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"Es wird niemand eingesperrt" Herrmann verteidigt Ankerzentren gegen anhaltende Kritik

In Bayern sind die umstrittenen Ankerzentren in Betrieb. Innenminister Joachim Herrmann verteidigt die Einrichtungen gegen die Kritik von Opposition und Flüchtlingshelfern. Die Grünen sprechen weiter von "Kasernierung".

Von: Stefan Kreutzer und Michael Bartmann

Stand: 01.08.2018 | Archiv

Manching, Bayern: Im Transitzentrum für Asylsuchende steht eine Sicherheitskraft Bewohnern gegenüber. Das Transitzentrum könnte eines von mehreren sogenannten Ankerzentren werden. | Bild: dpa-Bildfunk/Stefan Puchner

Bayern startet als erstes Bundesland mit den umstrittenen Ankerzentren. Vorwürfe von Menschenrechtlern, die Migranten würden dort ohne Privatsphäre eingesperrt, weist der bayerische Innenminister Joachim Herrmann zurück: "Das sind pauschale Vorwürfe, die meines Erachtens nach nicht richtig sind", sagte er im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk.

Herrmann hält Unterkünfte für zumutbar

Der CSU-Politiker erklärt zudem, dass es Einrichtungen unterschiedlicher Größe gäbe, in denen die Migranten nicht länger als durchschnittlich drei Monate bleiben müssten. "Es wird wohlgemerkt niemand in einer solchen Ankereinrichtung eingesperrt", so Herrmann. Zwar gäbe es sehr große Unterkünfte wie in Bamberg für 1.500 Menschen, aber auch kleinere für 400-500 Leute. Das sei für die geplante Zeit zumutbar.

Innenminister: Kein höheres Gewaltpotenzial in Ankerzentren

Herrmann sieht auch keinen Zusammenhang zwischen der Anzahl der Menschen in Ankerzentren und einer dadurch möglicherweise steigenden Gewalt. Straftaten würde es auch in Unterkünften mit nur 100 Leuten geben, so Herrmann. "Die Behauptung, nur in großen Einrichtungen gäbe es Probleme, ist einfach falsch." Umso wichtiger sei es, dass die Verfahren jetzt beschleunigt würden. "Es macht doch keinen Sinn die Leute übers ganze Land zu verteilen, ohne zu wissen ob sie anerkannt werden oder eine Bleibeperspektive haben."

Flüchtlingsrat sieht in Ankerzentren "Wahlkampf auf dem Rücken von Flüchtlingen"

Flüchtlingshelfer und Kirchen lehnen die Ankerzentren weiter ab. Sie kritisieren sie als Massenlager oder Abschiebezentren, die Integration verhindern und Konflikte schüren. "Es ist eine Schande, dass die CSU-geführte Staatsregierung in dieser menschenfeindlichen Weise Wahlkampf auf dem Rücken von Flüchtlingen macht", sagte Alexander Thal vom Bayerischen Flüchtlingsrat. Christine Kamm, asylpolitische Sprecherin der Landtags-Grünen, forderte "Integrationsmaßnahmen statt Kasernierung".

 Ankerzentren "kein Ort für Kinder und Familien"

Die Kinderrechtsorganisation Save the Children erklärte, die Zentren seien kein Ort für Kinder und Familien. "Ankerzentren behindern ein kindgerechtes Aufwachsen. Sie sorgen für Spannungen und Aggressionen", sagte Geschäftsführerin Susanna Krüger. Wenn Hunderte Flüchtlinge ohne Perspektive und ohne Beschäftigung auf engem Raum lebten, führe das zu Konflikten, hieß es auch bei der Caritas.

Söder will Integrationsleistungen belohnen

Bei der Vorstellung des neuen bayerischen Asyl-Landesamtes, das ebenfalls heute seine Arbeit aufnimmt, hatte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) angekündigt, der Freistaat werde "deutlich offener sein und alle Ermessensspielräume nutzen, um eine bessere Balance zu finden", wenn die Flüchtlinge Integrationsleistungen bringen. Das könnten etwa Arbeitserlaubnisse und Möglichkeiten zur Ausbildung sein.

Die SPD im Landtag rief Söder auf, diese Erlaubnisse rasch erteilen zu lassen. „Der bayerische Arbeitsmarkt ist aufnahmefähig und die bayerischen Betriebe suchen Auszubildende“, sagte die Arbeitsmarktsprecherin Angelika Weikert. Die bayerische Wirtschaft und das Handwerk suchten händeringend nach Arbeitskräften. „Dem versprochenen Paradigmenwechsel müssen jetzt Taten folgen.“


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