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GBW im Landtag Wohnungsverkauf im Visier

Nach der BR Recherche über Ungereimtheiten beim GBW-Verkauf soll Finanzminister Söder heute im Landtag Auskunft geben - die Opposition fordert Antworten unter anderem zu dem Konsortium, das die Wohnungen gekauft hat.

Stand: 13.10.2016

Landtag zu Ungereimtheiten beim GBW-Verkauf | Bild: picture-alliance/dpa/Frank Leonhardt

Finanzminister Markus Söder gab sich gestern am Rande der CSU-Fraktionssitzung im Landtag zuversichtlich: "Sollten da noch einzelne Fragen sein, werden wir die besprechen." Söder betonte, dass der Verkauf der GBW-Wohnungen an die Patrizia und ihre Partner von einem EU-Trustee überwacht worden und nach Recht und Gesetz über die Bühne gegangen sei. Auch wenn Söder 2008 noch kein Finanzminister gewesen sei, wäre der Verkauf der GBW-Wohnungen 2013 an die Patrizia als besten Bieter auch hinterher von der EU als angemessen  beurteilt wurde. Steuerliche Vorteile für das  Bieterkonsortium seien legal gewesen.

Fragen der Opposition

SPD, Grüne und Freie Wähler dagegen fordern umfassende Aufklärung: Der GBW-Verkauf müsse auf den Prüfstand, sagt die SPD und die Grünen stellen die politische Zukunft Markus Söders in Frage, sollte er die Vorwürfe nicht entkräften können. Sie wollen unter anderem wissen, ob schon vor dem Jahr 2008 versucht wurde, die Gemeinnützige Bayerische Wohnungsgesellschaft (GBW) zu veräußern.

"Welche Insiderkenntnisse hatte das Konsortium um die Patrizia, als es dann einige Jahre später um das Bieterverfahren. Welche Insiderkenntnisse hatte Patrizia, aus diesen früheren Verkaufsverhandlungen?"

Volkmar Halbleib, SPD-Haushaltssprecher

Bis heute erklärt das Finanzministerium, dass die Immobilientochter der BayernLB aufgrund des Beihilfeverfahrens der EU verkauft werden musste. Von Interesse ist auch, wie hoch die GBW bewertet wurde, sprich: War der Kaufpreis realistisch?
Die Freien Wähler sehen durch den Verkauf an das anonyme Firmenkonstrukt die Interessen des Freistaats verletzt und fordern einen detaillierten Bericht im Landtag.

Ministerium und Investoren weisen Kritik zurück

Gestern teilte das Ministerium in einer ersten schriftlichen Reaktion mit: "Aufgrund der europarechtlichen Vorgaben musste der Zuschlag dem Bieter mit dem wirtschaftlich besten Angebot erteilt werden." Ein Sprecher des Immobilienunternehmens Patrizia erklärte, das GBW-Konsortium bestehe "aus 27 langfristig orientierten deutschsprachigen Investoren, darunter vor allem deutsche Versorgungseinrichtungen, Versicherungen und Sparkassen".

"Wir haben versucht Exklusivrechte für die Kommunen zu vereinbaren. Alles ist am Ende nicht gegegangen und so blieb, wenn man verantwortlich handelt, meine Damen und Herren, wäre die Alternative gewesen eine Zerschlagung der BayernLB zu riskieren mit Milliardenschäden. Das wäre für den Steuerzahler wirtschaftlich nicht vertretbar gewesen."

Finanzminister Markus Söder

Ergebnisse von BR Recherche

Nach Informationen des Teams von BR Recherche gehören die 2013 verkauften GBW-Wohnungen einem komplexen Firmenkonstrukt, das überwiegend in Luxemburg und den Niederlanden angesiedelt ist. Aus Sicht von Experten ist das Gebilde auf Steuerersparnis und Anonymität angelegt. Nach Auffassung des Mieterbundes wurden durch den Verkauf der Wohnungen an das private Konsortium die Mieter zugunsten der Rendite geopfert.


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Lola Richter, Freitag, 14.Oktober 2016, 15:14 Uhr

11. Ergebnisse von BR Recherche

Jeder Käufer einer Immobilie wertet diese durch notwendige Modernisierungsmaßnahmen auf, um den Mietern eine bessere Wohnqualität zu bieten. Bei einigen GWB-Wohnungen war das auch bitter nötig.
Hat das Rechercheteam mal einen Mietvertrag angeschaut und die Mietkosten pro qm geprüft? Und vielleicht auch mal die Wohnungen/Gebäude vor und nach den Modernisierungsrarbeiten? Dass diese weder still noch sauber ablaufen, weiß jeder, der schon mal gebaut-/umgebaut hat. Für die viel bessere Wohnqualität kann man doch 15% mehr zahlen - oder?

  • Antwort von BR Recherche, Freitag, 14.Oktober, 16:15 Uhr

    Sehr geehrte Frau Richter,

    Wir haben zahlreiche Wohnungen gesehen und viele Mieter gesprochen. Modernisieren ja, aber sozialverträglich. Wenn die Kosten anschließend von 800 auf 1000 Euro steigen, sind das mehr als 15 Prozent. Und für viele GBW-Mieter, die alt sind und/oder ein kleines Einkommen haben, sind das unbezahlbare Steigerungen.

    VG, Ihr BR Recherche-Team

Oliver S., Donnerstag, 13.Oktober 2016, 19:27 Uhr

10.

Wir sollten eher mal darüber diskutieren, welche Frechheit das war, eine Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft an eine rendite- und gewinnbesessene Aktiengesellschaft zu verkaufen.

Was endlich aufhören muss, ist, dass Immobilien und wohnen als Renditeobjekt betrachtet werden. Denn das ist Ursache dafür, dass in Regionen wie München die Kosten für Immobilien und Mieten unverschämt explodieren. Verantwortlich dafür sind sicher keine höheren Baukosten z.B. wegen energetischer Maßnahmen.

Hans, Donnerstag, 13.Oktober 2016, 15:10 Uhr

9. GBW

Sollte Söder demnächst seinen Hut nehmen müssen, was auch Seehofer freuen dürfte, so hat er einen hochdotierten Job bei der Patricia sicher.....
Wäre nicht der erste Fall.

BR Hörer, Donnerstag, 13.Oktober 2016, 14:04 Uhr

8. "wirtschaftlich bestes Angebot"

Der Ausdruck "wirtschaftlich bestes Angebot" heißt nach europäischen (und auch nationalem) Vergaberecht nun freilich nicht, dass hier automatisch und zwingend das alleine finanziell beste Angebot akzeptiert werden muss oder genauer darf. Ganz im Gegenteil, wenn andere Aspekte wichtig sind (wie. z.B. soziale Aspekte und Folgekosten) müssen auch diese bewertet werden, um das "wirtschaftlich" günstigste Angebot zu ermitteln. Eine genauere Durchleuchtung der Firmenstruktur des durch die Patricia AG geführten Konsortiums durch die Verantwortlichen in der BayernLB und der bayr. Regierung hätte sicher schon 2008 ergeben, welche insgesamt negativen Folgen sich ergeben würden. Aber damals mußte ja unbedingt die Bilanz der BayernLB aufgehübscht werden - wie man heute sieht, wohl um jeden Preis.

Francesco, Donnerstag, 13.Oktober 2016, 12:02 Uhr

7. Verantwortung..... ??

..aber bitte, Politiker doch nicht. Die (dreckigen) Machenschaften auf dem Immobilienmarkt können ja nun keinen mehr so richtig überraschen. Nur unsere Politiker haben offensichtlich davon noch nicht gehört und vermutlich waren während der Verhandlungen des Deals auch alle Top-Juristen des Ministeriums in Urlaub oder krank.Ich jedenfalls kenne keine seriösen Geschäfte, wo nicht die Juristen alle Eventualitäten vertraglich prüfen und entweder reinformulieren oder eben auch streichen. Insofern bin ich mir sicher, diese "Panne" war Vorsatz und deshalb muss das nun endlich mal erhebliche Konsequenzen nach sich ziehen. Die eigentliche Schweinerei ist für mich allerdings, dass ein Herr Söder nun die Öffentlichkeit wieder versucht zu , Entschuldigung, verarschen, anstatt mit Anstand den Hut zu nehmen und die Mieter im worst case ihre Wohnung verlieren. Diese "Christ-Sozialen" sind für mich nicht mehr wählbar, aber fragen sich immer noch wieso die AfD so stark ist/wird. Ich hätte eine Antwort.

  • Antwort von Manfred, Donnerstag, 13.Oktober, 12:58 Uhr

    Ich stimme Ihrem Beitrag zu, bis auf den vorletzten Satz.

    Glaubt denn wirklich wer, dass eine AfD mit ihrer extrem neoliberalen Einstellung da irgendetwas besser machen würde? WIe naiv muss man sein...

  • Antwort von Manfredo Manfredini, Donnerstag, 13.Oktober, 16:55 Uhr

    @Manfred: Mit Ihrem AFD-"Reflex", AFD-Schubladendenken, könnte man vielleicht meinen, sie wollen sich vielleicht einer konstruktiven, möglicherweise für Sie unangenehmen Diskussion entziehen....
    Umgekehrt frage ich sie, wollen Sie,dass diese jahrzehntelangen verkrusteten Strukturen, die eng verbandelten Seilschaften aus Politik und Wirtschaft, in der Form so weiterbestehen, indem man mehr oder weniger stets die gleichen Parteien und Parteisoldaten in den Parlamenten sitzen hat....?!?

  • Antwort von Francesco, Donnerstag, 13.Oktober, 17:05 Uhr

    @Manfred

    Natürlich nicht. Aber das Problem ist doch, dass die Wähler es satt haben, verarscht zu werden, leider - ohne groß über die Konsequenzen nachzudenken - deshalb zum Protestwähler (AfD, Linke, etc.) mutieren und die etablierten Parteien sich immer noch wundern, warum die (Noch-)Rand-Parteien so stark werden..... Unglaublich !!!