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Knochenbrecher oder Kindstöter?! Bartgeier - Ein Vogel mit speziellem Speiseplan

Stell dir vor, du bist in den Bergen unterwegs - und auf einmal regnet es Knochen! Das klingt nicht nur ziemlich gruselig, sondern auch als wäre es eine Szene aus einem Fantasyroman. Das könnte aber passieren, wenn du dich im Gebiet von Bartgeiern aufhältst. Auch wenn die Tiere durchaus gemeine Spitznamen bekommen haben wie Lämmergeier, Knochenbrecher oder sogar Kindstöter, sind die Bartgeier eigentlich gar nicht gefährlich, sondern mächtige Vögel mit einer enormen Flügelspannweite. Im Nationalpark Berchtesgaden versuchen Vogelschützer seit 2021 immer wieder Bartgeier auszuwildern.

Von: Janina Böhm und Veronika Baum

Stand: 24.05.2023

Bartgeier im Tiergarten Nürnberg | Bild: Tiergarten Nürnberg | Jörg Beckmann

Spezielle Kost

Der Bartgeier ernährt sich besonders - was ihm auch Namen wie Lämmergeier oder Knochenbrecher beschert hat. Denn er frisst am liebsten Knochen von toten Tieren und zermalmt diese. Ist ein Stück einmal zu groß zum Schlucken, dann lässt er es schon einmal fallen - und dann regnet es Knochen! Der Bartgeier jagt allerdings nicht selbst.

Trotzdem hat diese Art der Ernährung seinem Ruf geschadet: Früher haben die Menschen geglaubt, der Bartgeier sei für die toten Tiere verantwortlich. Es gab sogar den Mythos, er würde Kinder entführen und fressen - was natürlich nicht stimmt. Trotzdem wurde aus Angst Jagd auf ihn gemacht. Das hatte zur Folge, dass er zumindest bei uns in Deutschland beinahe ausgerottet wurde.

Wiederansiedelung

Um den Bartgeier wieder zurückzubringen, laufen Auswilderungsprogramme. Das bedeutet, dass ein Tier, das unter menschlicher Aufzucht aufwächst, wieder hinaus in die freie Natur - und damit in seinen natürlichen Lebensraum - gelassen wird. Im besten Fall vermehren sich die Bartgeier dort wieder und irgendwann gibt es dann wieder eine ganze Vogelschar.

Das Projekt des Europäischen Zooverbands, der die Bartgeier züchtet, läuft seit Juni 2021. Der Landesbund für Vogelschutz kümmert sich zusammen mit dem Nationalpark Berchtesgaden darum, dass die Jungvögel ausgewildert werden. Die ersten Vogelmädchen waren "Wally" und "Bavaria". Leider müssen die Vogelschützer Rückschläge verkraften: Ende Mai 2022 wurde bekannt, dass Wally tot ist. Es kommt öfter vor, dass Jungtiere - wie die 13 Monate alte Wally - sterben. Sind Bartgeier erst mal "aus dem Gröbsten raus", können sie über 30 Jahre alt werden. Doch Bavaria hat schon wieder Gesellschaft bekommen. Im Juni 2022 sind zwei weitere Jungvögel - "Dagmar" und "Recka" - aus der spanischen Aufzucht-Station in die Felsnische im Nationalpark eingezogen und sollen wieder unter Beobachtung das Fliegen lernen. Ende Mai 2023 kommen wieder zwei Jungvögel dazu.

Das Auswilderungsprojekt: Mehr Geier für Bayern!

Lebensraum

Der Bartgeier lebt am liebsten im Gebirge oberhalb der Baumgrenze. Die Vögel sind aber an vielen Orten auf der Welt zu finden: von Nordafrika über Spanien, Italien, die Alpen bis nach Zentralasien. Auch im Osten von Afrika kommen sie vor. Bartgeier sind außerdem Standvögel: Im Gegensatz zu Zugvögeln bleiben sie auch den Winter über in ihrem Gebiet.

Anna will mehr über den größten Greifvogel Europas wissen und besucht Hans in der Eulen- und Greifvogelstation Haringsee in Österreich.

Nachwuchs

Bartgeierpaare bleiben nach Möglichkeit ein Leben lang zusammen.

Bartgeier legen zwar zwei Eier, allerdings überlebt immer nur eines der Jungtiere: Das zweite ist eine Art Absicherung. Die Eltern ziehen immer nur ein Junges auf: das stärkere drängt das schwächere aus dem Nest.

Steckbrief Bartgeier

Lateinischer Name: Gypaetus barbatus
Deutscher Name:
Bartgeier - wegen der Federn an seinem Schnabel, die wie ein Ziegenbart aussehen.
Größe:
circa 1,25 Meter
Flügelspannweite:
bis etwa 2,95 Meter
Gewicht:
5 bis 7 Kilogramm
Lebensraum:
Gebirge
Alter:
30 - 50 Jahre
Nahrung:
Aasfresser, Vorliebe für Knochen
Jungtiere:
ein Jungvogel pro Jahr, das zweite Ei ist nur als "Sicherheit", falls das ältere Küken die ersten Tage nicht überlebt
Art:
Standvogel (bleibt das ganz Jahr in seinem Gebiet)
Bestand:
potenziell gefährdet


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