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FED-Chefin Janet Yellen wird 70 So mächtig und doch so unauffällig

Sie ist eine der mächtigsten Frauen der Welt, und doch würden sie selbst in ihrem Heimatland Amerika nur wenige erkennen, wenn sie im Supermarkt an der Kasse steht: Janet Yellen ist seit zweieinhalb Jahren Chefin der US-Notenbank Federal Reserve. Heute feiert sie ihren 70. Geburtstag.

Von: Martin Ganslmeier

Stand: 13.08.2016

Janet Yellen setzt ihre Brille auf | Bild: picture-alliance/dpa

Wo Janet Yellen ihren runden Geburtstag feiert, ist nicht bekannt. Vermutlich irgendwo am Strand, zusammen mit ihrem Mann, dem Wirtschafts-Nobelpreisträger George Akerlof; beide mit der neuesten wirtschaftswissenschaftlichen Lektüre im Strandgepäck. Es gibt kaum jemanden in den USA, der sich so sehr in Konjunkturanalysen und Wirtschaftsbilanzen vertieft wie die zierliche Dame mit dem weißen Haar. Und obwohl die gesamte Finanzwelt an ihren Lippen hängt, sind ihr Star-Allüren völlig fremd.

Janet Yellen - die Sachliche

Ihr Auftreten und ihre Antworten sind immer streng an der Sache orientiert. Typisch ihre Antwort auf der jüngsten Pressekonferenz der Notenbank Mitte Juni, als sie gefragt wurde, ob sie eine Erhöhung der Leitzinsen aus politischen Gründen hinausschiebe, um die Konjunktur nicht vor der Präsidentschaftswahl im November abzuwürgen:

"Wir konzentrieren uns darauf, die Aussichten für die Wirtschaft einzuschätzen und angemessene Veränderungen durchzuführen - und zwar ohne dabei auf die Politik Rücksicht zu nehmen."

Janet Yellen, US-Notenbank-Chefin

Stets spricht sie langsam und bedächtig. Selbst bei heftigen Angriffen im Kongress, wenn republikanische Politiker den zu großen Einfluss der Notenbank geißeln oder sie auffordern, die Zinsen schneller zu erhöhen, oder Demokraten vor weiteren Zinserhöhungen warnen - nie lässt sie sich aus dem Konzept bringen.

Unaufgeregt - egal wie angespannt die Lage ist

Nur selten lässt sie durchschimmern, was sie persönlich empfindet. So zum Beispiel auf ihrer ersten Pressekonferenz als neue Notenbankchefin im März 2014, als sie gefragt wurde, wie es sich anfühlt, dass sie mit ihren Entscheidungen nun die Weltwirtschaft beeinflussen kann:

"Ich fühle das Gewicht der Verantwortung meiner neuen Position und ich werde mich sehr anstrengen die Führungskraft zu beweisen, die an der Spitze der Notenbank nötig ist"

Janet Yellen bei ihrer ersten Pressekonferenz als FED-Chefin

Vielleicht ist dies ihr Erfolgsgeheimnis. Mit ihrer unaufgeregten Art hat sie bereits eine schwierige Aufgabe gemeistert: die monatlichen Wertpapierkäufe in Milliardenhöhe führte sie allmählich zurück, ohne die Aktienmärkte in Panik zu versetzen. Experten verglichen dies mit dem "Entschärfen einer Bombe". Die jahrelangen Geldspritzen in Milliardenhöhe hielt sie dennoch für nötig, um die Folgen der schlimmsten Wirtschaftskrise seit den dreißiger Jahren zu bewältigen.

So viele Jobs wie möglich - das ist Yellen wichtig

Janet Yellen und EZB-Chef Mario Draghi während des G7-Treffens in Japan

Ähnlich wie ihr Amtskollege bei der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, gilt Janet Yellen als Verfechterin einer lockeren Geldpolitik. Sie ist überzeugt, dass eine Notenbank nicht nur auf die Stabilität der Währung achten müsse, sondern auch auf das zweite Ziel der Federal Reserve: für Vollbeschäftigung sorgen. Ihr Schwerpunkt als Dozentin an den Eliteuniversitäten Harvard und Yale war der Arbeitsmarkt. Die "Main Street" in Amerikas Kleinstädten war Yellen immer wichtiger als die "Wall Street". Innerhalb der US-Notenbank gilt sie als "Taube". Doch auch von den "Falken" wird sie als integrative Mannschaftsführerin geschätzt: 

"Ich spreche für alle und versuche die Entscheidungen im Ausschuss zu erläutern. Ich möchte nicht, dass der Fokus auf meine persönliche Einschätzung gelegt wird."

Janet Yellen

Ebenfalls im Konsens versucht Janet Yellen nun die nächste schwierige Aufgabe zu meistern: die Leitzinsen in den USA behutsam anzuheben, ohne die Konjunktur abzuwürgen. Wartet sie allerdings zu lange, hätte die US-Notenbank bei der nächsten Rezession in den USA kaum Instrumente, um gegenzusteuern. Ein Balance-Akt, wie geschaffen für jemanden wie Janet Yellen.


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