NSU-Prozess


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NSU-Prozess: Gerichtssaal-Protokoll 127. Verhandlungstag, 15.7.2014

Der ehemalige V-Mann ist an diesem Prozesstag der einzige Zeuge. Er schildert seine führende Rolle innerhalb der rechten Szene in Thüringen und des "Thüringer Heimatschutzes" sowie seine Beziehungen zum Trio und seine Arbeit für den Verfassungsschutz.

Von: Matthias Reiche, Gunnar Breske, Eckhart Querner

Stand: 15.07.2014 | Archiv

NSU Prozess Gerichtsprotokoll | Bild: BR

Für Aufsehen sorgen die Aussagen des V-Mannes über erhebliche Geldzahlungen des Verfassungsschutzes an Brandt, die er wiederum an den NSU weitergab.

Zeuge: Tino Brandt (Ex-V-Mann und Ex-Neonaziführer)

ARD-Reporter über das Geschehen im Gerichtssaal

(Matthias Reiche, MDR)
Beginn 10.45 Uhr: Beate Zschäpe im schwarzen Hosenanzug, Halstuch weiß mit violettem Streifenmuster, Haare streng nach hinten mit Pferdeschwanz

(Gunnar Breske, MDR)
Saal bis auf den letzten Platz gefüllt
Disput zwischen Rechtsanwältin Lunnebach (Nebenklage Probsteigasse) und Götzl. Lunnebach will ausführen, dass bereits bei Teilverweigerung der Aussage Zwangsmaßnahmen gegen den Zeugen verhängt werden können – Götzl unterbricht sie, ihm sei das bekannt – beide schreien sich an!
Götzl entzieht Lunnebach das Wort.

(Eckhart Querner, BR)
Zeuge Tino Brandt, der derzeit in U-Haft sitzt, wird mit Handschellen hereingeführt.
Tino Brandt macht mit hoher Stimme Angaben zu seiner Person: Brandt, Tino, 30.1.75 geboren, zur Zeit arbeitslos, gelernter Einzelhandelskaufmann, Rudolstadt. Zur Zeit in Haft in JVA Gera.

(Matthias Reiche, MDR)
Vernehmung Tino Brandt, sehr massiger Typ, starke Brille, kurze dunkelblonde Haare
Götzl verliest Aussagegenehmigung (unbeschränkt) des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz.

(Eckhart Querner, BR)
Götzl: Es geht um Kontakte zu Trio, zu André K. und um Tätigkeit für Landesamt für Verfassungsschutz, von dem unbeschränkte Aussagegenehmigung vorliegt.
Brandt (stöhnt): Gute Frage, wie ich sie kennengelernt habe, wüsste ich nach so langer Zeit nicht mehr so genau. Ist ziemlich langer Zeitraum dazwischen. Ich hab sie alle positiv in Erinnerung. Da müssen Sie die Frage schon genauer stellen.
G. (ruhig): Schildern, vor welchem Hintergrund, in welchem Zusammenhang Sie Angeklagte kennengelernt haben.
B: Angehöriger einer Jugendgruppe, die heute als THS (Thüringer Heimatschutz) bekannt ist. So habe ich die ganzen Jenaer kennengelernt.
G: Wen meinen Sie?
B: K., Wohlleben, die Beate, die beiden Uwes,
G: Wie ist Kontakt verlaufen?
B: Wir haben uns zu Veranstaltungen gesehen, am Mittwochsstammtisch. Wir haben DDR erlebt, haben BRD erlebt, wussten, dass es da keinen großen Unterschied gegeben hat, bei Zensur, Unterdrückung.
G: Was meinen Sie damit?
B: Eine freie Presse hat es nach meiner Meinung nach 89 nicht gegeben. Man musste sich selber informieren. In Büchern. Ich habe mir so den freiesten Rechtsstaat auf deutschem Boden nach damaliger Meinung nicht vorgestellt.
G: Haben Sie heute eine andere Meinung?
B: Heute immer noch ähnliche Meinung. Ich stell mir einen Staat vor, der politische Gruppen nicht durch Gesetze einengt.
G: Was waren Ihre Vorstellungen?
B: 86a Volksverhetzungsparagraphen. Der lässt ja bestimmte wissenschaftliche Themen nicht zu. Wenn man sich wissenschaftlich zu bestimmten Zahlen zu Konzentrationslagern äußert. Wenn man Zahlen anzweifelt, kommt sofort Ermittlungsverfahren.
G: Was sind für Sie die Grundlagen, die Sie als maßgeblich erachten?
B: Leuchter-Gutachten.
G: zu THS: Wie steht Kameradschaft Jena zu THS?
B: Heute? Ich habe keinen Kontakt mehr seit 2002.
G: Warum nicht?
B: Habe Fehler gemacht, mit diesem LfV (Landesamt für Verfassungsschutz) zusammen zu arbeiten.
G: Wie waren die Kontakte früher?
B: Kameradschaft war früher Teil des Thüringer Heimatschutzes (THS).
G: Wer noch?
B: Alle, die sich dazu bekannt haben. Es gab keine Mitgliedsausweise. Entweder man hat dazu gehört oder nicht.

(Gunnar Breske, MDR)
G: Verhältnis Kameradschaft Jena zu THS?
B: Waren letztlich alle Mitglied bis 2001.
G: Wie kam es zur Gründung des THS?
B: Hatten nach Namen gesucht, haben die Gruppen untereinander beraten, dann war der Name da.

(Eckhart Querner, BR)
G: Können Sie einzelne Gruppierungen des THS benennen?
B: Einzelne Städte: Saalfeld, Rudolstadt
G: Von wem ging damals die Initiative aus?
B: Ich denke, das war eine Gruppenidee.
G: Waren Sie nicht auch initiativ?
B: Ich war mit Sicherheit einer der Mitinitiatoren.
G: Sie sind ja schon mal vernommen worden, am 26.1.2012. Zitiert aus Vernehmung: "THS entwickelte sich aus sog. Mittwochsstammtisch."
B: Treffen zunächst in "Goldenem Löwen" in Rudolstadt, später in verschiedenen anderen Gaststätten in Saalfeld.
G: zitiert weiter: "Zunächst war ich allein. Es trafen sich bis zu hundert Leute" Wie kam es zu Name Thüringer Heimatschutz?
B: Sächsischer Heimatschutz hätte nicht gepasst.
G: Diese Art von Witzen können Sie sich sparen, Herr Brandt.
Zitiert weiter: "Es entstand das Bedürfnis, einen Namen zu finden, der uns alle repräsentiert."
B: Ich kann nicht mehr so genau sagen, ob ich der Namensgeber war oder nicht.
G: Wann war das gewesen, in welchem Jahr?
B: Kann ich nicht so genau sagen. Ab 96. Sicher bin ich nicht.
G: zitiert aus Vernehmung: "Das war im Jahr 1995."
B: Ich weiß es nicht 100%ig.
G: Wie sah Tätigkeit im THS aus?
B: War kein Verein, in dem einzelne Tätigkeit bestimmten Personen zuzuordnen gewesen wäre. Mein Name tauchte häufiger in der Presse auf. Presse hab meistens ich gemacht, auch die Homepage. Mitgliedsbeiträge, Kassenwart: gabs nicht. Aktivitäten sind von Kameradschaften beschlossen worden. Dort wurde beschlossen, ob man Demonstrationsanmeldung macht. Das waren Gruppenentscheidungen. Pressearbeit: ich oder K.
G: Welche Tätigkeiten wurden sonst noch entfaltet?
B: Öffentlichkeitsarbeit, Demonstrationen, Hinfahren zu Demonstrationen, das waren die Tätigkeiten.
G: Gabs andere Personen, die maßgebliche Entscheidungen getroffen haben?
B: Die Entscheidungen wurden alle vier bis sechs Wochen bei den Kameradschaftstreffen getroffen.
G: Sind Druckerzeugnisse hergestellt worden, Zeitungen, Flugblätter?
B: Wir haben bei "Junges Franken" mitgeschrieben, später bei der "Neuen Thüringer Zeitung".
G: In Ihrer Vernehmung S. 5 folgender Satz: "Intern war ich schon eine Führungsperson, wir waren aber mehrere Personen, 7 ungefähr. Ich, K., Mario B.“
B: Dann kam Jena dazu mit zwei drei Personen, Gera ebenso.
G: Von welchen Personen sprechen Sie da?
B: Jena war K. Manchmal Ralf Wohlleben. Die beiden Uwes.

G: Was können Sie zu Zschäpe sagen?
B: Ich hab sie bei Stammtisch kennengelernt, als Jena komplett war: K., Wohlleben, die beiden Uwes, sie. Später habe ich sie bei Rechtsschulungen gesehen. Mittwochsstammtisch, Demonstrationen, da hab ich sie ab und zu gesehen.
G: Wenn wir zu Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos kommen: Wann haben Sie die kennengelernt?
B: Auf den Stammtischen, wann genau weiß ich nicht mehr.
G: Wen zuerst kennengelernt?
B: Kann mich nicht dran erinnern.
G: Wie haben sich Böhnhardt und Mundlos verhalten?
B: Mundlos hatte immer den Mund offen. Er war der Enkeltyp. Konnte sich überall integrieren, war ein lustiger Typ.
G: Was können Sie sonst noch zu ihm sagen? Zu THS und Kameradschaft Jena?
B: Jena war ne relativ geschlossene Gruppe. Ich hatte vor allem mit K. zu tun. Wenn es Demos gab, sind die Jenaer relativ geschlossen dorthin gefahren. Bei Koordination hatte ich fast immer mit André K. zu tun.
G: Mehr zu Mundlos!
B: Ich bin meistens zu Stammtischen gefahren. Mein Hauptkontakt war damals K. Die Jenaer hab ich bei Demos und bei Mittwochsstammtischen gesehen. Ob der Herr Mundlos Flugblätter verteilt hat, könnte ich nicht sagen.
G: Zu Mundlos' politischen Ansichten
B: Er ist meiner Meinung nach als nationaler Sozialist aufgetreten.
G: Was ist damit gemeint?
B: Wie will man das spezifizieren? Er ist nicht mit Hakenkreuzabzeichen rumgelaufen. Er hat die damaligen Ideale der NSDAP in Ordnung gefunden.
G: Gab es da besondere Bereiche, zu denen er sich geäußert hat?
B: Mittwochsstammtische waren lockere Themen, wo Bier getrunken wurde. Da gab es keine politischen Referate.
G: Hat er sich mit bestimmten Büchern und Werken beschäftigt?
B: Ich hab bei "Nation Europa" gearbeitet, einem rechten Verlag. Da hat er Bücher hauptsächlich über Rudolf Hess bestellt.
G: Sonstige Werke, die er über Sie bestellt hat?
B: An Hess-Literatur kann ich mich erinnern. Und Meinungsdiktatur' vom Schwab.
G: In Vernehmung auf Seite 6 heißt es: "Mundlos trug seinen Namen zu Recht. Er war sehr offen, kommunikativ und intelligent. Besorgte sich über mich Bücher über Waffen-SS, bis hin zu ideologischen Werken. Bin mir sicher, dass er, wie ich auch, "Mein Kampf" gelesen hat. Mundlos konnte sein gefestigtes Weltbild argumentativ vertreten."
B: Er war in der Lage, nicht nur zu behaupten, sondern auch zu begründen. Bsp. fällt mir gerade nicht ein.
G. fragt nach: Um welches Thema ist es gegebenenfalls gegangen?
B: Hess-Thema hat ihn sehr bewegt. Darüber hat er gerne geredet, wie man jemanden so lange in Einzelhaft sperren konnte
G: Thema Ausländer, wie hat er sich dazu verhalten?
B: Ich geh davon aus, dass er dieselbe Meinung wie wir hatte. Für Beschränkung des Zuzugs, für Familienzusammenführung im Ausland.
G: Gab es mal Konflikte mit Ausländern?
B: Fällt mir nichts ein.
G: Welche Rolle spielte der Einsatz von Gewalt bei Mundlos?
B: Ich hab ihn nie gewaltsam erlebt.
G: Wurde darüber diskutiert?
B: Wir haben darüber diskutiert, haben den Weg in die NPD gewählt. "Wir" sind Ralf Wohlleben. Wir wollten über Wahlen was verändern.
G: "Unsere Thematik war Gewalt gewesen" - welche Diskussionen mit welchem Inhalt?
B: Ich kann mich an Diskussion über Sozialrevolutionäre erinnern.
RA Sturm (Verteidigung Zschäpe): Ich beanstande Ihren Vorhalt.
G: Ich hatte Frage gestellt.
B: Gewalt als politische Lösung haben wir nicht gesehen. So ne Diskussion „Weg von Gewalt“ gab es nicht, wir sind ja nicht als gewaltbereiter Jugendmob aufgetreten. Wir haben diskutiert. Weiterentwicklung war, dass wir es über den politischen Weg machen wollten.
G: Wie hat sich Uwe Mundlos verhalten?
B: Mir ist keine Situation bekannt, wo er gewaltsam aufgetreten wäre.
G: Was können Sie zu Uwe Böhnhardt sagen?
B: Im Gegensatz zu Mundlos war der Herr Böhnhardt ein bisschen zurückhaltender, schweigsamer. Mit Sicherheit hat er nicht so viel gelesen wie der andere Uwe. Mehr könnte ich jetzt dazu nicht sagen.
G: Was können Sie zu Böhnhardts Ansichten sagen?
B: Ich geh davon aus, dass er dieselben Ansichten hatte wie die ganze Jenaer Gruppe. Kann mich nicht an Gespräch mit Böhnhardt über Politik erinnern.
G: Wie hat sich Böhnhardt gekleidet?
B: Was Besonderes ist mir nicht in Erinnerung.
G: Auf selber Seite 7 in Vernehmung heißt es zu Böhnhardt: "Auch Böhnhardt verfügte über ein äußerst gefestigtes Weltbild. Er war ein militanter Mensch."
B: Gute Frage - keine Ahnung. Das Verhör damals war relativ unter Druck entstanden. Man ist nicht mit Schlagstock durch die Gegend gezogen.

G: Mich interessiert, was war, was Sie erinnern!
B: Wenn ich mich recht erinnere, hatte er nur ne uniformähnliche Kleidung an, vielleicht hab ich das so gemeint.
G: Was meinen Sie mit "uniformähnlicher Kleidung"?
B: Schulterriemen, Koppel, sah immer uniformähnlich aus, wenn ich mich recht erinnere.
G: Bei welchen Gelegenheiten hat er das getragen?
B: Bei Mittwochsstammtischen, bei Demonstrationen geht so was nicht.
G: Wie wars bei ihm in Hinsicht auf Gewalt? Gabs da Vorfälle?
B: Nein. Also.
G: Wissen Sie, ob Böhnhardt an Wehrsportübungen teilgenommen hat?
B: Ich könnte mir das vorstellen. Zu DDR-Zeiten war das ganz normal, wir haben das später vermisst. Böhnhardt hat sich dafür immer wieder interessiert, aber das war nicht vordergründig. Er hat sich sicher mal für ein Wurfmesser interessiert, aber das war kein Lebensinhalt für ihn. Bei Stammtischen ging es um Biertrinken, Reden über die letzten Konzerte.
G: Nachfrage: Was meinen Sie mit Lebensinhalt?
B: Es gibt auch Leute, die totale Waffennarren waren. Das war in diesem Fall nicht so.
G: Sven R., sagt Ihnen der Name was?
B: Ja. Der interessierte sich durchaus für Waffen, der mit Sicherheit. Der war mal im Fernsehen aufgetreten bei Wehrsportübung. Bei dem war das schwer ein Thema. Er war wie ich Rudolstädter.
G: Wie standen Böhnhardt und Mundlos zu Sven R.?
B: Die haben sich auf Mittwochsstammtischen sicher auch unterhalten. Die kannten sich bestimmt gut. Aber nicht so, dass die sich ununterbrochen unterhalten hätten.
G: zitiert aus Vernehmung S. 7 weiter: "er hat sich innerhalb der Szene zusammengetan mit extrem militanten Typen" (Sven R.). Welche Bewertung haben Sie im Kopf?
B: R. hatte ein militantes Auftreten, ohne mit dem Gesetz der BRD in Konflikt zu geraten. Wenn es um Schreckschusspistole ging, haben sie sich darüber unterhalten. Wer noch militant war, fällt mir jetzt nicht ein.
G: zitiert weiter: "R. gehörte dem militanten Flügel an."
B: Bei Mittwochsstammtischen saß man in Gruppen zusammen.
G: Vorhalt: "R. war ein echter Psychopath, der auch Wehrsportübungen durchführte." Was meinen Sie damit?
B: (stockt): Der Sven ist schon mal ziemlich herrschsüchtig aufgetreten, wenn mal was nicht lief wie er wollte.
G: Mich würde tatsächliches Verhalten interessieren.
B: Ich bin ein-, zweimal mit ihm richtig zusammengestoßen. Es ging um Polizeiaussage, zu der ich (von der Thüringer Polizei) genötigt worden bin. Er ist ziemlich wütend gewesen und mit mir zusammengestoßen. Danach Kontakt zu ihm ziemlich eingeschränkt. Wir sind uns aus dem Weg gegangen. Er hat gesagt, wenn es nochmal so eine Aussage gibt, dann flippt er total aus. Es ging um Opfer des Faschismus-Denkmal in Rudolstadt, wo wir eine Aktion gemacht hatten mit Flugzetteln: "Lieber stehend sterben als kniend leben." Daraufhin kam die Polizei, ich war schon weg. Später bin ich in Jena festgenommen worden. Da gab es eine Befragung, ich hab gesagt: ich mach keine Aussage. Das hat die Polizei nicht interessiert. Hat mir Cola zu trinken gegeben. Nach Austrinken kam Coladose in Asservatenbeutel, es ging um Fingerabdrücke, die auch bei Demo in Rudolstadt gefunden worden waren.
G: Es geht um Waffennarr-Thematik und Wehrsportübungen. Bleiben wir bei Waffennarr: was ist damit gemeint?
B: Man hat sich mal über ne Schreckschusswaffe unterhalten. Jetzt nicht jedes Mal, aber immer mal wieder. Die konnten sich zu so nem Thema unterhalten, wie wir, wenn wir ne Demonstration angemeldet haben. Waren halt unterschiedliche Interessensgebiete.
G: Im Protokoll steht: "Ich bin fest davon überzeugt, Böhnhardt und R. haben Wehrsportübungen gemacht."
B: Mir persönlich ist keine Wehrsportübung bekannt.
G: Wie können Sie dann sicher sein, dass Sie teilgenommen haben? Haben Sie bei Böhnhardt Waffen gesehen? Sie haben vorhin von Armbrust gesprochen.
B: Ich hab bei Böhnhardt mal einen Leuchtspurstift gesehen.
Pause bis 11:20

(Gunnar Breske, MDR)
Fortsetzung 11:28
G: Vorhalt: "Kann mich erinnern, sie in Begleitung von Jugendlichen auf dem Weg von oder zu einer Wehrsportübung getroffen zu haben. An einer Tankstelle, waren militärisch gekleidet."
B: Ja, kann mich erinnern, habe das mit der Wehrsportübung aber nur geschlussfolgert.

(Eckhart Querner, BR)
G: Hat sich Kameradschaft Jena unterschieden von anderen Kameradschaften?
B: Wir in Saalfeld hatten mehr Quantität, mehr Jugendliche. Jena war kleinere Gruppe, aber eine, die gefestigt war.
G: Was hat das bedeutet im praktischen Vorgehen?
B: In Saalfeld hatten die Jugendlichen kein gefestigtes Bild, wir mussten viele Weltanschauungsschulungen und Rechtsschulungen machen, damit es keine Schwierigkeiten mit der Polizei gab. In Jena brauchte man das nicht machen.
G: Auf Seite 5 will ich auf Passage eingehen: "Die Kameradschaft Jena hatte ein elitäres Selbstverständnis. Sie blieben anders als die Kameradschaft Saalfeld unter sich. K. aus Jena hatte gefestigtes Weltbild. Wir standen ideologisch damals dem Nationalsozialismus nahe. Zwischen K. und mir Streitigkeiten über Jugendarbeit."
B: K. sagte, was will man mit so vielen Jugendlichen, wenn das Weltbild nicht gefestigt ist. Wir in Saalfeld hatten eine andere Auffassung.
G: Was können Sie zur Person Holger G. (Angeklagter) sagen?
B: G. habe ich zwei-, dreimal beim Stammtisch gesehen. Ich wusste, dass er zu den Jenaern gehörte, aber er zog dann weg. Nach Hannover glaube ich.
G: Kannten Sie Carsten S. (auch Angeklagter) ?
B: Der ist später dazu gekommen.
G: Wann etwa?
B: 96 / 97.
G: Kennen Sie André E. (ebenfalls Angeklagter)?
B: Nein. Aus der Presse heraus.
G: Waren Sie über Aktionen der Kameradschaft Jena informiert?
B: Wenn wir uns im Vorfeld abgesprochen hatten, waren wir informiert.
G: Gab es Aktionen, über die Sie nicht informiert waren?
B: Wenn Sie auf eine Aktion mit Koffern anspielen, davon hab ich zum ersten Mal gehört, als die weg waren.
G: Wen meinen Sie?
B: Als Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe auf der Flucht waren. Ich weiß nicht, ob es K. war, der mir das erzählt hat. Wir haben nichts Schlimmes gehört. Dass da Sprengstoff drin war, haben wir erst jetzt erfahren. Wir wussten zuerst nicht, warum sie auf Flucht gingen.
G: Was ist damit gemeint: Koffergeschichte?
B: Da soll Sprengstoff drin gewesen sein. Eigenes Wissen hab ich nicht, ich kenn das aus der Presse und dem NSU-Untersuchungsausschuss. Es gab eine Geschichte von einer Bombenattrappe in einem Koffer. Flucht habe damit zu tun, hieß es.
G: hält vor: "Ich traue den Dreien ihre Taten nicht zu. Andererseits fiel Jenaer Gruppe damit auf, dass sie konspirative Aktionen durchführte. Beispiel Puppe an Autobahnbrücke."
B: Das mit der Puppe ist mir damals erzählt worden. Der Herr Böhnhardt ist deswegen verurteilt worden.
G: hält vor: "Ich habe erst 1998 erfahren, dass die für die Bombenattrappe und die Puppe verantwortlich war."
B: Ich kann jetzt nicht mehr sagen, das ist zu lange her.
G: Können Sie uns Frau Zschäpe beschreiben? Vom Typ her, von ihrer Persönlichkeit?
B: War eher ruhig, zurückhaltend, aber wenn wir Schulungen hatten, durchaus mit Fachwissen (zu Germanentum), klar, dass da Wissen vorhanden war. Ist keine dumme Hausfrau.
G: Wissen vorhanden – worüber?
B: Weltanschauliche Schulungen, Germanentum, Rechtsschulungen.
G: Wie hat sie sich ansonsten verhalten?
B: Sie stand nie irgendwo im Vordergrund. Bei Geschichte in Rudolstadt, Flugzettel, hat sie dran teilgenommen. War ein Mädchen, die in Ordnung war, und die bei politischen Sachen durchaus mit teilgenommen hat.
G: Wie hat sie sich bei Diskussionen verhalten?
B: Eher zurückhaltend.
G: Wie war Verhältnis Zschäpe zu Böhnhardt und Mundlos?
B: Ich konnte nie beurteilen, ob sie mit jemandem liiert war. Es war nur offensichtlich, dass die drei befreundet waren.
G: Woran machen Sie das fest?
B: Am vertrauten Umgangston.
G. zitiert aus Vernehmung: "War ein ruhiger Typ, hat sich nicht in den Vordergrund gedrängt. Verfügte über Fachwissen zu Germanentum, NS. Sie konnte sich in Diskussionen immer einbringen."
B: Wenn man diskutiert hat, z.B. über Germanentum, und es ist eine Frage gefallen, dann war Wissen da und sie hat mitdiskutiert. Wenn Wort an sie gerichtet war, hat sie zum Thema beitragen können.
G: "Wegen einer besonderen Radikalität ist sie mir nicht aufgefallen, obwohl sie zur Kameradschaft Jena gehörte."
B: Beate ist immer relativ zivil aufgetreten. Beate hat keins der Klischees übernommen, ist nicht rumgelaufen wie Skinhead-Girl. Sie hat sich nie gekleidet wie eine Nazibraut.
G: Wie war sie gekleidet?
B: Ganz normal.
G: Vorhalt: "Nach meiner Einschätzung wechselte sie immer zwischen den beiden Uwes"
B: Wenn die bei uns waren, sind die als Gruppe gekommen.
G: Mich interessiert Grundlage Ihrer Einschätzung!
B: Für mich sah das damals so aus. An was Bestimmtem kann ich das nicht mehr festmachen.
G: Ihr Verhältnis zu Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe?
B: Aus heutiger Sicht waren wir durchaus befreundet.
G: Zu Ralf Wohlleben?
B: Wohlleben gehörte zur Kameradschaft Jena. Am Anfang ist er vor allem mit K. gekommen. Irgendwann ist er aktiver, selbständiger geworden. Dann für NPD als Abgeordneter in Winzerla angetreten. Ich bin sehr gut mit ihm ausgekommen. Man konnte sich immer auf ihn verlassen.
G: Wenn Sie sagen, man konnte sich auf ihn verlassen - Beispiele?
B: Wenn er Zusage gemacht hat, ich komme mit so und soviel Leuten zu einer Veranstaltung, dann war das so. Er hat gesagt, er übernimmt den Pressesprecher, dann hat er das aktiv gemacht. Hat Pressemitteilungen für den Landesverband der NPD geschrieben, hat sich um ersten kommunalen Sitz für die NPD in Thüringen gekümmert.
G: Seine Eigenschaften, wie verhält er sich anderen gegenüber?
B: Er ist nie ausgeflippt. Er war immer kameradschaftlich zu den anderen. 2001 ist der Kontakt abgebrochen. Hatte mit Landesamt zu tun.
G: Wie häufig hatten Sie Kontakt zu Herrn Wohlleben?
B: In der späteren Zeit, als die zwei Uwes und Beate weg waren, und er politisch tätig war, mehr als in der Anfangszeit.
G: Beschreibung der Personen. Jetzt Herr S. (Carsten S.)
B: Wie ich S. kennengelernt habe, kann ich nicht mehr sagen. Wenn in Kameradschaft Jena junge Leute neu dazu kamen, war das was Besonderes. Ich hab ihn vielleicht bei einer JN-Veranstaltung (Junge Nationaldemokraten – Jugendorganisation der NPD) kennengelernt oder bei THS. Er war Führungskraft, die sich richtig reingekniet hat und selbständig entschieden hat. Er hat später Landesvorsitz der NPD übernommen.
G: Und Holger G.?
B: Den hab ich fünf, sechs Mal gesehen.
G: G.s Verhältnis zu Uwes und Beate Zschäpe?
B: Er war durchaus befreundet mit ihnen.
G: Wie würden Sie Ihr Verhältnis zu Wohlleben beschreiben?
B: Bis 2001 befreundet.
G: Zu K.?
B: Ich war ne Zeit mit ihm befreundet. Er war schnell aufbrausend. Dem konnte man keinen Reporter gegenüberstellen, reagierte nach zwei, drei Fragen rabiat und hätte die Leute stehen lassen.
G: Die Situation: Trio sei geflüchtet, haben Sie gesagt. Wie war die Situation?
B: Nach meiner Erinnerung hab ich es telefonisch erfahren. Herr K. hat mich angerufen. Wir konnten uns nicht vorstellen, dass man flüchtet. Wir haben uns gefragt, was passieren kann: zwei, drei Jahre (im Gefängnis) seien machbar. Flucht: das muss jeder für sich entscheiden. Irgendwann kam die Info, dass [das Trio] logischerweise Geld braucht.Logisch, dass das nicht ohne Geld funktioniert.
G: Was können Sie zu dem Thema Geld sagen?
B: Hab alle Leute, die ich kannte, gefragt, ob Geld übrig ist. Auch in Coburg. Bei Frank-Rennicke-Konzert, gab es keinen Eintritt, es wurde gesammelt und weiter gegeben.
G: Wer ist man?
B: Da ich fast immer nur Kontakt mit K. hatte, geh ich davon aus, dass ich es von André erfahren habe.
G: Um welche Summen ging es da?
B: Zwischen 500 und 3.000 Euro. Das ist das, was ich gesammelt habe.

G: Bei welchen Gelegenheiten wurde Geld weitergegeben?
B: Das ist ne Geschichte wie bei Erdbeben. Man sammelt und irgendwann ist die Geschichte tot. Das war ein Zeitrahmen von einem Vierteljahr.
G: Das Geld, das Sie gesammelt haben, haben Sie an K. weiter gegeben?
B: Am Anfang ja. Nach Unregelmäßigkeiten hab ich es Wohlleben gegeben.
G: Wie oft kam es zu solchen Weitergaben von Geld?
B: Nicht wöchentlich. Später nur noch Geld von Spielen ("Pogromly") und das Geld, was der Freistaat Thüringen (gemeint sind die V-Mann-Honorare vom Verfassungsschutz) gespendet hat.
G: Spiele?
B: Zwei oder drei "Pogromly"-Spiele verkauft, das Geld wurde weitergegeben.
G: Auf welchem Weg sind Sie zu diesen Exemplaren des "Pogromly"-Spiels gekommen?
B: Durch K. Er hatte mir gesagt, dass das Spiel von den Dreien kam und dass Geld für das Trio ist.
G: Anzahl Spiele?
B: Vier bis zehn.
G: Haben Sie sie verkauft?
B: Teil hat das Landesamt gekauft, Teil hab ich verkauft.
G: Geldweiterleitung über wen?
B: Über Herrn K.
G: Kaufpreis?
B: Ich glaub, das waren 100 Mark gewesen.
G: Was hat es mit Geld vom Freistaat Thüringen auf sich?
B: Summen kann ich nicht mehr sagen.
G: Größenordnungsmäßig?
B: Steht in den Akten des UA (Untersuchungsausschuss). Tausend, zweitausend? Ich weiß es wirklich nicht mehr.
G: Es ging ums Sammeln von Geld. Sie waren nicht der Einzige?
B: Ich hab halt meinen Bereich abgedeckt, ich nehme an, Kameradschaften in Jena und wo anders haben es auch so gemacht. So weit ich mich erinnere, hat K. zu mir gesagt: "guck mal, wie viel du zusammen kriegst." Man wollte von Sammelaktion nichts wissen, weil als Führungskraft hat man immer gedacht, dass man abgehört wird von diesem Staat.
G: Haben Sie Einzelheiten erfahren, wie Geld weitergegeben wurde?
B: André hat immer erzählt, dass er sich im Auto treffen wollte mit den Dreien.
G: Wissen Sie, wo sie sich getroffen haben?
B: Nein.
G: Hat Wohlleben gesagt, warum es zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei?
B: Wohlleben hat davon erzählt, dass Geld nicht bei den Dreien angekommen sei.
G: Haben Sie nähere Einzelheiten erfahren?
B: Ich weiß es nicht mehr.
G: Haben Sie mit K. darüber gesprochen?
B: Kann ich nicht ausschliesen. Es gab Zeitpunkt, ab dem Wohlleben und K. nicht mehr miteinander geredet haben.

(Matthias Reiche, MDR)
B: Habe mich ansonsten nicht um die Untergetauchten gekümmert, wollte so wenig wie möglich davon wissen. K. hat wohl gesagt, dass er sich mit den Untergetauchten treffen wollte. Irgendwann sagte Wohlleben, dass das Geld ihm übergeben werden sollte, da es mit K. wohl zu einigen Unregelmäßigkeiten gekommen sei. Habe in dem Zusammenhang einmal Telefonanruf von Böhnhardt in Coburg bekommen. Er wollte wissen, wie viel Geld ich weitergeleitet hatte. Sollte Carsten S. einige Nummern von Telefonzellen geben, wo man mich in der Mittagspause anrufen könne, bekam dann Anruf wohl auch von S., an welcher Telefonzelle ich zu einer bestimmten Zeit warten solle, glaube ich sprach mit Uwe Böhnhardt

(Gunnar Breske, MDR)
B: Glaube es war Böhnhardt. Stimme hab ich damals erkannt. Wusste nicht, wo er war. Wie viel Geld hatte ich gesammelt, an wen weiter gegeben – mehr hatte ihn nicht interessiert. Hatte das LfV darüber informiert.

(Matthias Reiche, MDR)
G: Wussten Sie etwas vom Aufenthaltsort der Untergetauchten?
B: Nein, ging nur um das Geld. Habe dann auch das Landesamt über das Gespräch informiert. War der einzige Kontakt, den ich hatte.
Pause 13.25 Uhr

(Eckhart Querner, BR)
Fortsetzung um 13:33
G: Nachfrage zum Geldsammeln. Sechs bis siebenmal seien Gelder weitergegeben worden. Wie war Aufteilung, wie oft an Wohlleben, wie oft an K.?
B: Kann ich nicht mehr sagen.
G: Zahlung des Landesamtes, zwei bis 10.000 Mark. War das direkt zur Weitergabe?
B: So weit ich mich erinnere, war das direkt zur Weitergabe. Keine eigene Erinnerung.
G: Beschaffung von Pässen für die Untergetauchten?
B: Keine eigene Erinnerung.
G: Auf welche Information der Medien spielen Sie an?
B: NSU-Untersuchungsausschuss, Haskala, Google News: Herr K. soll gesagt haben, er habe von mir Adresse zur Passbeschaffung bekommen. Ist mir nicht erinnerlich.
G: Wurde mal eine Spende abgelehnt?
B: Weiß ich nur vom Lesen. Wohlleben habe abgelehnt, weil „"sie jetzt anders Geld verdienen". Ich hab mir unter dieser Sache nichts weiter vorstellen können.
G: Wissen Sie, wann Kontakte bestanden von welchen Personen zu diesen Dreien?
B: Carsten S. hat mir gesagt, dass er wohl Kontakt habe zu den Dreien. Ansonsten hatte ich keine konkreten Infos.
G: aus Vernehmung S. 11, es ging um Aufenthaltsort: "Lagen Ihnen Anhaltspunkte zum Aufenthaltsort vor? Ich kann Ihnen nur sagen, dass es Sachsen gewesen sein soll." – Von wem kam die Info?
B: Kann ich nicht mehr sagen.
G: Telefonkontakt zu Carsten S. Näheres?
B: Die drei wollten Kontakt zu mir, um mir ein paar Fragen zu stellen. S. sagte, ich solle Telefonzellen in der Nähe bekannt geben, wo man angerufen werden kann. Nach ein paar Wochen kam Anruf, ich solle zu einer der Telefonzellen gehen.
G: Seite 9 der Vernehmung: "Ich erinnere mich, dass Carsten S. Kontakt zu den Dreien unterhielt."
B: Kann sein.
G: Hatte Herr Wohlleben persönlichen Kontakt zu den Dreien?
B: Er hat gesagt, der Freistaat sei dermaßen hinter ihm her, dass er das deswegen nicht machen würde.
G: "Wohlleben hatte mir nicht erzählt, dass S. den Kontakt zum Trio aufrechthielt. Ich wusste nur, dass er keinen persönlichen Kontakt unterhielt."
Das letzte "er" bezieht sich laut Brandt auf Wohlleben.

(Gunnar Breske, MDR)
G: Vorhalt – zu Telefonat – in Aussage: "Habe mit Mundlos telefoniert, in der Presse heißt es aber immer ich hätte mit Böhnhardt gesprochen"
B: Ja, kann sein, dass ich das wegen der Presse durcheinander gebracht habe.
G: Vorhalt: "Telefonat habe ich mit Wohlleben abgesprochen."
B: Ja, weiß ich nicht mehr genau. Das ist so lange her.
G: Vorhalt "S. hat den telefonischen Kontakt für Ralf Wohlleben übernommen. Ich gehe davon aus, dass das so war."
B: Kann ich so nicht bestätigen, weiß nicht, wie ich damals darauf kam.

(Eckhart Querner, BR)
G. zu "Pogromly"-Spiel: Können Sie das Spiel beschreiben?
B: Monopoly-Variante mit Sieg-Runen. Statt Ereigniskarten SS- und SA-Karten. Spielfeld war aus Pressholz hergestellt.
G: Haben Sie sich mit einem der drei über das Spiel unterhalten?
B: Nein, wann auch?
G: Zu Anzahl der Spiele, die Sie abgenommen haben. Zehn bis 15 Spiele?
B: Kann sein.
G: Vorhalt: "Allein dem LfV habe ich drei bis fünf Spiele verkauft"
B: Ich hab das Spiel schon mal gesehen auf Fotos von Garagenfund. Sonst vorher noch nicht gesehen.
G: Herr Brandt, ich würde Sie bitten, zu schildern, wie Ihre Tätigkeit für das Landesamt für Verfassungsschutz war. Wie lange, ab wann, welche Tätigkeit
B: 1994 haben wir Konzert in Rudolstadt gemacht. In Presse war Interview mit mir drin. Da stand drin, dass wir weg von Gewaltimage wollten, hin zur Politik. Zwei Wochen später nahm LfV Kontakt zu mir auf. Sie wollten das auch. Für ein paar Fragen gab es 200 Mark. Ich hab das gleich weiter gemeldet: Wir müssen entscheiden, wie das weiter geht. Mit dem Geld konnte man gut arbeiten.Irgendwann kam die Verpflichtungserklärung. LfV interessierte sich nur für bestimmte Themen: Was passiert wo, wie viele Leute treten auf, wie sind bestimmte Verbindungen zu bewerten?

(Gunnar Breske, MDR)
B: War damals wichtiger Entscheidungsgrund, dass sie sich zu Strafsachen im Hintergrund halten. Wollte nicht Leute ans Messer liefern. Ging jahrelang bis sie anfingen sich einzumischen. Sagten, dass sie mich abschalten, wenn ich den oder diesen Posten übernehme. Paar Monate später waren sie wieder da. Behörde war intern zerstritten, ich bin dann das Bauernopfer dieses Streites gewesen.

(Eckhart Querner, BR)
G: Wie lange waren Sie abgeschaltet?
B: 1994 begann die Zusammenarbeit, 2001 war Schluss, nach Veröffentlichung in der Presse.
G: Mit wem haben Sie zusammengearbeitet?
B: Das waren hauptsächlich zwei Personen: Günther und René. Die kamen wöchentlich (nicht am Anfang) und haben sich dann abgewechselt.
G: Was haben Sie als Entlohnung bekommen?
B: Das hat sich im Laufe der Zeit entwickelt. Es kam immer darauf an, wie eng gerade der Kontakt war, was gerade lief. In der Presse stand mal 140.000 Euro. Ich weiß es nicht, ich hab kein Quittungsbuch geführt. Das Geld wurde in Autos investiert, die auch K. genutzt hat. In Hotelzimmer, Fahrtkosten, Telefonkosten, Aufkleber. Habe ein paar Strafbefehle von Herrn K. bezahlt.
G: Wie muss ich mir Bezahlung vorstellen?
B: Wenn ich laufende Kosten hatte, zu ner Tagung gefahren bin, sind mir die Benzin- und Hotelkosten, Aufwandsentschädigung bezahlt worden. Wurde in bar ausgezahlt und quittiert.
G: Und die Informationen?
B: Das wurde pauschalisiert bezahlt. Im Endeffekt hat man das Geld dafür bekommen, dass das gestimmt hat.
G: Nach einzelnen Jahren?
B: Ich kenn nur die Zahlen aus der Presse.
G: Warum soll Presse besser Bescheid wissen?
B: Weil Presse Zahlen von LfV bekam. Ich habe kein Kassenbuch geführt.
G: Haben Sie bestimmte Aufträge bekommen? Welche Informationen sollten Sie liefern?
B: Ist mir nicht erinnerlich. Man hat sich getroffen, hat im Groben erzählt, was gelaufen ist politisch in der vergangenen Woche. Wohin man geht, zu welchem Konzert. Die hatten hauptsächlich Angst vor Sachen, die öffentlich wurden. Und welche Auswirkungen das haben könnte.

G: Wie häufig haben Sie sich mit den Personen vom Landesamt getroffen?
B: Am Schluss, 2001, zweiwöchentlich bis wöchentlich. Und vorher alle drei bis vier Wochen.
G: Diese unterschiedliche Frequenz der Treffen, worin findet das eine Erklärung?
B: Es mussten ja beide (Seiten) Zeit haben.
G: Hatte sich nach Untertauchen der drei Personen in Bezug auf Aufträge etwas geändert? Haben Sie gezielte Aufträge bekommen?
B: Für die drei hat das Landesamt eine Sonderprämie in Höhe von 5.000 Euro ausgelobt. Bei Spenden für Trio habe ich auch 200 bis 300 Mark dazu gegeben.
G: Ihre Infos an Landesamt: entsprachen die der Wahrheit?
B: Waren wahrheitsgemäß, ja.
G: Haben Sie mit jemandem aus Ihrem Freundeskreis darüber gesprochen, dass Sie für das Landesamt arbeiten?
B: Ich ging davon aus, dass K. Bescheid wusste. Explizit erwähnt hab ich das nicht.
G: Wie waren Reaktionen nach Ihrer Enttarnung?
B: Das Leben verabschiedet sich von einem auf den anderen Tag. Mein Job, meine politischen Ambitionen waren hinfällig, mein kompletter Freundeskreis hatte sich erledigt.
G: Vorhalt: "Sicher hat es Dinge gegeben, von denen ich versucht habe, nicht zu berichten."
B: Sachen Richtung Straftaten interessierte das Landesamt nicht. Das blieb außen vor.Körperverletzungsgeschichte z.B.
G: Beispiel?
B: Discoschlägerei in Sonneberg. Sonst keine Kenntnis aus dem Stegreif.
G: Wissen Sie, ob Carsten S. oder Wohlleben Handy hatten für Kontaktaufnahme mit den Dreien?
B: S. hatte wohl eines.
G: Woher hatten Sie die Info?
B: Weiß ich nicht mehr.
G: Haben Sie Infos bekommen, wo Handy aufbewahrt wurde?
B: Nein.
G: Sind Ihnen vom Landesamt mal Sachleistungen zur Verfügung gestellt worden?
B: Kann ich mich nicht erinnern
G: Welches Auto fuhr Wohlleben?
B: Weiß ich nicht.
G: Hatten Sie ein Auto?
B: Ein alter Golf. Den hat meistens der Herr K. gefahren.
G: Verlag „Nation Europa“ - seit wann dort gearbeitet?
B: Seit 94/95, bis zur Enttarnung 2001.
G: Wie liefen Treffen ab?
B: Mittags getroffen, Quittungsblock unterschrieben.
G: Machte Landesamt Notizen?
B: Ein paar schon.
G: Unter welchem Namen wurden Sie beim Landesamt geführt?
B: Otto und Oskar.
G: Wenn wir jetzt auf einzelne Vermerke eingehen: Ordner 503. Blatt 70: "Bei einem Gespräch mit K. erfuhr Quelle"
Aus Landesamt-Bericht: Quelle vermutet, dass die Untergetauchten ins Ausland gebracht worden sind, evtl. Südafrika.
B: Ich denke, die zwei (Ralf Mario B. und Andre K.) wären sowieso nach Südafrika geflogen.
G: Vorhalt: Die drei hätten immer lauter ihre finanzielle Situation beklagt
B: K. war arbeitslos, was Ralf damals gearbeitet hat, weiß ich nicht.
G: Sollten Sie mal Kosten für Anwälte übernehmen?
B: Glaub ich nich.

(Gunnar Breske, MDR)
G: LfV Vermerke – Vorhalt: "R. (Andreas R.) soll laut Quelle nach Dresden fahren, um den verunfallten Wagen von Wohlleben abzuholen. Mit diesem Fahrzeug waren die Flüchtigen offenbar unterwegs – geflohen." Von wem haben Sie das?
B: Weiß ich nicht – steht das da nicht auch noch?
G: LfV – Vorhalt: 24.7.98: "K. sagte, er brauche 1800 DM um die Flüchtigen endgültig wegzubringen. Quelle könne höchstens 100 DM beisteuern."
B: Ja, kann sein
G: LfV – Vorhalt 23.01.99: "Quelle war bei Wohlleben, um Auto zu tauschen, unerwartet zeigte Wohlleben ein Schreiben des Vize Chefs LfV, in dem er mit Rechtsanwalt Tauth ausmacht, dass sich Böhnhardt stellen soll. Quelle sollte bei Eisenecker (Rechtsanwalt) nachfragen"
B: Eisenecker war mein RA in vielen Fällen, habe mit ihm mal darüber gesprochen. Brauchte Vollmacht – die Vollmacht ist dann hingebracht worden.
G: Verhältnis von Wohlleben zu K.?
B: Verhältnis war eine Zeitlang völlig zerstört, haben nicht miteinander geredet. Weil das Geld nicht angekommen war.
G: Vorhalt: "Termin mit Eisenecker ausgemacht für Februar 1999."
B: Weiß ich nicht mehr
Pause bis 14:50 Uhr

(Gunnar Breske, MDR)
Fortsetzung 14:54 Uhr
G: Vorhalt – Vermerk: "Geburtstag von Quelle, Vieraugengespräch mit Wohlleben. Es folgt klare Verabredung zu Telefongespräch in Coburger Telefonzelle."
B: Hab ich so nicht in Erinnerung, meiner Meinung nach hat mich S. angerufen, aber….
G: Vorhalt – anzurufende Telefonnummer wurde an Wohlleben gesandt, schriftlich.
B: Habe das so nicht in Erringung.
G zitiert aus Vermerk: zusammen mit S. zu Eisenecker gefahren..
durch Kontakt der Böhnhardt Eltern zu LfV wieder Wirbel um das Trio, deshalb erhöhte Vorsicht bei allen Beteiligten.
B: Kann mich daran nicht erinnern
G: 14.02.99: Wohlleben auf dem NPD Listenparteitag zu Quelle, am 17.02. oder 18.02. sollte besagter Anruf erfolgen.
21.02.99: Quelle sagt, Anruf käme am 22.02. um 18:00 Uhr.
22.02.99: Wohlleben teilt mit, Anruf kommt nicht.
Brandt geht zum Richtertisch und identifiziert eine Meldung aus den Akten des LfV.
B: Ja die ist von mir.
Geht zurück.
G: hält daraus vor – Böhnhardt am Telefon – abends 18 Uhr, dicker K. solle nichts von dem Gespräch erfahren, Frage, ob alle Sicherheitsvorkehrungen beachtet wurden.
B: Gehe von aus, dass das so war, wenn ich es so aufgeschrieben habe.
G: Vorhalt - weitere Notiz aus den Akten LfV – auch diese identifiziert Brandt als seine. Gehe zumindest davon aus, sagt er.
"S. habe gehört, dass ich mit jemanden telefoniert habe. Mich überrascht sein Wissen. Da sagte er, dass er jetzt den Kontakt hält, da Wohlleben überwacht werde."
B: Hätte ich anders gedacht, kann man mal sehen, wie dünn das Erinnerungsvermögen da ist
Es folgen diverse Vorhalte aus Vermerken des LfV zu Gesprächen zwischen Carsten S., Wohlleben, Andre K. und Brandt.
B: Kann mich nicht erinnern, 15 Jahre her, habe das mir damals gemerkt, weitergegeben und gut.
5 min Pause

(Gunnar Breske, MDR)
Fortsetzung 15:43 Uhr
G: Vorhalt – K. war bei Frank S. (NPD-Funktionär) in Berlin – ging wohl um Auslandskontakte.
B: keine Erinnerung.
Ende 15:48 – Fortsetzung am nächsten Tag.

Hinweis

Diese Texte sind eine Auswahl der Mitschriften der Reporter der ARD und des BR während der zentralen Verhandlungstage im sogenannten "NSU-Prozess", eines beispiellosen Verfahrens der deutschen Rechtsgeschichte. Wir dokumentieren diesen "Originalton", weil es in der deutschen Praxis des Strafprozessrechts, selbst bei derartig wichtigen Verfahren, kein offizielles und umfassendes Gerichtsprotokoll gibt. Wir erfüllen damit unsere Informationspflicht, um allen, die keinen der begehrten Sitzplätze im Gerichtssaal erhalten haben, einen - durchaus auch subjektiven - Eindruck der Prozessereignisse zu vermitteln. Die Zusammenfassungen der sogenannten "Saalinfos" unserer Reporter sind redaktionell bearbeitet, zum Teil gekürzt. Es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben und es kann natürlich auch keine Gewähr für die Richtigkeit jedes einzelnen Wortes gegeben werden. Die Redaktion distanziert sich ausdrücklich von den Inhalten der Aussagen der Prozessteilnehmer.


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