Grips


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Mach mit! Übung 5

Stand: 26.10.2011 | Archiv

5. Beantworte die zwei Fragen zur Leseprobe

Aufgabe

Lies den Text und beantworte die Fragen

Nimm Stift und ein Blatt Papier zur Hand. Lies dir die folgende Leseprobe genau durch und beantworte im Anschluss die Fragen.

Die Leseprobe stammt aus dem Krimi "Seegrund" von Michael Kobr und Volker Klüpfel.

In der Nazi-Vergangenheit spielte der Alatsee auch eine Rolle. Welche genau ist nicht geklärt. Es wurden wissenschaftliche und technische Versuche dort gemacht, darüber hinaus gibt es eine Menge Gerüchte und Vermutungen. Im Roman "Seegrund" tritt ein fiktiver (= erfundender) Zeitzeuge auf, der Kluftinger näher an die Gründe des Geschehens am Alatsee bringt.


Lies dir den Text gut durch und beantworte die anschließenden Fragen. Kluftinger trifft Herrn Bartenschlager - einen Zeitzeugen aus der Zeit des Dritten Reiches ...

Leseprobe

Aus "Seegrund":

... "Wie gesagt, wir waren Hütebuben. Ich und der David. Der David war so alt wie ich, also dreizehn. Er war Kriegswaise und bei meinem Onkel und meiner Tante einquartiert über den Sommer. Eigentlich kam er aus Dresden. Wir haben uns nach kurzer Zeit angefreundet und immer zusammen gehütet. Am Anfang hat er mich nicht recht verstanden, mit meinem Dialekt, aber dann ging's immer besser. Beim Onkel und der Tante ging's ihm nicht so gut wie mir - er hat immer im Heu schlafen müssen und nicht so viel zu essen bekommen wie ich. Aber ich wollt mit meinen Eltern reden, ob wir ihn nicht aufnehmen können. Ich komm aus Pfronten, wissen's. In dem Sommer damals war es sehr heiß. Das war 1942. Schon im Juli hatte es an die dreißig Grad. Um uns abzukühlen, sind wir zum Alatsee gegangen. Obwohl die Tante und auch der Onkel uns immer gewarnt haben. Der See ist nicht so ganz geheuer, haben sie gesagt. Und dass es verboten ist, dort hinzugehen. Aber was gibt man als Dreizehnjähriger schon auf solche Warnungen? Wenn überhaupt, haben sie uns damit erst recht neugierig gemacht."

Bartenschlager hielt kurz inne, versenkte seine Stirn in der Hand, seufzte schwer und setzte dann wieder an. Kluftinger kam es vor, als hätte er seit einer Ewigkeit darauf gewartet, jemandem die Geschichte seines Lebens erzählen zu können.

Dann fuhr er fort: "Wir sind schwimmen gegangen, es war später Nachmittag und eigentlich hätten wir längst beim Essen sein sollen. Schließlich haben wir die Zeit vergessen und die Dunkelheit ist aufgekommen. Wir haben schnell zurück gewollt und da sind sie gekommen: Auf der Straße, die vom Weißensee raufführt. Zuerst einige Motorräder mit Beiwagen. Danach Limousinen und schließlich bestimmt fünfzehn Lastwägen. Wir haben unseren Augen nicht getraut. Aber wir haben ja nach Hause müssen, schließlich war es schon dunkel. Wir haben uns geschworen, gleich am nächsten Morgen nachzusehen, was sie dort machen."

Kluftinger fand es erstaunlich, wie viele Details Bartenschlager nach so langer Zeit doch noch parat hatte. Das ließ ihn in seinen Augen sehr glaubwürdig erscheinen. Er war gespannt, worauf die Geschichte hinauslaufen würde.

"Aber am nächsten Morgen war Sonntag und wir mussten in die Kirche hinunter. Und wie wir zurückgekommen sind, ist ein Mann mit schwarzem, ledernem Mantel hier am Tisch gesessen, genau da, wo Sie jetzt sitzen. Mit meinem Onkel. Nach dem Essen haben die Tante und der Onkel uns zu sich gerufen und uns eingeschärft, wir dürften auf keinen Fall mehr zum See. Unter gar keinen Umständen. Der Mann im schwarzen Mantel hat gesagt, das wäre von nun an Sperrzone. Am Morgen haben sie riesige Apparaturen zum Ufer gebracht. Wie Stelzen oder Stützen für einen Lift, haben wir uns gedacht."
"Die Gestelle von der Kamerafahrt am Seegrund!", sagte Kluftinger, Bartenschlager aber schien ihn gar nicht mehr wahrzunehmen. Wie in Trance redete er weiter: "In den Tagen danach haben wir immer wieder Explosionen gesehen, große Feuerbälle, und es hat so laut gekracht, dass einem fast das Trommelfell geplatzt war. Das hat uns Buben natürlich gefallen damals. Der David, mein Freund, hat unbedingt näher hin gewollt. Er war sich sicher, dass sie einem Buben nichts tun würden, falls sie ihn entdecken würden. Ich war zuerst zu feig damals und habe gesagt, ich bleibe in unserem Versteck im Wald. Aber er hat immer mehr gedrängelt und gesagt, einer muss gehen. Also haben wir Streichhölzer gezogen. Er hat verloren. Deshalb bin ich noch hier und am Leben. Ich hab dem David auf die Schulter geklopft und er ist in Richtung Seeufer verschwunden. Seitdem hat ihn niemand mehr gesehen."
Kluftinger nickte.
"Ich habe es sofort dem Onkel und der Tante gebeichtet. Weil der David schon ein paar Mal versucht hat, abzuhauen, haben sie mir nicht geglaubt. Stattdessen hat mich der Onkel verdroschen und fünf Tage in der Tenne eingesperrt. Weil wir uns nicht an die Regeln gehalten haben. Heute denke ich mir, dass er vielleicht auch Angst hatte. Ich glaube, sie waren auch ganz froh, dass der David weg war. Bei dem Namen war es ja klar, was so geredet worden ist. Warum er nicht woanders hingekommen ist, hat uns im Nachhinein eh gewundert. Vermisst hat ihn jedenfalls keiner. Außer mir. Die Nazis haben ihn kurzerhand umgebracht, da bin ich mir sicher, Herr Oberkommissär!"
... (Herr Bartenschlager offenbart Kluftinger seine Theorien, was damals passiert sein könnte) ...
"Gut. Nummer eins ist eher auf Gerüchte gestützt und vielleicht auch nicht wahrscheinlich: Vielleicht sind Menschenversuche durchgeführt worden, was nicht nur die hohe Sicherheitsstufe, sondern auch das Verschwinden von David erklären würde. Den Alatsee kann man leicht vollkommen abriegeln. Vielleicht hatten diese Versuche auch mit der komischen roten Flüssigkeit zu tun, die im See schwimmt. Wissen Sie, wie man den See hier auch genannt hat? Den blutenden See. Ja, da schauen Sie. Und da sind wir gleich bei der zweiten Möglichkeit."
Bartenschlager redete ohne Luft zu holen.
"Die lautet nämlich, dass mit dieser rötlichen Flüssigkeit im See für biologische Massenvernichtungswaffen geforscht worden ist. Es gibt auch noch andere Gerüchte, aber die kommen nicht von mir. Fest steht, dass der See ein Geheimnis hat. Haben Sie gewusst, dass, gleich nachdem der Krieg verloren war und die Nazis nichts mehr zu sagen hatten, die Amis wieder alles abgesperrt haben? Was haben die gesucht? Herr Oberkommissär, wenn Sie das aufklären, das wäre eine Sensation. ...

... Bartenschlager blieb sitzen, während sich Kluftinger und Steinle von ihm verabschiedeten. Beim Hinausgehen fiel Kluftingers Blick noch einmal auf die Blätter, die an der Wand hingen. Neben Zeitungsartikeln und Fotos hingen da auch seltsame Skizzen. An einer blieb Kluftingers Blick etwas länger haften. Sie schaute nur zum Teil unter ein paar anderen Zetteln heraus. Er wollte schon weitergehen, da erstarrte er. Auf einmal schoss ihm das Blut in den Kopf, seine Schlä­fen pochten. Er machte auf dem Absatz kehrt, rempelte Steinle an, der dicht hinter ihm ging, und schob aufgeregt die anderen Blätter bei­seite. Tatsächlich! Der Kommissar riss die Zeichnung von der Wand und knallte sie vor Bartenschlager auf den Tisch.

"Was ist das?", rief er und deutete zitternd auf das Blatt. Es zeigte dasselbe Symbol, wie das, das der unbekannte Taucher in den Schnee gemalt hatte.

Bartenschlager verstand die plötzliche Aufregung des Polizisten nicht. Ruhig nahm er die Bleistiftzeichnung und sagte: "Ja, das habe ich mich oft gefragt, Herr Kommissär. Ich kann Ihnen nicht genau sagen, was es ist. Im Laufe der Jahre bin ich immer wieder auf dieses Zeichen gestoßen. Immer dann, wenn ich wieder in einer Sackgasse gelandet bin. Die Mauer des Schweigens, auf die ich immer wieder gestoßen bin, die trägt dieses Zeichen, wenn Sie so wollen. Halten Sie die Augen auf, dann werden Sie es auch sehen." ...

Frage 1

Hier mischen sich Realität und Fiktion. Fast alles, was Herr Bartenschlager Kluftinger erzählt, wurde genauso von Zeitzeugen wirklich berichtet. Obwohl viel davon wahr ist, wirft auch diese Wahrheit Rätsel auf. Welchen Effekt hat es, solche Elemente in einen Roman einzubauen?

Notiere dir die Buchstaben der korrekten Lösungen. Hier die Auswahl:

a) Der Leser fühlt sich durch die wahren Begebenheiten berührt, sein Interesse wird geweckt.

b) Man erhält Informationen, die interessant sind und zum Nachdenken anregen.

c) Reale Begebenheiten in einem Roman verwirren eher, als dass sie interessant wirken.

d) Die wahren Begebenheiten sind in diesem Fall ein zusätzlicher Gruselfaktor - was Herr Bartenschlager erzählt ist ziemlich unheimlich.

e) Die Spannung wird erhöht, weil man als Leser wissen möchte, ob diese Geschichte zur Lösung des Kriminalfalles beiträgt.

Notiere dir die richtigen Aussagen, in der entsprechenden Reihenfolge.

Antwort 1

Richtig sind:

a) Der Leser fühlt sich durch die wahren Begebenheiten berührt, sein Interesse wird geweckt.

b) Man erhält Informationen, die interessant sind und zum Nachdenken anregen.

d) Die wahren Begebenheiten sind in diesem Fall ein zusätzlicher Gruselfaktor – was Herr Bartenschlager erzählt ist ziemlich unheimlich.

e) Die Spannung wird erhöht, weil man als Leser wissen möchte, ob diese Geschichte zur Lösung des Kriminalfalles beiträgt.

Frage 2

Was erzählt Herr Bartenschlager Kluftinger? Bringe die folgenden Aussagen in die richtige Reihenfolge und notiere sie.

a) Seine Neugier kostete Bartenschlager's Freund das Leben.

b) Auch die Amerikaner riegelten den See bis 1957 für die Öffentlichkeit ab.

c) Bartenschlager war ein Hütebub und der Alatsee war ihm gut bekannt durch seine Arbeit.

d) Die Nazis machten den See zur Sperrzone, sie fuhren unbekannte Dinge in Lastwagen dort hin.

e) Bartenschlager hat verschiedene Theorien entwickelt, was der Grund für die Sperrzone am Alatsee gewesen sein könnte.

Antwort 2

c = a) Bartenschlager war ein Hütebub und der Alatsee war ihm gut bekannt durch seine Arbeit.

d = b) Die Nazis machten den See zur Sperrzone, sie fuhren unbekannte Dinge in Lastwagen dort hin.

a= c) Seine Neugier kostete Bartenschlager's Freund das Leben.

b = d) Auch die Amerikaner riegelten den See bis 1957 für die Öffentlichkeit ab.

e = e) Bartenschlager hat verschiedene Theorien entwickelt, was der Grund für die Sperrzone am Alatsee gewesen sein könnte.


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