Gesundheitstag


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Kinder, Ernährung, Übergewicht Kinder sollen Wasser trinken

Jedes Kind in Deutschland trinkt durchschnittlich einen halben Liter gezuckerte Getränke pro Tag. Professor Berthold Koletzko, Stoffwechselexperte der Universitäts-Kinderklinik München warnt: Die Zahl übergewichtiger Kinder ist dramatisch gestiegen (, zuckerhaltige Getränke sind einer der wichtigsten Ursachen dafür. Mögliche Folgen für die Gesundheit und sogar die Lebenserwartung sind gravierend.) Er rät Eltern dringend: Kinder sollen Wasser trinken.

Von: Bernd Thomas

Stand: 20.10.2019 | Archiv

Kinder sollen Wasser trinken | Bild: colourbox.com

Kinder und Jugendliche lieben gesüßte Getränke wie Limos oder Energydrinks. Aber die sind tückische Dickmacher und werden oft zur gefährlichen Falle. Denn nur zu leicht werden Kinder und Jugendliche dadurch übergewichtig, meist sogar lebenslang. Die aktuellen Zahlen sprechen für sich.

"Die Häufigkeit von Übergewicht und Adipositas bei Kindern und Jugendlichen hat in den letzten 40 Jahren um mehr als das Achtfache zugenommen! Das hat enorme Konsequenzen für die Gesundheit der betroffenen Kinder. Eine im letzten Jahr publizierte Analyse von elf internationalen Studien kommt zu dem Ergebnis, dass ein regelmäßiger Konsum zuckerhaltiger Getränke für etwa ein Fünftel des Risikos der Fettleibigkeit im Kindes- und Jugendalter verantwortlich ist."

Professor Dr. med. Berthold Koletzko, Stoffwechselexperte der Universitätskinderklinik München und Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit

Zuckerhaltige Getränke: eigenständiger Risikofaktor

Inzwischen zeigen Studien eindeutige Zusammenhänge von Zuckerkonsum und Zahnerkrankungen wie Karies. Aber wie gravierend sich ein täglicher, scheinbar normaler Konsum gesüßter Getränke auf die Gewichtszunahme und damit auf die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen auswirkt, das wird von vielen Eltern kaum wahrgenommen und dramatisch unterschätzt. Zu den zuckerhaltigen Getränken zählen neben gesüßten Tees oder Eistees, Fruchtsäfte, Fruchtnektare, sogar Fruchtsaftschorlen und natürlich vor allem Soft- und Energydrinks. Sie enthalten pro Glas (250 ml) oft sieben Würfelzucker, manchmal sogar noch mehr. Die Stiftung Kindergesundheit verdeutlicht das Problem an einem Beispiel.

"Marco ist ein durchschnittlicher deutscher Teenager. Er trinkt durchschnittlich einen knappen halben Liter Cola am Tag. Auch seine Freunde im Alter zwischen 11 und 13 Jahren trinken jeden Tag durchschnittlich 0,45 Liter Cola, Limo oder ein anderes zuckerhaltiges Getränk. Das bedeutet durchschnittlich 1.260 Kalorien pro Woche. Klingt eigentlich nicht nach besonders viel, ist es aber: Würde Marco statt Cola einfach nur Wasser trinken, wäre er schon nach 2,8 Wochen ein ganzes Pfund schlanker."

Stiftung Kindergesundheit

Wasser: gesunder Durstlöscher, den Kinder gerne trinken

Fast überall hierzulande kommt Trinkwasser direkt aus dem Hahn. Es ist gesundheitlich meist strenger kontrolliert als viele Mineralwasser. Wasser löscht bestens den Durst und hat keine einzige Kalorie. Wichtig ist, so Professor Koletzko, dass Kinder schon von klein auf daran gewöhnt werden, Wasser zu trinken. Zuckerhaltige Getränke sollten nur die Ausnahme sein. Und natürlich müssen, damit die Kinder mitmachen, Eltern mit gutem Beispiel vorangehen. So gewöhnen sich problemlos auch die Kleinsten ans Wassertrinken. Das klappt übrigens nicht nur in den eigenen vier Wänden.

Wasserspender in Kitas und Schulen: Erfolgreiche Prävention

Ein Beispiel dafür ist das Kindergartenprogramm TigerKids der Stiftung Kindergesundheit. Darin werden in Kitas Trinkstationen eingerichtet, an der Wasser und zuckerfreie Tees angeboten werden. Außerdem können sich die Kinder selbst Teller mit Obst und Gemüse zubereiten. Schon nach kurzer Zeit wird es für die Kinder zur selbstverständlichen Gewohnheit, regelmäßig Wasser zu trinken und auch Gemüse und Obst zu essen. Ein weiterer positiver Effekt: Selbst zu Hause geht der Konsum gezuckerter Getränke messbar zurück.

Auch die in Nordrhein-Westfalen durchgeführte TrinkFit-Studie zeigt eindrucksvoll die positiven Auswirkungen des Wassertrinkens. Allein die Aufstellung von Wasserspendern führte dazu, dass Kinder weniger zuckerhaltige Getränke und mehr Wasser tranken. Schon nach einem Schuljahr war die Häufigkeit von Übergewicht um 31 Prozent geringer als in den Kontrollschulen.

Prof. Berthold Koletzko rät Eltern deshalb dringend, Kinder Wasser trinken zu lassen und grundsätzlich auf deren Gewicht zu achten. Denn obwohl viele Eltern hoffen, dass sich das Problem Übergewicht spätestens in der Pubertät wieder auswächst, stimmt das leider nicht.

"Leidet ein Kind oder ein Jugendlicher unter Adipositas, wird sich sein Gewicht später in aller Regel nicht wieder normalisieren. Ein dickes Kind wird nicht schlank. Oder anders gesagt: Aus dicken Kindern werden in aller Regel dicke Erwachsene."

Professor Dr. med. Berthold Koletzko, Stoffwechselexperte der Universitätskinderklinik München und Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit

Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen: Gefährlicher als Krebs?

Rund jedes sechste Kind in Deutschland ist übergewichtig, rund sechs Prozent sogar adipös, also krankhaft fettleibig. Die Folgen können drastisch sein: von Diabetes, Bluthochdruck, Herzinfarkt und Schlaganfall über Leberzirrhose, Erkrankungen des Muskel- und Skelettsystems und bestimmte Krebsarten bis hin zu psychischen Belastungen, einer beeinträchtigten Leistungsfähigkeit und Depressivität.

Außerdem belegen aktuelle Untersuchungen, dass bei stark übergewichtigen Kindern in den kommenden vier Lebensjahrzehnten das Risiko zu versterben bis zu fünfmal höher liegt als bei normalgewichtigen Kindern. Zu viel Gewicht wirkt sich später auch auf die Lebenserwartung insgesamt aus.  

"Übergewicht bei jungen Erwachsenen verkürzt deren Leben statistisch um 2,5 Jahre, bei einer leichten Fettleibigkeit um knapp sechs Jahre und bei schwerer Fettsucht sogar sechs bis acht Jahre. Das bedeutet, dass eine schwer ausgeprägte Adipositas das Leben stärker verkürzt als manche bösartige Erkrankung."

Professor Dr. med. Berthold Koletzko, Stoffwechselexperte der Universitätskinderklinik München und Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit.


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