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report München Recherchen Auch Gelder aus Deutschland finanzieren die IS-Terrormiliz

Die beängstigende Spur der deutschen Terrorgelder: IS-Terroristen werden womöglich von Freunden und Verwandten unterstützt.

Von: Sebastian Kemnitzer, Stefan Meining, Ahmet Senyurt

Stand: 24.04.2016 | Archiv

Archivbild: Flagge der Terrorgruppe Islamischer Staat während einer Kundgebung in Berlin | Bild: picture-alliance/dpa

Der so genannte "Islamische Staat", abgekürzt IS, gilt als die reichste Terrororganisation weltweit und soll über ein Milliardenvermögen verfügen. Wichtige Einnahmequellen für die Terrormiliz sind vor allem Steuern und Zwangsabgaben aus den beherrschten Gebieten. Hinzu kommen Einnahmen aus Erdölgeschäften, der Schmuggel mit Antiquitäten und Lösegeldzahlungen. Dies zeigt ein neuer interner Bericht des Bundeskriminalamtes, BKA.

Der BKA-Bericht und Recherchen des ARD-Politikmagazins report München zeigen zudem, dass Spenden von Familienangehörigen und Freunden für sogenannte Jihadisten, wie auch „Hilfskonvois“ aus Deutschland eine wichtige Rolle spielen.

Hilfskonvois und Spenden aus Deutschland

Nach Erkenntnissen des Bundeskriminalamts werden in Deutschland neben Geld auch Sachgegenstände für den IS gesammelt, zum Beispiel Medikamente, Kleidung oder Verbandsmaterial. Das gesammelte Geld werde dann teilweise aber auch dazu verwendet, um ganz legal beispielsweise Schutzwesten, Magazine oder Fahrzeuge zu kaufen. Diese Gegenstände würden über die Türkei Richtung IS-Gebiete transportiert. In ganz Deutschland gebe es laut BKA inzwischen Vereine mit unverdächtig klingenden Namen, die über Webseiten oder soziale Netzwerke zu Spenden aufrufen.

An diesen "Syrien-Hilfskonvois" entlang der Balkanroute seien auch Personen aus dem salafistischen Spektrum beteiligt. Laut BKA gelinge es mit Konvois, Güter und Bargeld zu schmuggeln. Außerdem hätten Kämpfer so eine weitere Möglichkeit, in das Kriegsgebiet zu reisen.

Ausländische Kämpfer tragen zur Finanzierung bei

Diese ausländischen Kämpfer würden zudem als Bargeldkuriere eingesetzt werden. Da der Sold für einfache Kämpfer relativ niedrig sei, würden diese oft finanzielle Unterstützung aus der Heimat von Freunden und Verwandten erhalten. Als Alternative würden diese Gelder im Gegensatz zum nicht immer durchführbaren Kuriersystem auch über Finanzdienstleister in Länder wie die Türkei oder den Libanon geschickt werden.

Über dieses Art der Terrorfinanzierung hat report München bereits Mitte Februar berichtet: Die Recherchen zeigten, dass beispielsweise von Dinslaken im Ruhrgebiet aus immer wieder Gelder hin- und her überwiesen wurden, meist kleine Beträge, die nicht auffielen.

"Um die Herkunft von Geldern zu verschleiern nutzen Terroristen verschiedene, verschlungene Wege; überweisen Geld von hier und dort, zurück und so weiter; genau wie bei der Geldwäsche; und dann werden die Summen auch anders, kleinere Summen, bisschen größere Beträge; damit die Transaktionen nicht auffallen."

Prof. Shlomo Shpiro, Universität Bar-Ilan, Isael

Breitere Finanzierungsstrukturen

Insgesamt scheint also die Terromiliz "Islamischer Staat" über weitaus breitere Finanzierungsstrukturen zu verfügen, als bisher allgemein angenommen. Beängstigend ist zudem, dass wohl Freunde und Familienangehörige IS-Kämpfer finanziell unterstützen; obschon diese freiwillig einer Organisation dienen, die Mord und Terror verbreitet.


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