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1983, Wolfratshausen Der Mordfall Stjepan Djurekovic

Es war eine grausame Hinrichtung am 28. Juli 1983 in einer Garage im oberbayerischen Wolfratshausen. An jenem Tag wurde der kroatische Dissident Stjepan Djurekovic im Auftrag des jugoslawischen Geheimdienstes ermordet.

Stand: 03.08.2016 | Archiv

Stjepan Djurekovic | Bild: BR, Montage BR

Djurekovic hatte nichts geahnt, als er am späten Vormittag des 28. Juli 1983 - wie häufig zuvor - in die Garage in der Sauerlacherstraße 1 in Wolfratshausen ging. Dort hatte der kroatische Dissident eine kleine Druckerei, mit der er Schriften gegen das Tito-Regime herstellte. "Ich, Josip Broz Tito" und "Der Kommunismus, ein einziger Betrug!" waren Titel seiner Werke, in denen er mit dem politischen System in Jugoslawien und dessen 1980 gestorbener Überfigur abrechnete.

Sechs Kugeln und ein Beilhieb

Djurekovics Beerdigung in München

Seine Mörder warteten schon auf Djurekovic in der Druckerei. Der 57-Jährige wurde regelrecht hingerichtet - auf grausame Weise: mit sechs Kugeln in Rücken und Arme sowie einem Beilhieb. Die drei Auftragskiller sind nach Angaben der Bundesanwaltschaft bisher "nicht eindeutig" identifiziert. Spuren zum vermutlich letzten noch lebenden mutmaßlichen Täter führen nach Schweden. In dem Land verjährt Mord allerdings, eine Auslieferung wäre unwahrscheinlich.
Den Mord sollen die Ex-Geheimdienstoffiziere Zdravko Mustac und Josip Perkovic zwar nicht selbst ausgeführt, wohl aber angeordnet haben. 

Djurekovic hatte sich Ende April 1982 über Österreich nach München abgesetzt. Hier lebte bereits sein Sohn. Rasch fand Djurekovic Kontakt zur Exilkroaten-Szene der bayerischen Landeshauptstadt, unter anderem auch zu Krunoslav P., der wohl von Perkovic angeworben worden war. Diese Bekanntschaft sollte Djurekovic später zum Verhängnis werden. Denn P. vermittelte ihm die Druckerei in Wolfratshausen.

Was wusste der Ex-Ölmanager Djurekovic?

Öl-Raffinerie des INA-Konzerns in der Nähe der kroatischen Stadt Rijeka

Djurekovic, ein Informant des deutschen Auslandsgeheimdienstes BND, war der damaligen jugoslawischen Regierung aus mehreren Gründen ein Dorn im Auge gewesen. Er agitierte nicht nur mit Texten gegen die Machthaber in Belgrad, sondern wollte auch den Vorsitz einer jugoslawischen Exilregierung übernehmen. Außerdem gab es noch eine pikante Angelegenheit: Djurekovic war vor seiner Auswanderung Manager beim Mineralöl- und Gaskonzern INA. Dieses Unternehmen war nicht nur eines der größten Kroatiens, sondern auch die wichtigste Devisenquelle Jugoslawiens. Als Führungskraft kannte Djurekovic viele Interna, möglicherweise auch über Korruptionsfälle. Jedenfalls sollte er in einer solchen Angelegenheit gegen einen ehemaligen Kollegen aussagen. Doch dazu kam es nicht mehr - wegen des Mordes in Wolfratshausen.


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