NSU-Prozess


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145. Verhandlungstag, 1.10.2014 Götzl versagt die Stimme

Manfred Götzl ist Vorsitzender Richter im NSU-Prozess. Er führt die Verhandlung. Die anderen Mitglieder des Senats meldeten sich in diesem Verfahren nur äußerst selten zu Wort. Doch heute versagte dem 60-Jährigen die Stimme. Die Sitzung musste nach einer knappen Stunde schon beendet werden.

Von: Mira-Catherine Barthelmann

Stand: 01.10.2014 | Archiv

Mira Barthelmann | Bild: BR

01 Oktober

Mittwoch, 01. Oktober 2014

Dieser 145. Verhandlungstag war wohl einer der kürzesten im bisherigen Prozess. Die ersten Worte des Vorsitzenden Richters galten seinem eigenen Gesundheitszustand. Die Anwesenden möge doch bitte die schlechte Verfassung seiner Stimme entschuldigen. Er sei bemüht die heutige Verhandlung aber doch durchzuführen.

Nach 14 Jahren kaum Erinnerungen

Der erste und einzige, geladene Zeuge, war der Ex-V-Mann-Führer Norbert W. vom thüringischen Landesamt für Verfassungsschutz. Er war zum zweiten Mal von Erfurt nach München gekommen, um über seine „Quelle“, Tino Brandt Auskunft zu geben. Wie waren die Treffen zwischen ihm und Brandt abgelaufen? Wurden handschriftliche Notizen angefertigt? Was ging in die Protokolle ein? Und wie zeitnah wurden diese verfasst? Der Zeuge antwortete relativ knapp und gab immer wieder zu bedenken, dass die Treffen rund 14 Jahre zurücklägen und seine Erinnerung deshalb nicht mehr die allerfrischeste wäre.

Keine weiteren Fragen

Götzl ging dann immer mehr ins Detail, machte dem Zeugen Vorhalte aus dessen eigenen, alten Protokollen. Prozessualer Alltag. Götzl liegt diese Art der konzentrierten Aufarbeitung. Vor ihm liegen immer ganze Fragenkataloge, die er vorher anfertigt. Etwas aus dem Erinnerungsschatz des Zeugen heraus zu kitzeln ist Schwerstarbeit. Doch Götzl hat daran Spaß und wenn er mit einem Zeugen fertig ist, hat in den seltensten Fällen ein anderes Mitglied des Senats noch Fragen. Das ist der Gründlichkeit Götzls zu verdanken.

Kehrseiten der Strafprozessordnung

Heute zeigte sich dann aber die Kehrseite dieses Prozederes, das auch die Strafprozessordnung so vorsieht. Die Stimme des 60-Jährigen war so belegt und überlastet, dass sich Götzl entschied, den Verfahrenstag vorzeitig zu beenden und den morgen angesetzten Termin entfallen zu lassen. Der heute geladene Zeuge müsse wiederkommen. Dann zum dritten Mal. Muss das sein? Die Strafprozessordnung sieht vor, dass der Vorsitzende den Prozess leitet. Er bestimmt die Art die Befragung. Die anderen Senatsmitglieder sind mit anderen Aufgaben betraut. Es wird den über 100 Prozessbeteiligten also nicht anderes übrig bleiben, als am nächsten Dienstag um 9.30 zum 146. Prozesstag zu erscheinen. Dann soll die Verhandlung fortgesetzt werden.


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