Artenvielfalt Bienensterben: Berechtigte Angst oder Hysterie?
Imkern ist das neue Yoga, die Biene das neue Lieblingstier der Deutschen. Sogar Angela Merkel rief im Bundestag dazu auf, etwas gegen das Bienensterben zu unternehmen. Die Biene als Politikum. Aber geht es der Biene tatsächlich so schlecht?
Die Biene ist in der Liga der Großen angekommen. Selbst Bundeskanzlerin Merkel macht sich für das kleine Tierchen stark. Im Bundestag sagte sie im Mai: "Bienen stehen Pars pro Toto für das, was wir unter Artenvielfalt verstehen."
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) hatte zum Weltbienentag am 20. Mai alle Ministerien aufgerufen, auf ihren Dächern Bienenstöcke aufzustellen. Klöckner sagte: "Die Biene ist systemrelevant und damit gilt: Was der Biene schadet, schadet dem Landwirt und damit uns allen."
Stirbt die Biene nun oder nicht?
Man muss aber differenzieren zwischen Honigbiene und Wildbiene. Laut Welternährungsorganisation (FAO) ist die Zahl der Honigbienen weltweit sogar um zwei Drittel gestiegen. Auch in Deutschland steigt die Zahl seit 2007 wieder an. Professor Robert Paxton von der Universität Halle erforscht die Bienen seit Jahren.
"Weltweit gesehen haben wir heutzutage viel mehr Honigbienen als vor 20, 40 oder 80 Jahren."
Professor Robert Paxton, Bienenforscher Universität Halle
Etwa 870.000 Völker schwirren nach Angaben des Deutschen Imkerbundes hierzulande herum.
Problemfall Wildbiene
Anders sieht es bei der Wildbiene aus: 300 von aktuell 585 Wildbienenarten in Deutschland stehen auf der Roten Liste, sind also vom Aussterben bedroht. Anders als die Honigbiene werden sie von den Menschen weniger wahrgenommen. Und das hat schwere Folgen.
"Wir werden erleben, dass die Erdbeeren und Äpfel teurer werden. Aber meine Kollegen würden mich auslachen, wenn ich sagen würde, es wird keine Bienen mehr geben. Aber das heißt nicht, dass wir keine Problem haben."
Professor Robert Paxton, Bienenforscher Universität Halle
Der Münchner Imker Harald Weiß sagt, die Wildbienen haben keine Lobby. Die Bedrohungslage für die Wildbiene sei erheblich größer. Hier besteht tatsächlich Handlungsbedarf, sagt Bienenforscher Robert Paxton. Wildbienen brauchen blühende Wiesen, Nistplätze und müssen vor Pestiziden geschützt werden, die für sie gefährlich sind.
Bestäuben per Hand wie in manchen chinesischen Regionen, davor brauche man aber noch keine Angst zu haben - zumindest in den nächsten 15 bis 20 Jahren, versichert der Bienenforscher.
Warum sterben die Bienen?
Varroamilbe: Die Varroamilbe ist der gefährlichste Feind der Biene. Die Langzeitstudie "Deutsches Bienen-Monitoring" hat 2010 die Varroamilbe (Varroa destructor) als Hauptgrund für das Schwinden vieler Bienenvölker in den Wintermonaten identifiziert. Noch ist kein Gegenmittel gefunden. Die Milbe beschäftigt Bienenforscher schon seit 1977, als sie vermutlich mit importierten Bienen nach Europa gelangte. Die 1,7 Millimeter kleine Milbe ernährt sich vom Blut der Bienen und überträgt krankmachende Viren.
Zu wenige Wildflächen und intensive Landnutzung: Einen großen Anteil hat nach Ansicht von Wissenschaftlern und Umweltschützern auch die industrielle Landwirtschaft mit ihren großen Acker- und Weideflächen. Diese raube den Bienen Lebensraum und Nahrungsquellen.
Pestizide: Spritzmittel machen Bienen ebenfalls den Garaus. Die EU hat im Mai daher drei besonders umstrittene Neonikotinoide verboten (Clothianidin, Thiamethoxam und Imidacloprid).
Warum sind Bienen so wichtig?
Die Pflanzen sind auf das Bestäuben der Bienen angewiesen. Ohne Bienen kein Obst und Gemüse. Dabei sind vor allem die Wildbienen wichtig. Das Bundesamt für Naturschutz hebt die Rolle der Wildbienen besonders hervor.
"Für manche Kulturpflanzen sind allerdings nur Wildbienen als Bestäuber geeignet, bei manchen sind sie besser geeignet als die Honigbiene."
Bundesamt für Naturschutz
Ein Mix aus Wildbienen, anderen Bestäubern und Honigbienen sei aber das Beste. Bienenforscher Paxton warnt, auch wenn genug Honigbienen vorhanden sind, dass es deutschlandweit für die Landwirtschaft nicht genügend Bestäuber gebe. "Wir merken, dass ein Mangel an Bestäubung auf dem Land vorhanden ist."
Kommentieren
steve, Donnerstag, 14.Juni 2018, 06:11 Uhr
3. Honig
Honig ist ein Naturprodukt, aber dieses ist auch schon belastet. -
Monokulturen in der Landwirtschaft und Biodiversität passen nicht zusammen. -
Ich empfehle den Film More Than Honey
Michael S., Mittwoch, 13.Juni 2018, 22:57 Uhr
2. Bienensterben, eine andere Betrachtungsweise
Die Varroamilbe befällt die Honigbienen. Und wie der Artikel das richtig darstellt, sind diese keineswegs im Bestand gefährdet..
Die Honigbiene ist jedoch ein starker Konkurrent der Wildbienen. Eine Erhöhung des Bestands an Honigbienen bedeutet also gleichzeitig eine stärkere Bedrohung des Bestands an Wildbienen. Wenn man so will, ist also die Ökobilanz der Honigbiene eher negativ.
Wie immer: Es gibt keine einfachen Antworten auf komplexe Fragen. Wir sollten uns nicht so stark von unseren Emotionen leiten lassen.
Nobbes, Mittwoch, 13.Juni 2018, 20:47 Uhr
1. Insektensterben
Man sollte den üblen Kampfbegriff Bienensterben genauso vermeiden, wie die billige Sicht auf den Nutzen der Biene (Honig, Bestäubung). Insekten immer nur unter dem Aspekt des kurzfristigen Profits zu sehen ist eine antiquierte Sichtweise und vernachlässigt die ungeheure Komplexität der natürlichen Umwelt.
Was ist mit Wespen, Libellen, Schmetterlingen etc.? Es geht ums Sterben der Insekten generell und darum, dass in einer Welt in der die Insekten nicht mehr leben können auch das Überleben des Menschen nicht gesichert ist. Allerdings haben die Insekten insgesamt bessere Karten sich zu regenerieren, wenn die Umwelt für Menschen nicht mehr geeignet ist. Die Natur wird ohnehin wieder ein natürliches Gleichgewicht herstellen. Dabei werden in Umweltkriegen und Verteilungskämpfen Milliarden Menschen sterben, was der Natur egal ist. Nur wenn die Menschen ihr Hirn einsetzen würden, könnten sie die kommende Katastrophe vermeiden.
Sie werden es aber wohl nicht tun.
Antwort von Senior, Mittwoch, 13.Juni, 21:26 Uhr
Der Mensch muß sich der Natur anpassen, nicht umgekehrt. D.h. in erster Linie, die Bevölkerungsexplosion in den Griff zu bekommen, und nicht, wie von einer grünen "Umweltpartei" gefordert, diese auch noch zu fördern. Wobei wir dann beim "Hirn einsetzen" angelangt wären:
"Der gebildete Mensch macht die Natur zu seinem Freund und ehrt die Freiheit, indem er bloß ihre Willkür zügelt."
Friedrich von Schiller
Antwort von Senior, Mittwoch, 13.Juni, 21:57 Uhr
Woran es den Insekten neben geeigneten Futterpflanzen vor allem mangelt, ist eine Nistmöglichkeit.
Wer mit ´ner Bohrmaschine umgehen kann, kann sich für Wildbienen - die nicht stechen! - selber ein Bienenhotel bauen:
In ein dickeres unbehandeltes Brett(kein Nadelholz wg. Harz) Löcher unterschiedlicher Durchmesser(2-10 mm) bohren. Das kann z.B. auch der Familienname oder der Name der Freundin sein;) Aber nicht durch das Brett hindurchbohren, und einen Haken oder eine Schlaufe zum Aufhängen anbringen. Bienenhotel nach Osten bzw. Südosten ausrichten, und sich überraschen lassen.
Diese einfachen Nistmöglichkeiten werden gerne angenommen. Und was alles so an Wildbienen, auch solche in Wespen-Mimikry, angeflogen kommt. Es ist sehr interessant zu beobachten, wie die Brutröhre gesäubert wird, wie Pollen oder Futterinsekten vor der Eiablage herangeschleppt werden und die Brutröhre mit Wachs oder Lehm verschlossen werden.
Nur einmal aufhängen, alles andere macht die Natur. Sehr pflegeleicht!
Antwort von Harald, Mittwoch, 13.Juni, 22:10 Uhr
Volle Zustimmung!