NSU-Prozess


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Tagebuch der Gerichtsreporter Der Brandermittler und seine Welt der Details

Die langwierige Klärung von Details ließ den heutigen Prozesstag anstrengend werden. Thema war wieder der Brand in der Wohnung des NSU-Trios in Zwickau, den die Angeklagte Beate Zschäpe gelegt hatte, um Spuren zu verwischen.

Von: Thies Marsen

Stand: 17.07.2013 | Archiv

Ein Türschild neben dem Gerichtssaal, in dem der NSU-Prozess abgehalten wird, weist den Weg für Zuhörer des Prozesses | Bild: BR

17 Juli

Mittwoch, 17. Juli 2013

Der Schulklasse hat es irgendwann gereicht. Nachdem die 13- bis 14-jährigen Buben und Mädchen stundenlang brav den Ausführungen des Brandexperten der Polizei Zwickau gelauscht hatten, marschierten sie schließlich im Gänsemarsch von der Besucherempore im Sitzungssaal A 101 - und viele Journalisten, selbst einige Prozessbeteiligte haben ihnen etwas neidisch nachgeschaut. Denn das was heute vor dem Oberlandesgericht geboten worden ist, war eher dröge - trotz des im Wortsinne brandheißen Themas.

Von "Waffelmustern" und "Brandbeschleunigern"

Es ging einmal mehr um den Brand in der Zwickauer Frühlingsstraße, den mutmaßlich Beate Zschäpe gelegt hat, um Spuren des NSU zu verwischen. Brandermittler L. aus Zwickau war schon kurze Zeit nach dem Brandausbruch vor Ort, das zeigen einige der gefühlt an die Tausend Fotos, die heute im Gerichtssaal gezeigt wurden: Darauf sieht man noch Rauchschwaden aus der Hausruine aufsteigen.

Mit unzähligen Detailaufnahmen zeigt der Brandermittler, wo in welchem Zimmer wann Feuer gelegt wurde, wo die Flammen schon den Dachstuhl erfasst hatten, welche Wände durch die Verpuffung einstürzten, welche Fenster herausgesprengt wurden usw. Keine Frage: Der Mann ist ein Profi, einer der seinen Job ganz offensichtlich gerne und gut macht und der in sanftem Sächsisch mit Fachausdrücken nur so um sich wirft: "Oberflächliche thermische Beaufschlagung", "Waffelmuster", "Brandbeschleuniger" usw. Und der seine Zuhörer regelmäßig mit Erkenntnissen wie diesen in Erstaunen versetzt: "Hier sehen sie den keilförmigen Brandverlauf" oder "Hier sieht man ganz deutlich einen Flachbildschirm" - wo der Laie sich die Augen reibt und trotzdem einfach nichts sieht - außer vielleicht ein verkohltes, zusammengeschmolzenes Etwas.

Der einzige Vorwuf, der sich beweisen lässt

So schwer zugänglich einem auch diese Welt der Brandermittler erscheinen mag - seine Aussage ist zentral für diesen Prozess, denn die Brandstiftung in der Frühlingsstraße ist bislang das Einzige, was man Beate Zschäpe wirklich beweisen kann. Dass sie für die Morde und Banküberfälle des NSU mitverantwortlich ist, dafür gibt es bislang nur Indizien. Insofern  ist der NSU-Prozess gerade wirklich in einer "heißen Phase", auch wenn es einem in dem klimatisierten Gerichtssaal derzeit ganz anders vorkommt - und man ganz heimlich, die Schülerinnen und Schüler beneidet, die nach draußen gehen dürfen, in die warmen Sommersonne.


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