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Rückgang bei Flüchtlingszahlen De Maizière wagt keine Prognose mehr

Wie viele Flüchtlinge kommen nach Deutschland? Bundesinnenminister de Maizière hat eine Halbjahres-Statistik vorgestellt - und hält sich mit Prognosen zurück. Zu verzeichnen sei aber auf jeden Fall eine "deutliche Entspannung".

Von: Janina Lückoff

Stand: 08.07.2016

Frau mit Kind in einer Flüchtlingsunterkunft | Bild: picture-alliance/dpa

Am 19. August des vergangenen Jahres musste Innenminister de Maizière seine Prognose, wie viele Flüchtlinge nach Deutschland kommen werden, drastisch nach oben korrigieren. "Wir müssen damit rechnen, dass in diesem Jahr bis zu 800.000 Menschen als Asylbewerber oder Flüchtlinge zu uns nach Deutschland kommen", so de Maizière. Diese vorausgesagten 800.000 waren schon im November überschritten - insgesamt waren es 2015 mehr als 1,1 Millionen Menschen, die nach Deutschland kamen.

Aktuell will de Maizière so eine Prognose nicht mehr abgeben - bei der Vorstellung der Halbjahres-Statistik hält er sich an Fakten. Und die besagen: Es kommen immer weniger Menschen nach Deutschland: Im Januar waren es noch 92.000, im Juni rund 16.000. Insgesamt wurden im ersten Halbjahr rund 222.000 Personen registriert; die meisten kommen nach wie vor aus Syrien, Afghanistan und dem Irak. Eine "deutliche Entspannung" nennt de Maizière das, die zeige, dass die Maßnahmen auf deutscher und europäischer Ebene griffen.

Krise noch nicht gelöst

"Die Flüchtlingskrise ist zwar nicht gelöst, aber ihre Lösung kommt in Europa gut und in Deutschland sehr gut voran und verläuft in geordneten Bahnen", so de Maizière. De Maizière nennt auch konkrete Gründe dafür, warum weniger Menschen nach Deutschland kommen:

"Von besonderer Bedeutung für die Entwicklung der Zahlen ist natürlich die Verbindung des Schließens der Balkanroute und der EU-Türkei-Vereinbarung vom 18. März 2016."

Innenminister de Maizière

Dadurch kämen auch weniger Menschen in Griechenland an. Nicht gesunken sind die Flüchtlingszahlen dagegen auf der sogenannten Zentralen Mittelmeerroute, also auf der Strecke von Libyen nach Italien. Knapp 70.000 seien dort in der ersten Jahreshälfte angekommen. Italien verhalte sich korrekt, betont de Maizière; die Flüchtlinge würden alle registriert und nicht wie in den vergangenen Jahren weitergeleitet. Deshalb sei bisher keine große Zahl der Flüchtlinge über die Zentrale Mittelmeerroute nach Deutschland gekommen.

Lob für Nürnberger Behörde

Großes Lob fand de Maizière für die Arbeit des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, BAMF:

"Insbesondere der Abbau der Altfälle geht stark voran, die Zahl der Entscheidungen im ersten Halbjahr entspricht etwa der Zahl der Entscheidungen im gesamten Vorjahr. Das ist ein wirklich großer Fortschritt, auch wenn noch viel Arbeit vor allen Beteiligten liegt."

Innenminister de Maizière

 Flüchtlinge halten sich in München (Bayern) in der Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber auf dem Gelände der Bayernkaserne im Freien hinter einem Schild auf | Bild: picture-alliance/dpa zur Übersicht Dossier An den Grenzen Fluchtpunkt Bayern

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Im ersten Halbjahr hat das BAMF rund 283.000 Asylentscheidungen getroffen - ein Anstieg um fast 150 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Bei der Hälfte der neu gekommenen Flüchtlinge dauern die Asylverfahren nur noch rund eine Woche, sagte BAMF-Chef Weise, bei der anderen Hälfte, wenn beispielsweise noch Identitäten oder Widersprüche geklärt werden müssen, konnte die Verfahrensdauer durch mehr Personal im BAMF auf 3,7 Monate verkürzt werden. Weil mehr Asylanträge gestellt wurden stieg auch die Zahl der unbearbeiteten Anträge - auf knapp 496.000. Zahlen über Zahlen - warum dann nicht auch eine Prognose für dieses Jahr? de Maizière ist skeptisch:

"Die Umsetzung des Abkommens zwischen der EU und der Türkei funktioniert bisher, aber ich würde nicht die Hand dafür ins Feuer legen, dass das auch in den nächsten Monaten so bleibt. Auch die Entwicklung in der Balkanroute kann sich erheblich verschlechtern."

Innenminister de Maizière

Eine Jahresprognose darüber abzugeben, wie viele Flüchtlinge 2016 nach Deutschland kommen, wäre deshalb, so de Maizière, nicht seriös.


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