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Jom Kippur Was feiern Juden am Versöhnungstag?

Am 25. September 2023 feiern Juden auf der ganzen Welt "Jom Kippur". Es ist der höchste jüdische Feiertag, ein Fasten- und Ruhetag. Jom Kippur bedeutet "Versöhnungsfest". An diesem Tag denken gläubige Jüdinnen und Juden über ihre Beziehung zu Gott und zu ihren Mitmenschen nach. Weil sich die jüdischen Feiertage nach dem Mondkalender richten, findet Jom Kippur - wie auch das jüdische Neujahrsfest - jedes Jahr an einem anderen Tag statt.

Von: Bernhard Schulz und Veronika Baum

Stand: 24.09.2023

Tora vor Davidsstern in jüdischer Synagoge in Halle | Bild: picture-alliance/dpa

Jom Kippur ist ein sehr stiller Tag

Die Menora, der siebenarmige Leuchter, ist ein Symbol des Judentums

Zehn Tage nach dem jüdischen Neujahrsfest "Rosch HaSchana" feiern Jüdinnen und Juden auf der ganzen Welt "Jom Kippur". An diesem Feiertag wollen sie zur Ruhe kommen. Die Gläubigen bleiben zuhause, fasten und verrichten keinerlei Arbeiten. Der Tag gehört ganz dem Nachdenken über das eigene Leben und den Glauben. Viele Juden hören an diesem Tag auch kein Radio und lassen Fernseher und Internet ausgeschaltet. Jom Kippur ist ein besinnlicher Tag, an dem sie sich mit Gott und mit ihren Mitmenschen versöhnen wollen. Viele jüdische Familien besuchen gemeinsam die Synagoge.

Der Judentum-Check

Checker Tobi besucht die jüdische Familie Meyer aus Frankfurt und darf sogar mit in die Synagoge, das jüdische Gotteshaus.

Erinnerung an Jom Kippur am 9. Oktober 2019

Die Synagoge von Halle an der Saale.

An diesem Tag hat ein 27-jähriger Mann in Halle an der Saale, einer Stadt in Sachsen-Anhalt, versucht die Synagoge zu überfallen und die Gläubigen zu ermorden. Nachdem er die Türe des jüdischen Gotteshauses nicht öffnen konnte, erschoss er eine Frau, die zufällig auf der Straße unterwegs war. Auch in einem benachbarten Döner-Imbiss gab es ein Todesopfer. Zwei weitere Menschen wurden durch Schüsse verletzt. Die Gläubigen, die in der Synagoge waren, hatten Glück. Der Mörder kam nicht durch die verschlossene Türe. Im Dezember 2020 ist der Mann zu einer lebenslangen Gefängnisstrafe verurteilt worden.

Was ist Rassismus? Was ist Antisemitismus?

Bei dem Attentäter von Halle handelt es sich um einen jungen Deutschen, der offensichtlich politisch rechtsextrem und rassistisch eingestellt ist. Rechtsextreme und Rassisten glauben, dass Ausländer in Deutschland keinen Platz haben und dass Menschen mit deutschen Vorfahren mehr wert sind als andere. Eine besondere Form des Rassismus ist der Antisemitismus, der sich gegen jüdische Menschen richtet. Rassismus ist immer ungerecht und dumm. Denn ob ein Mensch schlau, fleißig, gerecht oder liebenswert ist, liegt immer an dem Menschen selbst und nie an seiner Herkunft, seiner Hautfarbe oder seiner Religion.

Mehr über das Judentum und jüdisches Leben

Das Judentum gehört ganz selbstverständlich zu Deutschland. Viele Deutsche sind jüdischen Glaubens.

Juden gibt es auf der ganzen Welt. Das Judentum ist eine Religion. Jüdin oder Jude zu sein, hat nichts mit Hautfarbe, Geburtsort, Staatszugehörigkeit oder Abstammung zu tun. Allerdings begreifen viele Juden den Staat Israel als ihre Heimat. In Deutschland leben ungefähr 100.000 Menschen jüdischen Glaubens. In Bayern gibt es 13 jüdische Gemeinden mit etwa 9.000 Gläubigen. Jüdisches Leben gehört ganz selbstverständlich zu Deutschland und zwar schon immer. Sogar in römischer Zeit, vor etwa 2000 Jahren, lebten Juden in Köln und anderen Städten. Damals gab es Deutschland, so wie wir es kennen, noch gar nicht. Im Mittelalter gab es in vielen Städten jüdische Wohnviertel, zum Beispiel in Regensburg.

Gettos, Pogrome und Schoa

Das Eingangstor zum Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau mit dem Schriftzug "Arbeit macht frei".

Juden wurden oft benachteiligt. Sie waren immer in der Minderheit und mussten in eigenen Vierteln wohnen, den Gettos. Sie durften viele Berufe nicht ausüben und wurden oft misstrauisch beäugt. Wenn etwas Schlimmes passiert war, zum Beispiel eine Seuche wie die Pest um sich griff, wurden oft die Juden beschuldigt, sie hätten die Seuche verursacht. Auch wenn das völlig unsinnig war, denn die Juden starben ja genauso an dieser Seuche. Trotzdem kam es wegen Vorurteilen und Verdächtigungen immer wieder zu sogenannten Pogromen. Dabei wurden Juden getötet, vertrieben und ihr Eigentum geraubt oder zerstört. Zu Pogromen kam es nicht nur in Deutschland zu allen Zeiten. Die schrecklichsten Judenverfolgungen gab es während der Nazi-Diktatur in Deutschland. Sie werden Schoa oder Holocaust genannt. Die Nazis töteten dabei in ihren Konzentrationslagern über sieben Millionen Menschen: Nicht nur Juden, sondern auch viele andere Menschen, die sie aus verschiedenen Gründen nicht mochten. Diesen wahnsinnigen Massenmord verherrlichen die Rechtsextremen bis heute.

Der jüdische Kalender

Der jüdische Kalender ist ein Mondkalender. Er richtet sich nicht nach der Sonne, so wie der normale Kalender, nach dem wir unser Jahr einteilen. Deswegen ist auch der Feiertag Jom Kippur immer im Herbst, also im September oder Oktober, aber nie am genau gleichen Datum. Es wird jedes Jahr neu errechnet, an welchem Datum es stattfindet. Beim christlichen Osterfest ist das übrigens genauso.

Das jüdische Jahr und seine Feiertage


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