Gesundheitstag


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Zu Hause dehnen und schwingen Tipps: So bleiben Faszien beweglich und geschmeidig

Training für die Faszien – was ist das eigentlich? Und wieso ist es so wichtig? Die Faszien sind das Bindegewebe, das unsere Muskeln umgibt. Jeder kann sie trainieren, selbst zu Hause. Experten und Hobbysportler erklären, wie das funktioniert.

Von: Veronika Keller

Stand: 04.11.2019

Sebastian powert sich gern so richtig aus. Bewegung gehört zu seinem Alltag dazu. Am liebsten macht er Ausdauer- und Krafttraining. Mit Training speziell für die Faszien ist er aber noch nie in Berührung gekommen. Die Faszien, das ist das muskuläres Bindegewebe der Menschen – eine Art Haut, wie sie zum Beispiel bei Geflügelfleisch gut zu sehen ist. Wie eine Hülle umgibt sie die Muskeln.

Faszientraining: großes Potenzial für die Gesundheit

Der Biologe Dr. Robert Schleip hat sich auf die Erforschung dieses Gewebes spezialisiert und sieht dort ein großes Potenzial. Lange seien die Faszien in der Anatomie vernachlässigt worden, sagt er.

"Jetzt nach und nach entdeckt man, dass das viele wichtige Aufgaben für unsere Gesundheit erfüllt. Sie halten eigentlich alles zusammen. Ohne die Faszien wüsste die Leber nicht, wo ihr Platz ist. Die Muskeln könnten ihre Kraft auch nicht wirklich aufs Skelett übertragen."

Dr. biol. hum. Robert Schleip, Faszienforscher

Weniger Verspannungen im Alltag

Das Gewebe, das man früher nur tasten konnte, lässt sich heute sichtbar machen. Und der Hype, den es gerade um dieses dünne Gewebe  gibt, ist groß. Vor allem auf die Faszienrolle als Trainingsgerät schwören Sport- und Lifestyle-Gurus. Hobbysportler Sebastian will es ausprobieren. Der Fitnesstrainer Andreas Hiemeyer hat sich auf Faszientraining spezialisiert und zeigt Sebastian, worauf es ankommt.

"Wenn Du regelmäßig mit Faszientraining arbeitest, dann werden die Muskeln geschmeidiger, der Muskelapparat wird etwas lockerer,  du arbeitest präventiv gegen Verletzungen vor. Dadurch hast du auch mehr Bewegungsfreiheit, die Gelenke können sich im Alltag besser bewegen und generell neigst du weniger zu Verspannungen."

Andreas Hiemeyer, Faszientrainer

Faszienrolle presst Flüssigkeit aus dem Gewebe

Mit der Faszienrolle und dem eigenen Körpergewicht soll die Flüssigkeit aus dem Fasziengewebe herausgepresst werden. Das saugt sich dann wie ein Schwamm wieder mit frischer Flüssigkeit voll und bleibt so elastisch. Jogger sollten vor allem die Oberschenkelaußen- und -vorderseite bearbeiten.

"Es ist normal, dass es am Anfang ein bisschen wehtut, aber es wird besser und besser. Wichtig ist, dass man nicht über die Gelenke rollt, sondern über die Muskeln."

Andreas Hiemeyer, Faszientrainer

Wichtige Faszien: Physiotherapeuten gut bekannt

Während die Faszien in der Sport- und Lifestyle-Szene recht neu und angesagt sind, sind sie Physiotherapeuten wie Sabine Kollmuß schon lange bekannt. Das Gewebe wird auch "Myofasziales System" genannt.

"Viele Patienten, die mit Beschwerdebildern am Bewegungsapparat zu uns kommen, also mit Rückenschmerzen, Tennisarm, Hüftbeschwerden, Knieproblemen, da haben wir gute Möglichkeiten, dem Patienten zu helfen."

Sabine Kollmuß, Physiotherapeutin

Ihre Patientin Beate Nirschel hatte nach einem Bandscheibenvorfall starke Rückenbeschwerden. Sie sitzt beruflich viel am Schreibtisch, für Sport ist oft keine Zeit. Gegen ihre Schmerzen und die Taubheitsgefühle im Bein hilft ihr die Behandlung von Sabine Kollmuß. Nach ausführlicher Analyse wendet sie Handgriffe an, die verfilzte Faszien wieder elastisch machen sollen.

Faszientraining für zu Hause

Auch zu Hause können Patienten ihre Faszien pflegen und elastisch halten. Sabine Kollmuß empfiehlt, Dehnübungen in den Alltag einzubauen, sich zum Beispiel mit ausgestreckten Armen in den Türrahmen zu lehnen, wenn man durch eine Tür geht. Am besten nicht erst dann, wenn man bereits Schmerzen hat, sondern schon früher, um seinem Körper Gutes zu tun.


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