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Barrierefreiheit Augsburg und die Inklusion

Die Augsburger Fuggerei gilt als Paradebeispiel für barrierefreies Wohnen. Und sonst? Noch gibt es in der alten Römerstadt in Sachen Inklusion viel zu tun. Mit einzelnen Projekten wurde ein Anfang gemacht.

Von: Barbara Fuß

Stand: 12.02.2018

Die Augsburger Fuggerei ist ein Vorbild für barrierefreies Wohnen.  | Bild: BR

Mitten in Augsburg liegt die älteste Sozialsiedlung der Welt.  In der Fuggerei finden Menschen ein Zuhause, die ohne Unterstützung kaum am gesellschaftlichen Leben teilhaben könnten. Jakob Fugger hat sie bereits im 15. Jahrhundert errichtet. Die Miete: 1 Gulden im Jahr. Heute sind das 88 Cent.

Fuggerei als Vorbild

Für Johanna Grünwald ist die Fuggerei ein Glück. Vor 7 Jahren hat sie ihre Sehkraft fast vollkommen verloren. Arbeiten konnte sie nicht mehr. Eine bezahlbare Wohnung zu finden, in der sie mit Sehbehinderung leben konnte, war fast aussichtslos:    

"Ich seh' nur 0,01 Prozent Sehkraft auf beiden Augen. Hier in der Fuggerei habe ich Lebensqualität wieder erfahren für mich, weil alles barrierefrei ist."

Johanna Grünwald, Bewohnerin der Fuggerei      

In Bayern hat rund jeder zehnte Einwohner eine Behinderung. Auf eine Person, die von Geburt an beeinträchtigt ist, kommen dabei rund 20 Menschen, die erst im Lauf ihres Lebens schwerstbehindert werden.  

Schwieriger Zugang zum Arbeitsmarkt

Doch wie funktioniert die Inklusion von Menschen mit Einschränkungen in Bayerns drittgrößter Stadt außerhalb der Fuggereitore?

Volkmar Thumser, den Behindertenbeauftragten des Bezriks Schwaben, bewegt diese Frage auch aus persönlichen Gründen. Vor 20 Jahren wurde Klara geboren, die jüngste seiner vier Töchter. Sie kam mit einem Down-Syndrom auf die Welt. Eine große Aufgabe für die Familie. Um nicht alleine für die Teilhabe ihres Kindes am gesellschaftlichen Leben zu kämpfen, gründeten die Eltern mit anderen Betroffenen den Selbsthilfeverein „Eins Mehr“.    

"Die Menschen können ja relativ normal leben. Können auch was erreichen, können auch einen Beruf erreichen und man muss wissen was geht, was es für Fördermöglichkeiten gibt. Das war eigentlich die Hauptintention."

Volkmar Thumser, Behindertenbeauftragter Bezirk Schwaben

Klara durfte nicht wie andere Kinder an eine Regelschule. Heute bereitet sie sich in einer Behindertenwerkstatt auf einen Beruf vor. Der Vater würde ihr eine Zukunft außerhalb der Werkstatt wünschen. Doch das ist für viele Menschen mit angeborenem Handicap noch immer schwer. Volkmar Thumsers Hoffnung ist das neu ausgestattete „Budget für Arbeit“. Das Ziel: raus aus den Behindertenwerkstätten, rein ist den ersten Arbeitsmarkt. Der Freistaat Bayern zahlt einen Lohnzuschuss von bis zu 1428 Euro monatlich für Menschen mit einem sogenanntem „Werkstattstatus“.

Neue Projekte für Inklusion

Während im Berufsleben die Barrieren zu bröckeln beginnen, verschwinden sie in den Gebäuden der alten Römerstadt nur langsam.  Immerhin: es tut sich was. Im Fugger-und-Welser-Museum wurde für eine halbe Million Euro ein Aufzug eingerichtet. "Maria Ward" heißt eines der ersten inklusiven Wohnprojekte in Augsburg, Studenten und Senioren leben mit geistig Beeinträchtigten unter einem Dach. Im Univiertel soll ein Hotel- und Boardinghaus mit 66 barrierefreien Zimmern entstehen.  Die Hälfte der Jobs sollen Menschen mit Behinderungen übernehmen.

Damit die Inklusion Fahrt aufnimmt, haben die Augsburger eine Bürgerwerkstatt auf die Beine gestellt. Um Hilfebedürftige in die Mitte der Gesellschaft zu holen. Wie in der Fuggerei.


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