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Bauhaus & Co. in Bayern Sep Ruf - Die neue Leichtigkeit des Bauens

Sinn für Markenzeichen hat Franz Joseph Ruf schon früh: Sep mit einem P nennt er sich - das klingt bodenständig, sieht aber schlank und eigen aus. Zwischen diesen Polen bewegt sich Ruf: Tradierte Form und Neues, Lichtes, Leichtes.

Von: Michael Kubitza

Stand: 19.08.2011 | Archiv

Illustration mit Schriftzug Ruf | Bild: BR

Für Leichtigkeit muss Ruf, der eigentlich Bildhauer werden will, schon selbst sorgen, als er sich an der Technischen Hochschule schließlich doch für Architektur einschreibt. 1928 hat Theodor Fischer die TH verlassen - ein Bauprofessor alter Schule, der dem Bauhaus dennoch aufgeschlossen gegenübersteht. Nicht so sehr der Formensprache als dem sozialen Anspruch und der Forderung, der Baumeister solle "in seiner Seele Handwerker, Plastiker und Maler" sein. Zwei Jahre bleibt sein Lehrstuhl unbesetzt, bis ihm Adolf Abel nachfolgt, der den abgebrannten Glaspalast als biederen Steinbau wieder errichten will und 1933 von den Nazis verdrängt wird.

Eine Assistentenstelle beim nationalkonservativen German Bestelmeyer schlägt Ruf aus, baut lieber selbst los: 1933 entsteht, kurz bevor Flachdächer verboten werden, ein Haus für seinen Freund Karl Schwend; sein erstes und für lange Zeit letztes modernes Haus. 1947 meldet er sich mit Schubladen voller Ideen zurück, wird prompt Professor an der Nürnberger Akademie der bildenden Künste und einer der gefragtesten Architekten der 50er-Jahre.

Sep Ruf lüftet durch

Erst umstritten, dann geschätzt: Die neue Maxburg von außen

Ist es der Trümmerstaub der NS-Zeit, der ausgelüftet werden soll? Der Muff der Adenauerzeit? Der Bergwanderer und Italienfan Ruf jedenfalls reißt die Mauern auf wie andere die Fenster. Statt dunkler Sozialwohnkisten plant er Räume, die kalkuliert großzügig sind, ohne monumental zu wirken, und in denen drinnen und draußen keine Gegensätze mehr sind.

Die Maxburg von innen: Viel Licht und eines der schönsten Treppenhäuser Münchens

Rufs Glück: Was er baut, sieht so aus, wie sich die Bundesrepublik der Welt zeigen will. Mitte der 50er baut er seine Version der im Krieg zerstörten Münchner Maxburg, gleichzeitig einen Bungalow für Wirtschaftsminister Ludwig Erhard, zehn Jahre später den Bonner Kanzlerbungalow.

Fern von Germania: Der deutsche Pavillon in Brüssel 1958

Der deutsche Pavillon, den er zusammen mit Egon Eiermann für die Brüsseler Weltausstellung 1958 entwirft, bleibt - leicht asymetrisch, transparent und auf Pfeilern schwebend - richtungsweisend für repräsentatives Bauen bis hin zur Olympia-Architektur von Frei Otto.

Der Kanzlerbungalow: "Der brennt nicht mal"

Rufs Baustil, der Understatement ausdrückt, dabei aber auch Statement ist, gefällt nicht allen; ebensowenig sein Erfolg. Als in der neuen Maxburg, die Ruf zusammen mit Theo Pabst plant, die Natursteinplatten von der Rasterfassade zu rutschen drohen, ist der Konkurrentenspott über die "Murksburg" groß. Auch in Gmund murrt man anfangs vernehmlich gegen die Erhard-Villa.

In Bonn gerät der Architekt gar ins Kreuzfeuer der Politik: Als Bundeskanzler Kurt Kiesinger seinem Vorgänger Ludwig Erhard im Amt wie im Bungalow nachfolgt, mokiert sich Altkanzler Adenauer: "Ich fürchte der brennt nicht mal. Da kann kein Mensch drin wohnen". Adenauer zielt auf Erhard, trifft aber auch Ruf: "Ich weiß nicht, wer den Bungalow gebaut hat, aber der verdient zehn Jahre." Was als Drei-Kanzler-Knatsch beginnt, endet als Medienschlacht: "Bild" und "Welt" springen Adenauer bei, "Spiegel" und "Zeit" halten dagegen: "Wer nicht sieht, dass dieses Haus schön ist, muss schon ein besonders dickes Brett vorm Kopf haben."

Fade out eines Architektenlebens

Kiesinger modelt den Bungalow um, Brandt meidet, Schmidt restauriert und schätzt ihn. Sep Ruf, der lieber zeichnet als streitet, lässt es geschehen - die Auftragslage ist weiter gut. Doch Rufs Bedeutung schwindet: Im architektonischen Mainstream der späten 60er nehmen massige Betonkörper die Stelle filigraner Glasraster ein. Eine Erkrankung zwingt Ruf zu immer längeren Auszeiten in seinem umgebauten toskanischen Landhaus. Als er 1982 stirbt, registriert das nur die Fachwelt.

Dabei zählt Ruf zu denen, die, ohne je mit dem Bauhaus zu tun gehabt zu haben, die Ideen von Mies van der Rohe und Co. am Überzeugendsten weiterentwickelt haben. Winfried Nerdinger urteilt, "dass er zu der kleinen Zahl herausragender Architekten zählt, von denen eine Reihe von Werken einen Ehrenplatz in der Architekturgeschichte gefunden hat."


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