NSU-Prozess


2

94. Verhandlungstag, 18.3.2014 Stillstand vor Gericht

Eigentlich soll Zeuge Enrico T. im NSU-Prozess nach der Herkunft der Tatwaffe Ceska 83 befragt werden. Doch kaum hat die Vernehmung begonnen, wird sie auch schon wieder abgebrochen. Enrico T. soll jetzt einen Zeugenbeistand bekommen.

Von: Alf Meier

Stand: 18.03.2014 | Archiv

Alf Meier | Bild: BR

18 März

Dienstag, 18. März 2014

Enrico T. fühlt sich verfolgt. Er sei eher ein Beschuldigter als ein Zeuge, sagte der 38-jährige Lokführer aus Jena heute zu Beginn seiner Vernehmung. Man habe ihm die Tür eingetreten, er sei angeschrien und beschimpft worden, Polizisten hätten vor Gericht gegen ihn ausgesagt, man ermittle gegen ihn. Darum wolle er eigentlich nichts sagen.

Tatwaffe weitergegeben?

Enrico T. soll in die illegale Waffenverkäufe verwickelt sein, durch die Tatwaffe Ceska zu den mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos gelangte. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm vor, die Waffe von einem Schweizer erhalten und dem rechten Jenaer Szeneladen "Madley" weiterverkauft zu haben. Auch deutlich früher, schon Mitte der 1990er-Jahre, hatte es Ermittlungen rund um Waffenverkäufe gegen ihn gegeben.

Streit um Aussageverweigerungsrecht

Der Vorsitzende Richter Götzl hatte den Zeugen gerade über sein Aussageverweigerungsrecht nach § 55 der Strafprozessordnung belehrt (Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn selbst in Gefahr bringen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden), da gab es auch schon Streit. Die Verteidigung Zschäpes beanstandete Götzls Belehrung, Rechtsanwalt Heer hielt sie für unvollständig. Die Bundesanwaltschaft beanstandete wiederum die Äußerung Heers mit dem Hinweis, dass der Zeuge nicht beeinflusst werden dürfe. Enrico T. habe gar kein Aussageverweigerungsrecht. Es komme nicht darauf an, ob man sich als Beschuldigter fühle, sagte Bundesanwalt Weingarten. Götzl hatte mit dieser Art von Diskussion augenscheinlich nicht gerechnet. Der sonst eher sicher wirkende Vorsitzende erschien einen Moment hilflos.

Diskussion um Zeugenbeistand

Rechtsanwalt Klemke, der Verteidiger von Ralf Wohlleben warf dann ein, dass man für Enrico T. womöglich einen Zeugenbeistand brauche, also einen Rechtsanwalt der den Zeugen berät, damit dieser sich nicht selbst belastet. Der Zeuge alleine schaffe das nicht, so Klemke. Götzl, Verteidigung und Bundesanwaltschaft diskutierten nun hitzig über diese Frage. Vertreter der Nebenklage hielten einen Zeugenbeistand für überflüssig, Enrico T. hätte genügend Erfahrungen mit Juristen und Strafhaft gemacht. Auch Bundesanwalt Herbert Diemer hielt einen Zeugenbeistand nicht für nötig, würde sich einer Zuziehung aber nicht widersetzen, wenn es "der Wahrheitsfindung dienen würde".

Vernehmung wird verschoben

Kurz vor der Mittagspause beschloss das Gericht dann, dass die Vernehmung des Zeugen auf den 28. April verschoben wird, Enrico T. bekommt einen Beistand. Man will wohl auf Nummer sicher gehen. T. selbst benannte einen Jenaer Anwalt. Der Jurist ist durch die Vertretung Rechtsradikaler bekannt geworden.


2