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BR Recherche Ein Jahr nach Inkrafttreten - Städte ignorieren Gesetz zur Förderung von E-Autos

Das vor einem Jahr (12.6.2015) in Kraft getretene Elektromobilitätsgesetz (EMOG) ist nach Informationen von BR Recherche nahezu wirkungslos. Städte haben, anders als im Gesetz vorgesehen, Besitzern von elektrisch betriebenen Autos kaum Sonderrechte eingeräumt. Das ist das Ergebnis einer Befragung unter den 20 größten Städten Deutschlands und den 20 größten Städten Bayerns, die die Recherche-Einheit des Bayerischen Rundfunks durchgeführt hat.

Stand: 11.06.2016

Symbolbild: Gesetzespragraph vor Elektroauto | Bild: mauritius-images, Montage: BR

Die Bundesregierung wollte mit Hilfe des EMOG den Absatz von E-Autos fördern. Dem Gesetz zufolge dürfen Städte Besitzern von Elektro- oder Hybrid-Fahrzeugen unter anderem die Nutzung von Busspuren erlauben. Dortmund ist die einzige der befragten Großstädte, die zwei dieser Fahrbahnen freigegeben hat. Alle anderen lehnen die Maßnahme ab.

Die Stadt München zum Beispiel begründet ihre Entscheidung wie folgt: "Busspuren wurden eingerichtet, um den Bussen eine möglichst staufreie und damit beschleunigte Fahrt zu ermöglichen. Sie können zudem mit einer speziellen Technik an Bord Ampelanlagen frei schalten. E-Fahrzeuge, die auf den Busspuren unterwegs sind, können dies nicht und würden dem ÖPNV damit die Beschleunigung nehmen."

Ähnlich lautet das Argument in Hamburg: "Busspuren werden jetzt und in Zukunft in Hamburg nicht für E-Autos freigegeben, weil mit derzeit bereits 2.000 E-Autos (Tendenz stark steigend) im innerstädtischen Verkehr ein geordneter Busbetrieb nicht mehr möglich wäre", heißt es dort.

Auch die Möglichkeit, Besitzern von E-Autos das kostenlose Parken in der Innenstadt zu erlauben, haben seit Inkrafttreten des Elektromobilitätsgesetzes am 12. Juni 2015 nur sehr wenige Städte umgesetzt. In größerem Umfang sind dies einzig Hamburg, Hannover und Bayreuth, Stuttgart räumt solche Privilegien bereits seit 2012 ein. Vereinzelt kostenlose Parkplätze gibt es in Landshut, Ansbach und Kempten. Die Stadt Nürnberg etwa lehnt entsprechende Schritte ab, weil "die Park-Gebühr einen Anreiz setzt, einen Parkplatz schnellstmöglich wieder für den nächsten Nutzer frei zu geben".

Den Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy, überraschen diese Ergebnisse nicht. Dem Bayerischen Rundfunk sagte er: "Wenn sie zum Beispiel als Stadt gesagt haben, sie wollen den ÖPNV beschleunigen, dann macht es keinen Sinn, Busspuren für Elektromobilität zur Verfügung zu stellen. Wenn sie sich vorgenommen haben, die Altstadt autofrei zu halten, dann werden sie dort kein Parken für Elektroautos einrichten können."

Die Opposition im Deutschen Bundestag kritisiert, das Elektromobilitätsgesetz habe keinerlei Impulse gesetzt. Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Stephan Kühn, sagte: "Es war ein Scheitern mit Ansage und macht in den Städten eben keinen Sinn, die Anzahl der Autos mit Verbrennungsmotoren eins zu eins durch Elektroautos zu ersetzen. Viel sinnvoller wäre es gewesen, Elektrobusse und Elektrotaxis zu fördern. Ich bin froh, dass viele Städte klüger waren und das Gesetz nicht aufgegriffen haben."

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt hatte bei der Verabschiedung des Elektromobilitätsgesetzes betont, die Bundesregierung wolle damit "den Hochlauf der Elektromobilität weiter fördern". Zu den vom BR erhobenen Zahlen äußerte sich das Ministerium auf Anfrage nicht.

Der BR berichtet über dieses Thema am Samstag, 12. Juni, unter anderem in folgenden Sendungen:

BR-Hörfunk:
ab 5.00 Uhr in B5aktuell,
ab 9.05 Uhr auf Bayern 2 in der Sendung "orange"

BR-Fernsehen:
um 16.00 Uhr und 18.30 Uhr in den Ausgaben der "Rundschau".

Online:
in der App BR24 sowie auf der Seite BR24.de

Die Inhalte der Pressemitteilung sind frei zur Verwendung bei Quellenangabe "Nach Recherchen des Bayerischen Rundfunks".

Zu BR Recherche: Die neue trimediale Einheit gibt es seit 1. Februar 2016. Sie arbeitet nicht für eine bestimmte Sendung, sondern veröffentlicht die Inhalte in verschiedenen Programmen: im Hörfunk, im Fernsehen und Online - im BR und in der ARD. 
www.br.de/recherche
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