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Amazon macht´s vor Deutsche Händler folgen (noch) nicht

Amazon hat in Seattle ein erstes Lebensmittel-Geschäft ohne Kassen eröffnet. Damit wird in den USA ein neuer Wettbewerb mit Supermarkt-Ketten losgetreten. Gleichzeitig fragt man sich auch hierzulande, ob das Einkaufen ohne Kassen nun unmittelbar bevor steht?

Von: Christian Sachsinger

Stand: 06.12.2016

Das erste Amazon-Go-Ladengeschäft in Seattle. | Bild: BR/JASON REDMOND/Reuters

Beim Handelsverband Bayern ist man durchaus aufgeschlossen. Was Amazon mache, habe eigentlich generell Hand und Fuss, meint der Verbands-Sprecher Bernd Ohlmann. Seiner Ansicht nach ist es nur eine Frage der Zeit, bis das über den großen Teich zu uns kommt. In Seattle wird momentan erst einmal mit den Amazon-Mitarbeitern getestet. Die müssen sich beim Betreten des Marktes mit ihrem Smartphone anmelden. Anschließend registriert die im Laden eingebaute Technologie, wenn Produkte aus den Regalen genommen werden. Man kann das Geschäft einfach verlassen. Abgerechnet wird über das Amazon-Konto des Kunden.

Bei uns bremst der Datenschutz

Bis sich in Deutschland ein solches System, wie das von Amazon, flächendeckend durchsetzt, könnte möglicherweise noch einige Zeit vergehen. Es müssen erst einmal Bedenken ausgeräumt werden, wie Bernd Ohlmann erklärt. Die Datenschützer hätten schon im Vorfeld Alarm geschlagen. Man wolle nicht, dass jeder wisse wo und zu welcher Zeit eingekauft worden sei, so der Verbands-Sprecher. In den USA gibt es dieses Hindernis nicht, Datenschutz spielt dort eine weit geringere Rolle.

Deutscher Handel digitalisiert anders

Beim Bundesverband HDE in Berlin verweist man auf eigene Tests, die derzeit laufen. Verbands-Geschäftsführer Ulrich Binnebößel betont, hierzulande spreche man halt nicht so plakativ über den kassenlosen Supermarkt. Die Digitalisierung in den Geschäften läuft seinen Angaben zufolge eher über Kassen zum Selbstscannen, wie etwa im Möbelhaus Ikea oder über mobile Kassen am Einkaufswagen. Die Erfassung aller Waren per Nahfunk-Chip ist momentan noch keine Lösung. Die sogenannten RFID-Chips bleiben laut HDE zu teuer, um sie auf jeden Joghurtbecher zu kleben. Außerdem durchdringen die Funkwellen manche Verpackungen nicht, so dass in einem vollen Einkaufswagen nicht alle Waren komplett erfasst werden können. Dass Amazon neben seinem Internethandel nun auch ganz traditionell Läden eröffnet, das empfindet Binnebößel eher als Bestätigung der eigenen Strategie, denn als Bedrohung.

Kassiererinnen nach wie vor gebraucht

Von einer Welle an kassenlosen Supermärkten à la Amazon, die massenhaft Jobs wegspülen würde, ist derzeit also noch nichts zu sehen. Bei der Gewerkschaft Verdi verfolge man diese Entwicklung zwar aufmerksam, erklärt Eva Völpel vom Bundesvorstand. Ihrer Ansicht nach werden die Mitarbeiter in den Supermärkten aber auf absehbare Zeit weiter dringend gebraucht, auch um die technischen Umstellungen zu begleiten und Kunden dabei zu helfen. Außerdem hätten die Arbeitnehmer im Einzelhandel derzeit ganz andere Sorgen - vor allem die bei Tengelmann, erklärt die Gewerkschaftsvertreterin.


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