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Einschätzung zum Brexit Eine europäische Katastrophe

Die EU hat heute Nacht ihre Aura der Unverletzbarkeit verloren. Zum ersten Mal will einer ihrer Mitbewohner ausziehen. Nicht nur EU-Politiker befinden sich in Schockstarre. Werden weitere Staaten folgen? Fest steht: Die Briten müssen sich auf harte Gespräche gefasst machen.

Von: Kai Küstner

Stand: 24.06.2016

Die Flaggen von Großbritannien und der EU | Bild: picture-alliance/dpa/Federico Gambarini

Soweit sie überhaupt schlafen konnten in dieser Schicksalsnacht, sind die EU-Politiker in Brüssel heute früh unsanft von einem politischen Erdbeben geweckt worden.

Von wegen: Es wird schon gut gehen...

Auch wenn die Nervosität in der EU-Hauptstadt schon in den letzten Tagen spürbar war – viele hatten dann doch gedacht: Es wird schon gutgehen. Zu unwahrscheinlich erschien ihnen, dass die Ausstiegs-Befürworter auf der Insel mit ihren Lügen über die EU und dem Schüren von Angst vor Einwanderern wirklich Erfolg haben könnten.

Hatten sie doch. Umso schlimmer für das jetzt nicht mehr ganz so Vereinigte Königreich. Aber eben auch für die bald kleinere Europäische Union.

Fünftgrößte Volkswirtschaft verlässt EU

Mit den Briten verlässt nicht nur die fünftgrößte Volkswirtschaft der Erde die EU, sondern auch eine Atommacht und ein Land mit einem ständigen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen: Europa wird, weltweit gewogen, demnächst für leichter befunden werden. Das wird den Umgang mit echten oder auch selbsternannten Schwergewichten auf diesem Erdball schwieriger machen. Egal, ob wir über China, Indien oder Russland reden.

Vielleicht aber noch einschneidender für die EU: Sie verliert mit dem britischen Austritt ihre Aura der Unverletzbarkeit. Über Jahrzehnte ist sie immer gewachsen, hat eine unwiderstehliche Anziehungskraft und Sogwirkung entwickelt. Dieser Bann ist jetzt gebrochen. Dass einer in der europäischen Familie herumnörgelt und schwierig ist, hat es im er gegeben. Aber dass einer wirklich auszieht, noch nie.

Domino-Effekt?

Das muss nun nicht bedeuten, dass die Domino-Theorie stimmt: Und nun ein europäischer Stein nach dem anderen umfällt. Denn um genau das zu verhindern, werden die verbliebenen 27 EU-Staaten dafür sorgen, dass der zukünftige Ex mit der Nummer 28 bei den Austritts-Verhandlungen bestimmt nicht die Wellness-Packung bekommt. Sondern sich auf knüppelharte Gespräche einstellen muss.

Trotzdem werden die Europa-Gegner auf dem Festland die britische Abstimmung als Aufforderung verstehen, jetzt erst recht laut zu werden. In den Niederlanden lockt und frohlockt Rechtspopulist Wilders bereits mit dem Versprechen, er werde der nächste sein in Europa, der ein Referendum abhalte – wenn man ihn zum Premierminister mache.

EU muss jetzt in sich gehen

Ohne Zweifel wird die EU nun nicht nur in den Spiegel schauen, sondern besser noch in sich gehen müssen. Um Ideen zu entwickeln gegen den gefährlichen Trend, dass viele Menschen Europa offenbar zunehmend weniger als Friedensgarant, sondern als Feind sehen.

Zu befürchten ist leider, dass sich im Kampf gegen die EU-Skepsis zwei Lager gegenseitig blockieren: nämlich auf der einen Seite jene, die sagen, dieser Streit sei nur mit mehr Europa zu gewinnen, die Rest-EU müsse enger zusammenrücken – und auf der anderen Seite jene, die das Gegenteil wollen, nämlich weniger Europa.

Wie die EU beschaffen ist, wenn dieses jenseits des Ärmelkanals ausgelöste politische Erdbeben wieder vorbei ist, kann noch niemand vorhersagen.


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Katastrophenrelativierer, Freitag, 24.Juni 2016, 17:50 Uhr

25. Katastrophe ist m.M. nach eher das Verhalten des Medienmainstreams

hier in der BRD und vieler EU-Politiker, wie sie Entscheidungen des Volkes von UK thematisieren und kommentieren...wehe es kommt anders, als von Politik und Medien vorgegeben...eine ganz üble Angstkampagne, die auch für die Zukunft nichts Positives hoffen lässt...
Es waren nicht die Völker Europas, die die Politiker aufgefordert haben, aus der ursprünglichen Freihandelszone namens EWG/EG ein supranationales Regime namens EU zu schaffen...Ich bin froh, dass sich die Briten diesem gewaltigen Druck von außen und von innen nicht ergeben haben..

Bedaurer, Freitag, 24.Juni 2016, 13:16 Uhr

24. Brexit

Schade, daß die Briten so entschieden haben, aber nachvollziehbar.Sie haben einfach die Nase voll von Juncker, Merkel oder Hollande, wie unmündige Kinder behandelt zu werden. Luxemburg oder Frankreich, die selbst keine, und wenn, dann nur handverlesene Flüchtlinge aufnehmen, wollen hingegen anderen Mitgliedsstaaten die " einfacheren Leute aufdrücken ". Warum nimmt man dieses Ereignis nicht zum Anlaß, mehr auf den Bürger zuzugehen und seinen Alltag zu beachten. Denn seine Probleme kennen diese Herrschaften nicht. Es wird Zeit, die Kapitäne auszutauschen in solche, die nicht nur ihren Stiefel für den richtigen halten, sondern auch den anderen Stiefel akzeptiern. Nur so wird ein Paar daraus. Bei der Kanzlerin sehe ich allerdings schwarz.

bergundtal, Freitag, 24.Juni 2016, 12:14 Uhr

23. Engländer raus aus der EM

Na hoffentlich fällt auch England aus der Fussball EM schnell raus !!

Heute ist Freitag ein ganz normaler Tag, die Erde dreht sich weiter - ist irgendwas interessantes passiert ? Den einfachen Bürger ist es doch egal ob England nun draußen ist oder nicht. Ich hatte noch nie was mit England zu tun also jucken die mich nicht wirklich.

Albrecht E., Freitag, 24.Juni 2016, 12:06 Uhr

22. Wir brauchen die EU,

damit abgehalfterte Hobbypolitiker in Brüssel weiterhin mit ihrer Politik der "Geldschöpfung" aus dem Nichts, marode südeuropäische Staaten durchfüttern und
der kleine Sparer mit der 0-Zins Politik der EZB belohnt wird.

Wir brauchen die EU, damit die Völkerwanderung aus Afrika schön gleichmäßig in Deutschland verteilt wird.

Wir brauchen die EU, damit EU-weite Ausschreibungen - wie beim Flughafenbau in Berlin geschehen - weiterhin nur bei den besten und preisgünstigsten Firmen landen.

Wir brauche die EU, damit der Vorrat an gutem Glyphosphat nie zu Ende geht.

Wir brauchen die EU, damit endlich jemand die Krümmung der Banane, die Größe der Kirsche, die Anzahl der erlaubten Würmer pro Apfel festlegt.

Wir brauchen die EU, damit die Anzahl der steigenden Wohnungseinbrüche in Deutschland endlich den EU-Durchschnitt erreicht.

wm, Freitag, 24.Juni 2016, 11:59 Uhr

21. Die "mächtigste " Frau der Welt......

.......hat es nicht geschafft den Reisenden aufzuhalten!