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BR Recherche wirkt ... Millionendeals zur Steuervermeidung - Die fragwürdigen Geschäfte der Commerzbank

Im Mai macht BR Recherche mit den Partnern report München, ProPublica/Washington Post und Handelsblatt öffentlich, dass ausgerechnet die teilstaatliche Commerzbank den Fiskus mit Hilfe umstrittener Aktiendeals um Millionen gebracht hat. Die Recherche provoziert deutliche Reaktionen …

Stand: 04.09.2017

02./03.05.2016 BR Recherche enthüllt in Zusammenarbeit mit report München, ProPublica, der Washington Post und dem Handelsblatt: 

Die teilstaatliche Commerzbank hat den Fiskus über Jahre hinweg durch fragwürdige Aktiengeschäfte um Steuereinnahmen in zweistelliger Millionenhöhe gebracht. Auch andere Banken haben sich an so genannten Cum/Cum-Deals beteiligt. Insgesamt sind dem deutschen Fiskus seit 2011 rund fünf Milliarden Euro entgangen.

03.05.2016 Die Veröffentlichung schlägt hohe Wellen: Finanzexperten und Politiker sämtlicher Bundestagsfraktionen fordern Aufklärung und Strafen:

"Im Bundestag werden wir nachfragen, seit wann das Bundesministerium der Finanzen von diesen Geschäften der Commerzbank wusste und warum die Commerzbank nicht daran gehindert wurde. Wenn nötig, werden wir diese Fragen im Untersuchungsausschuss stellen."

Gerhard Schick, B‘90/Die Grünen

"Wir haben hier keine Finanzunternehmer, sondern wir haben eine Art Wegnehmer. Diebe an der Allgemeinheit. Hier werden Scheingeschäfte gemacht, die wir auch unter Strafe stellen müssen."

Hans Michelbach, CSU

04.05.2016 Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble äußert sich: Er hält exzessive Cum/Cum-Geschäfte nicht für legitim.

Der Bund kündigt an, die Cum/Cum-Geschäfte der Commerzbank zum Thema im Aufsichtsrat zu machen

09.05.2016 Es wird bekannt, dass die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt ein Ermittlungsverfahren gegen die Commerzbank eingeleitet hat.

Der Grund: Verdacht der Steuerhinterziehung.

11.05.2016 Die Commerzbank stoppt die umstrittenen Cum/Cum-Geschäfte.

Commerzbank-Vorstand Michael Reuther erklärt den Grund: "Weil sie gesellschaftlich nicht mehr akzeptiert sind".

08.06.2016 Der Bundestag verschärft das Gesetz, das Steuerschlupflöcher schließen und die umstrittenen Cum/Cum-Deals durch höhere Risiken für die Banken uninteressant machen soll.

08.09.2016 Untersuchungsausschuss Cum/Ex kümmert sich jetzt auch um Cum/Cum

Der Cum/Ex- Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages wird sich jetzt auch mit der Frage beschäftigen, warum Politik und Finanzverwaltung jahrelang nichts gegen so genannte Cum/Cum-Aktiendeals unternommen haben. Der Steuerexperte der Universität Mannheim, Professor Christoph Spengel, hat für den Ausschuss ein Gutachten erstellt. Darin kommt er unter anderem zu dem Schluss, dass Cum/Cum-Geschäfte pauschal nicht zulässig gewesen sind. Deswegen sollte der Staat seiner Meinung nach unbedingt versuchen, sich entgangene Steuergelder zurückzuholen.

17.11.16 Das Bundesfinanzministerium schickt ein Schreiben an die Finanzbehörden der Länder

Das Bundesfinanzministerium hat nach Informationen von BR Recherche, report München und dem Handelsblatt ein umstrittenes Schreiben an die Finanzbehörden der Länder geschickt. Das Schreiben dürfte Banken vor Steuernachzahlungen in dreistelliger Millionen-, wenn nicht sogar Milliardenhöhe bewahren, die ihnen wegen ihrer Cum/Cum-Deals drohten.

01.12.16 Zehn Bundesländer stimmen dafür, dass der Bund das Schreiben präzisieren muss und auf alle Cum/Cum-Transaktionen ausweiten soll.

Die Diskussion über den Umgang mit den umstrittenen Cum/Cum-Deals geht weiter.

21.04.2017 BR Recherche legt offen, dass sich auch die DeKa-Bank offenbar systematisch an Cum/Cum-Geschäften zu Lasten des Fiskus beteiligt hat.

Das Pikante dabei: Bei der Bank handelt es sich um eine Anstalt des öffentlichen Rechts, die mehrheitlich den Sparkassen in Deutschland gehört und in ihren Gremien von Vertretern des Bundesfinanzministeriums beaufsichtigt wird.

17.07.2017 Das Bundesfinanzministerium veröffentlicht ein neues Cum/Cum-Schreiben

Danach sollen Finanzbehörden die Cum/Cum-Wertpapiergeschäfte der vergangenen Jahre systematisch auf möglichen Missbrauch hin überprüfen. Die Grünen kritisieren, dass es bei der Überprüfung Einschränkungen geben soll. Geschäfte mit EU-Ausländern, die vor 2013 gelaufen sind, werden z.B. gar nicht geprüft.

03.08.2017 Bundestag beschließt Sondersitzung des Finanzausschusses zu Cum/Cum

Nach der Kritik am BMF-Schreiben vom 17.07. beschließt der Finanzausschuss, noch vor der Bundestagswahl zu einer Sondersitzung zusammen zu kommen. Die Sitzung ist für den 04.09.2017 terminiert.


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