NSU-Prozess


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91. Verhandlungstag, 11.3.2014 Rätselhaftes Verhalten

Es geht es erneut um die Rolle des Ex-Verfassungsschützers Andreas T. Viele Fragen sind noch offen. Nun wird der frühere hessische Verfassungsschutzdirektor Irrgang befragt.

Von: Alf Meier

Stand: 11.03.2014 | Archiv

Alf Meier | Bild: BR

11 März

Dienstag, 11. März 2014

T. war bekanntermaßen kurz vor und vermutlich auch während des Mordes an Halit Yozgat 2006 in Kassel in dessen Internetcafe. Allerdings hatte er sich nie als Zeuge gemeldet und geriet selbst unter Tatverdacht. Das Verfahren gegen T. wurde aber eingestellt. In allen bisherigen Vernehmungen hatte der ehemalige Verfassungsschützer gesagt, er habe Yozgat im Café nicht mehr gesehen, das Geld auf den Tresen gelegt und dann das Lokal verlassen. Am Dienstag wurde ein Video gezeigt in dem die Polizei mit Andreas T. seinen damaligen Weg durch das Internetcafe nachgestellt hat. In dem kurzen Video sieht man T. als er aus einer Kabine im Hinterzimmer des Internet-Cafés kommt, zur Tür geht, nach draußen schaut, sich umdreht, eine Geldmünze auf den Tresen legt und dann das Internet-Café wieder verlässt. Auch heute wird T. nochmals als Zeuge vernommen.

Kein Rederecht für Ismail Yozgat

Gestern waren wieder einmal Angehörige von Mordopfern im Gerichtsaal um den Prozess zu verfolgen. Gamze Kubasik etwa, deren Vater Mehmet in seinem kleinen Kiosk an der Mallinckrodtstraße in Dortmund vom NSU ermordet wurde. Oder Yunuz Turgut. Sein Bruder Mehmet wurde im Februar 2004 in seinem Dönerstand in im Rostocker Stadtteil Toitenwinkel erschossen. Der Vater von Halit Yozgat wollte gerne eine Erklärung im Gerichtssaal verlesen. Doch der Vorsitzende Richter Götzl unterbrach ihn und wies darauf hin, dass eine solche Stellungnahmen nach der Strafprozessordnung nur zu konkreten Beweispunkten zulässig seien.

Bock zum Gärtner gemacht?

Wie dubios die Rolle des T. in diesem NSU-Mord ist, zeigte sich auch am 91.Verhandlungstag. Da wurde eine Beamtin des Hessischen Landesamtes für Verfassungsschutz vernommen. Die ehemalige Kollegin von Andreas T. erzählte, wie sie in der Woche nach der Tat ausgerechnet T. damit beauftragte, bei der Staatsschutzabteilung der Polizei Erkundungen über den Mordfall im Kasseler Internetcafé einzuholen. Er sollte herauszufinden, ob möglicherweise Islamisten mit der Tat zu tun hatten. T. habe dabei nicht erwähnt, dass er selbst Gast in dem Café gewesen sei. Dass er überhaupt in dem Café war, konnte die Polizei erst später ermitteln - T. hatte sich in einem Internet-Flirtforum eingeloggt.

Die Bundesanwaltschaft geht nicht davon aus, dass er mit dem Mord etwas zu tun hatte. In seinen bisherigen Vernehmungen hatte T. stets behauptet, er habe von der Tat nichts mitbekommen.


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