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Der Fall HGAA Die teure Problemtochter aus Kärnten

Mit der HGAA wollte die BayernLB groß in Osteuropa mitmischen. Inzwischen ist klar: Die Kärntner Bank war ein absoluter Fehlkauf. Und ein teurer für den Steuerzahler obendrein. Nach Ansicht der Opposition hat Bayern sich bei dem Deal über den Tisch ziehen lassen - und womöglich 400 Millionen Euro zu viel bezahlt.

Stand: 24.09.2010 | Archiv

Eingerüstetes Gebäude der Hypo Group Alpe Adria (HGAA) | Bild: Getty Images

Im Mai 2007 kauft die BayernLB die österreichische Hypo Group Alpe Adria (HGAA). Der Kaufpreis beträgt rund 1,6 Milliarden Euro für 50 Prozent der Anteile plus eine Aktie. Rund zwei Jahre und etliche Milliarden später gelangt Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) öffentlich zu der Erkenntnis: Der Kauf war ein Fehler.

Teures "Kommando zurück"

"Lieber ein Ende mit Schrecken, als dass das Ganze noch weitergegangen wäre"

Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) im Bayerischen Rundfunk

Zieht die Notbremse: Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU)

Als sich abzeichnet, dass die Tochter eine Kapitalspritze nach der anderen benötigt, gibt Bayern die HGAA im Dezember 2009 nach harten Verhandlungen zurück an Österreich. Symbolischer Preis: ein Euro. Im Gegenzug verzichtet die BayernLB auf Forderungen in Höhe von 825 Millionen Euro, insgesamt summieren sich die Verluste für die Landesbank auf rund 3,7 Milliarden Euro - zu Lasten der Steuerzahler.

Was lief falsch?

"Nieten in Nadelstreifen, politische Totalversager, Taugenichtse, Großmäuler, politische Nullen"

SPD-Fraktionschef Markus rinderspacher am 15.12.2009 im Landtag

Das wirft im Nachhinein eine Menge Fragen zu den Umständen des Deals auf, die außer auf juristischer Ebene auch auf politischer Ebene mittels eines Untersuchungsausschusses geklärt werden sollten und sollen. Die Staatsregierung muss sich vorhalten lassen, ihre Vertreter im Verwaltungsrat - darunter prominente Namen wie Kurt Faltlhauser, Erwin Huber, Günther Beckstein und Georg Schmid - hätten den Deal zu blauäugig abgenickt.

400 Millionen Euro draufgezahlt?

Mehrere Landesbank-Mitarbeiter sagten im Juni vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags aus, der BayernLB seien die Risiken eines Kaufes der HGAA sowie ihr fragwürdiger Ruf bekannt gewesen. Bei der Überprüfung der Bank habe man Mängel im Kreditgeschäft festgestellt. Außerdem sei die Risikovorsorge zu niedrig gewesen, so dass die Bank zum Zeitpunkt des Kaufs eigentlich nur 2,4 statt 3,2 Milliarden Euro wert gewesen sei.

Diesen Wert - 2,4 Milliarden Euro - zitierten im April auch die Grünen aus einem Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst&Young. Demzufolge hätte Bayern für die Hälfte der Anteile rund 400 Millionen Euro zu viel gezahlt.

Abenteuerliche Details

Aufgrund fauler Kredite und problematischer Leasinggeschäfte auf dem Balkan fehlten schon vor dem Einstieg der BayernLB 1,5 Milliarden Euro in den Bilanzen der HGAA - so viel war öffentlich bekannt. Der wahre Kapitalbedarf soll deutlich höher gewesen und dies auch vonseiten der Bank kommuniziert worden sein. Im Laufe der Zeit wurden dann weitere abenteuerliche Details zu den Modalitäten publik. Allem Anschein nach wurde versäumt, sich rechtlich gegen nachträglich auftretende Probleme abzusichern. In einer lange geheim gehaltenen Erklärung vom 22.5.2007 sagte die BayernLB der Kärntner Landesholding "unwiderruflich" zu, dass Gewährleistungsansprüche innerhalb von zwei Jahren ab Vollzug des Kaufs gerichtlich geltend gemacht werden müssen. Diese Frist lief am 9.10.2009 ab.

Geheimer Prüfbericht

Dem bayerischen Finanzminister Fahrenschon wird vorgeworfen, einen Prüfbericht zum Kauf der HGAA im Jahr 2007 zurückgehalten zu haben. Fahrenschon wies die Vertuschungsvorwürfe zurück. Das Finanzministerium habe an keiner Stelle seine Berichtspflicht verletzt.

Für den Augsburger Juristen Prof. Dr. Reiner Schmidt, der für den Untersuchungsausschuss des Landtags bereits als Gutachter tätig war, heißt das im Klartext: "Ab dem Oktober 2009 sind sämtliche Ansprüche erloschen." Das gelte auch für Ansprüche, die aus betrügerischem Handeln entstanden sein könnten. Profitiert hat somit Kärnten.

HGAA klagt für österreichische Steuerzahler

Und dort verhält man sich konträr: Die HGAA fordert Schadenersatz. Sie reichte Zivilklagen gegen ehemalige Vorstände und andere leitende Mitarbeiter ein, wie HGAA-Konzernsprecher Dominic Köfner bestätigte. Das Ziel der Krisenbank:

"Wir versuchen, so viel Geld wie möglich für den österreichischen Steuerzahler zurückzuerobern."

HGAA-Konzernsprecher Dominic Köfner

Von wem genau und an welchen Gerichten die HGAA wie viel Geld eintreiben will, wollte der Konzernsprecher nicht sagen. Der neue HGAA-Chef Gottwald Kranebitter hatte in diesem Zusammenhang aber bereits von einem dreistelligen Millionenbetrag gesprochen.

Sport und Glamour

Grinst über ein wirklich gutes Geschäft: Landeshauptmann Jörg Haider ...

Zusätzlicher Zündstoff kommt aus dem Dunstkreis des Sports und Glamours. Die Staatsanwaltschaft München prüft eine millionenschwere Sponsor-Vereinbarung für das Klagenfurter EM-Fußballstadion, die sich der verstorbene Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider als Gegenleistung für seine Zustimmung zum HGAA-Verkauf angeblich zusichern ließ. Und last but not least weist das ARD-Magazin report MÜNCHEN auf mögliche Verwicklungen in Geldwäsche-Geschäfte hin. Die HGAA soll die kriminellen Machenschaften des kroatischen Ex-Generals Vladimir Zagorec unterstützt haben.

Ermittlungen in Bayern und Österreich

Die Staatsanwaltschaften in München und Klagenfurt haben die Bildung einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe vereinbart. Damit seien Austausch und Einholung von Informationen und Unterlagen ohne Einhaltung eines formellen Rechtshilfeweges möglich, so die Münchner Staatsanwaltschaft. In der Ermittlergruppe ist außerdem eine österreichische Bankexpertin vertreten. In Österreich hatte bereits 2007 ein Kärntner Untersuchungsausschuss den Verkauf der HGAA untersucht und keine Ungereimtheiten gefunden. Nun beschäftigt sich zum zweiten Mal ein solches Gremium mit dem Thema.


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