NSU-Prozess


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68. Verhandlungstag, 11.12.2013 Liese, Max und Gerry

So nannten sich Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, wenn sie auf der Ostseeinsel Fehmarn Ferien machten. Am 68. Verhandlungstag schilderten Urlaubsbekanntschaften die drei als sympathische Campingplatznachbarn.

Von: Christoph Arnowski

Stand: 11.12.2013 | Archiv

Christoph Arnowski | Bild: Bayerischer Rundfunk

11 Dezember

Mittwoch, 11. Dezember 2013

Liese (also Beate Zschäpe), Max (in Wirklichkeit Uwe Mundlos) und Gerry (unter diesem Namen trat Uwe Böhnhardt auf) lebten im August 2011 schon seit über einem Jahrzehnt im Untergrund. Und hatten zu diesem Zeitpunkt laut Anklage der Bundesanwaltschaft bereits zehn Menschen ermordet, zwei Sprengstoffanschläge verübt und etliche Banken überfallen. Trotzdem suchten sie beim Camping auf Fehmarn Kontakt zu anderen Urlaubern. Drei von denen waren heute als Zeugen geladen.

Sorgsame Tarnung

Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt spielten mit den Kindern der Wohnwagennachbarn, trieben mit ihnen zusammen Sport oder gingen gemeinsam Essen oder Spazieren. Trafen sich mit den Urlaubsbekanntschaften zu Spieleabenden. Dass sie ihr Leben im Untergrund sorgsam tarnten, beispielsweise nie ihre Nachnamen nannten und kaum etwas über ihr eigenes Leben erzählten, fiel bei den oberflächlichen Urlaubskontakten nicht weiter auf. Dennoch war der Kontakt so intensiv, dass sie sich an viele Details erinnern können. Liese, so nennen die drei Zeugen Beate Zschäpe noch heute, habe ihre beiden Begleiter regelrecht "bemuttert".

Gemeinsame Urlaubskasse

Wenn man beim Essen war, hätten die drei gemeinsam bezahlt, Zschäpe habe den Geldbeutel gehabt. Am Ende dieses Prozesses könnte das ein wichtiges Detail sein, denn die Bundesanwaltschaft stützt ihren Vorwurf der Mittäterschaft beim zehnfachen Mord auch darauf, dass Zschäpe für die Tarnung  des Lebens im Untergrund sorgte und als Verwalterin der Finanzen gleichberechtigtes Mitglied des Terrortrios war. Die Verteidiger der Hauptangeklagten werden an diesem Punkt ganz bestimmt auf die Aussage eines weiteren Campingurlaubers Wert legen. Der erzählte zwar auch von der gemeinsamen Urlaubskasse in Händen von Beate Zschäpe, aber eben auch, dass bei einem Ausflug jeder drei Geld dabei gehabt habe.

"Wir haben viel zusammen gelacht"

"Ich kann nichts Negatives berichten", fasst eine Zeugin die damaligen unbeschwerten Urlaubstage auf der Ostseeinsel zusammen. Das Verhalten der Drei "sehr freundlich und offen" gewesen. "Wir haben viel zusammen gelacht."

Lieber nicht verheiratet

Amüsiert, aber aus ganz anderem Grund hat sich einmal auch ein weiterer Zeuge, bei dem Beate Zschäpe Wochen zuvor einen Bootsmotor in Reparatur gab. Natürlich nicht unter ihrem richtigen Namen, sondern als Frau Eminger. Das konnte der junge Mann natürlich nicht ahnen. Aber weil der kurzhaarige sportliche Mann (ob es Mundlos, Böhnhardt oder ein Dritter war, blieb offen), der die Auftraggeberin begleitete, nichts zu sagen hatte, witzelten der Zeuge und dessen Arbeitskollege damals: Mit der Frau wollten sie lieber nicht verheiratet sein. Das dominante Auftreten von Beate Zschäpe: Wieder ein Beleg für die wichtige Rolle, die ihr die Bundesanwaltschaft  innerhalb des NSU zuschreibt? Oder eine harmlose Alltagsbeobachtung? Unstrittig ergab die Aussage (wie viele andere auch) wohl nur, dass die Angeklagte mit einer falschen Identität auftrat.

Neuer Beistand für Ralf Wohlleben

Apropros verheiratet. Heute standen dem Mitangeklagten Ex-NPD-Funktionär Ralf Wohlleben nicht nur seine beiden Verteidiger Olaf Klemke und Nicole Schneiders bei. Rechts von ihm nahm auch seine Ehefrau auf der Anklagebank Platz. Fragen an die Zeugen stellte sie, obwohl vom Vorsitzenden Richter Manfred Götzl einmal ausdrücklich dazu eingeladen, erwartungsgemäß keine. Stattdessen hielt sie über weite Strecken der Verhandlung Händchen mit ihrem Mann. Der erfuhr zudem Zuspruch von der Besuchertribüne. Zwei junge Männer (einer davon die sprichwörtliche "Glatze") grüßten voller Sympathie in einer Prozesspause in den Saal hinunter.

Christoph Arnowski arbeitet für die Rundschau des Bayerischen Fernsehens. Als Reporter hat er in den letzten 15 Jahren zahlreiche wichtige Strafprozesse in Bayern begleitet.


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