NSU-Prozess


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88. Verhandlungstag, 25.2.2014 "Ja, ich habe die Scheißknarre beschafft"

Ein LKA-Mann berichtete von einem Zeugen, der die mutmaßliche Tatwaffe für neun der zehn NSU-Morde beschafft haben will. BR-Reporter Oliver Bendixen mit Details aus dem Oberlandesgericht München.

Von: Oliver Bendixen

Stand: 25.02.2014 | Archiv

Oliver Bendixen | Bild: Bayerischer Rundfunk

25 Februar

Dienstag, 25. Februar 2014

Was kostet der Tod? Im Falle der NSU-Morde waren es 2.500 Mark - bezahlt für jene Ceska-Pistole, mit der die Rechtsterroristen nach Überzeugung der Bundesanwaltschaft neun ihrer zehn Morde begingen. Beschafft wurde das Geld aus der sogenannten Jugos-Szene in Jena. Beschafft von einem Zeugen, gegen den selbst ermittelt wird und der deshalb vor Gericht keine Angaben mehr machen will.

Vorgetragen wurde dies heute von einem Thüringer LKA-Beamten, der den Besitzer eines Neonazi-Szeneladens stundenlang vernommen und dessen Aussagen deshalb heute vortragen musste. Der Zeuge kannte Uwe Mundlos , Böhnhardt und die Hauptangeklagte in diesem Verfahren, Beate Zschäpe. Vor allem aber die mit auf der Anklagebank sitzenden Ralf Wohlleben und Carsten S.

"Ja, ich habe die Scheißknarre beschafft"

Und die wurden von dem nun so schweigsamen Zeugen schwer belastet, als der mit den Worten "Ja, ich habe die Scheißknarre beschafft" vor Polizeibeamten und Bundesanwälten auszupacken begann. Kein Wunder, dass vor allem Wohllebens Anwälte Ungereimtheiten in den Angaben und Aufzeichnungen  des Thüringer Staatsschutzbeamten aufzudecken versuchten - allerdings ohne Erfolg.

Und nach dem heutigen 88. Prozesstag gibt es auch kaum mehr Zweifel ,dass es die Mitangeklagten André E. und Holger G. waren, die für den NSU in Chemnitz Wohnmobile gemietet hatten - also jene Fahrzeuge, mit denen Mundlos und Böhnhardt jahrelang immer wieder in ganz Deutschland unterwegs gewesen sein dürften.

Chefin der Wohnmobilvermietung im Zeugenstand

Zehn Morde und 14 Banküberfälle - so die Anklage - sollen sie auf diesen Touren verübt haben - bis sie am Ende in einem der Wohnmobile den Tod fanden. Dokumentiert sind alle diese Anmietungen in den Aufzeichnungen der Wohnmobilvermietung, deren Chefin heute in den Zeugenstand musste. Dass sie nichts vom Innenleben des Terrortrios wusste und noch weniger von den Taten des NSU - daran gab es gar keinen Zweifel.

Doch in diesem Verfahren muss Stein für Stein zusammengefügt werden, auch wenn es an manchen Tagen nur ganz kleine Steinchen sind. Mehr Erkenntnisse könnte man sich da schon von der "Szene-Zeugin" Mandy S. erhoffen, die morgen aussagen soll. Doch wie es scheint, hat ihr die Aussicht, selbst noch belangt zu werden, die Stimme verschlagen. Sie, die dem NSU-Trio wohl sehr nahe stand, will von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen. Und so werden die Prozessbeobachter wahrscheinlich wieder einmal erleben, wie Kriminalbeamte über Stunden dazu befragt werden, was die Friseurin aus Sachsen bei den ersten Vernehmungen so alles ausplauderte.


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