach und wenig sagte. Ihre Sätze waren meist nur ein paar Wörter lang, oft kam nur ein "Nö". Wenn Antje B. überhaupt etwas sagte.

Von: Eckhart Querner

Stand: 20.11.2014 | Archiv

Eckhart Querner | Bild: BR

20 November

Donnerstag, 20. November 2014

In der Regel sind die Verhandlungstage im NSU-Prozess für die Gerichtsreporter des Bayerischen Rundfunks ziemlich anstrengend. Schließlich protokollieren sie jede Sitzung und zwar vollständig: alle Zeugenaussagen, alle Beweisanträge, alle Wortgefechte zwischen Richter und Anwälten der Nebenklage. Mindestens zwei BR-KollegInnen schreiben Tag für Tag mit, so penibel wie möglich. Auf diese Weise entsteht das wohl umfangreichste Online-Protokoll dieses bedeutendsten Strafprozesses der Republik.

Im Dunstkreis des NSU-Trios

Am 162. Verhandlungstag allerdings war es wesentlich entspannter. Warum? Weil die Zeugin so schön langsam sprach – und so wenig sagte. Ihre Sätze waren meist nur ein paar Wörter lang, oft kam nur ein "Nö"– mit leicht sächsischer Färbung. Wenn Antje B. überhaupt etwas sagte. Da war Mitschreiben ein Kinderspiel.

Eine wortkarge Zeugin, aber zum Verrücktwerden: B. soll sich im Dunstkreis des NSU-Trios aufgehalten haben, war Mitglied der sächsischen Sektion des rechten Netzwerkes Blood & Honour. In den Schilderungen der 40-Jährigen ist Blood & Honour ein kleiner Trupp musikbegeisterter junger Leute, die Konzerte organisieren. Ob Blood & Honour denn keine politische Zielsetzung hatte, fragt der Richter. Dann spricht B. von White Power und rechtem Gedankengut. Aber das seien meist nur Floskeln gewesen. War halt eine andere Zeit, erklärt sie noch.

Knappe Antwort: "Scheiße"

Auf einem Foto, das ihr vorgehalten wird, erkennt sie sich selber, aber nicht Uwe Mundlos. Kann man das glauben? Ist die Zeugin so ahnungslos und schlicht, wie sie sich gibt? Kannte sie Zschäpe und ihre Mitangeklagten wirklich nicht? Nein, hat sie zu Beginn ihrer Vernehmung erklärt. Auch nicht André E.? Jetzt verrät sie sich und muss einräumen, ihn doch zu kennen. Richter Götzl zitiert aus einer früheren  Vernehmung. Dort hat sie gesagt: „Ich weiß von meinem Ex-Mann, dass E. und sein Bruder in Aue einen Laden eröffnen wollten. Beide sind eine Weile in Chemnitz gewesen.“ Götzl hakt nach: Was sagen Sie dazu? B.s knappe Antwort: „Scheiße.“ Mit der Wahrheit hat sie es nicht so genau genommen, das ist ihr jetzt bewusst: „Egal, was ich jetzt sage, ich bin total unglaubwürdig, mir glaubt niemand.“ Die Szene-Zeugin muss wiederkommen, vielleicht mit einem Rechtsbeistand. Leichter wird es nicht für sie.


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