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Afghanistan-Konferenz in Brüssel Erster Tag mit erster Finanz-Spritze

Versinkt Afghanistan wieder im Chaos, hat auch Europa ein Problem. Bei dem großen Treffen in Brüssel ging es ums Geld, um Reformen in Kabul und am Ende auch um Flüchtlinge.

Von: Kai Küstner

Stand: 04.10.2016

Afghanischer Präsident Ashraf Ghani (M) und EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini  | Bild: Reuters (RNSP)

Ohne lebenserhaltende Maßnahmen geht es nicht: Die internationale Gemeinschaft weiß, dass sie die Regierung in Kabul stützen muss, damit die unter der Last ihrer Herausforderungen nicht zusammenbricht. Gleich zum Auftakt der Afghanistan-Konferenz unterzeichneten die EU-Kommission und der afghanische Finanzminister einen 200 Millionen Euro schweren Vertrag, um die Staatskasse in Kabul aufzubessern - sofern die Regierung Reformen liefert:

"Ihr Geld, das versichere ich Ihnen, ist gut angelegt."

Afghanischer Finanzminister Eklil Ahmed Hakimi

Verspricht der afghanische Finanzminister. Das Geld werde in die Bekämpfung der Armut und in die Frauen-Förderung fließen: "Das Geld hilft, die Probleme zu lösen, mit denen wir es beide zu tun haben: Konflikt, Gewalt und vor allem Migration."

Finanzminister Hakimi deutet damit an, dass die EU und Afghanistan in gewisser Weise eine Schicksalsgemeinschaft bilden. Denn klar ist: Je weiter sich die Taliban ausbreiten, je mehr Angst und Unsicherheit in der Bevölkerung herrschen, umso mehr Verzweifelte werden sich auf den Weg nach Europa machen. Die EU will das Gegenteil: Erst am Wochenende hat sie eine Vereinbarung mit der afghanischen Regierung unterzeichnet, die Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber aus Afghanistan beschleunigen soll.

"Die EU bekämpft Menschen statt Fluchtursachen. Mit der Abschiebung Zehntausender von Afghanen will sie ein Exempel zur Abschreckung statuieren."

Ska Keller

So kritisiert die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen im EU-Parlament, Ska Keller, das Abkommen. Das bereits einigermaßen Detail-genau beschreibt, wie die Rückführung per Flugzeug, eventuell sogar durch ein Extra-Terminal am Flughafen Kabul, ablaufen könnte. "Unverantwortlich" nennt das der Geschäftsführer von Pro Asyl, Günter Burkhardt, im ARD-Hörfunkinterview. Die Sicherheitslage sei schließlich desaströs, die Taliban auf dem Vormarsch. "Unter diesen Umständen kann man nicht Menschen abschieben, die geflohen sind." Aus Sicht der Organisation ‚Transparency International' ist die wuchernde Korruption in dem Land übrigens einer der Hauptgründe dafür, dass die Taliban erstarken können.

"Trotz aller Versprechungen ist wenig passiert. Das zehrt das Vertrauen in die Regierung auf. Und stärkt damit Terrorismus und Gewalt", erklärt der Asien-Direktor für ‚Transparency International', Srirak Plipat, im ARD-Hörfunk-Interview. Pünktlich zur Afghanistan-Konferenz brachte die Organisation eine neue Studie heraus. Aus der hervorgeht, dass Afghanistan in Sachen in der regelmäßig veröffentlichten Korruptions-Rangliste nach wie vor einen traurigen drittletzten Platz belegt - von insgesamt 168 untersuchten Staaten:

"Die einzigen beiden Länder, in denen die Lage noch schlimmer ist, sind Nordkorea und Somalia."

Srirak Plipat

Immerhin: leichte Fortschritte und Reform-Anstrengungen nimmt ‚Transparency' durchaus wahr. Aber selbst die Regierung in Kabul leugnet nicht, dass weiter viel Arbeit vor ihr liegt. Doch der Kampf gegen die Korruption ist nicht der einzige, den sie derzeit zu führen hat. Die Ausbreitung der Taliban ist der andere. Beides gleichzeitig in den Griff zu bekommen, scheint derzeit über ihre Kräfte zu gehen.


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