Gesundheitstag


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Therapie ohne Nebenwirkungen Sport bei Diabetes

Diabetes ist zur Volkskrankheit geworden. Ursachen: falsche Ernährung und zu wenig Bewegung. Dabei kann Sport und eine gesunde Ernährung verhindern, dass altersbedingte Diabetes überhaupt entsteht. Aber auch für bereits Erkrankte gilt: Bewegen hilft!

Von: Kai Schubert

Stand: 26.07.2010 | Archiv

Abnehmen, Diät, Ernährung | Bild: BR/Julia Müller

Früher nannte man ihn Alterszucker, den Diabetes Typ II. Denn früher waren davon vorwiegend auch ältere Menschen betroffen. Heute dagegen trifft diese Form der Zuckerkrankheit immer häufiger auch Menschen im mittleren Lebensalter. Diabetes ist zur Volkskrankheit geworden. Dafür gibt es zwei gravierende Ursachen: falsche Ernährung und zu wenig Bewegung.

Unterschieden wird der "Altersdiabetes" von der "juvenilen Zuckerkrankheit" (Diabetes Typ I). Bei dieser kommt es meistens schon im Kindesalter zu einem Untergang der Insulin produzierenden Zellen. Insulin aber ist wichtig für den Transport von bestimmten Zuckerarten (insbesondere Glucose) zwischen Blut und Zellinnerem. Ohne Insulin verbleibt der Zucker - vereinfacht dargestellt - im Blut. Darin kann dann ein erhöhter Zuckerspiegel nachgewiesen werden.

Beim Typ II Diabetes sind die Insulin produzierenden Zellen zunächst intakt. Durch veränderte Vorgänge im Gesamtstoffwechsel aber kommt es dazu, dass die Zellen immer unempfindlicher auf Insulin reagieren (Insulinresistenz). Gerade bei übermäßiger Zuckerzufuhr treibt das die Bauchspeicheldrüse an, immer mehr Insulin zu produzieren, um den Zuckerspiegel im Normbereich zu halten. Über Jahre hinweg mag das funktionieren, doch irgendwann sind die Insulin produzierenden Zellen "erschöpft". Folge: Sie schütten weniger - und irgendwann zu wenig - Insulin aus. Dadurch steigt der Blutzuckerspiegel. Werden dann "alte Ernährungsgewohnheiten" beibehalten, nämlich vor allem zuckerreiche Kost, wird es dramatisch. Darum steht eine "Diabetes-Diät" an oberster Stelle der Therapie. Doch sie teilt sich diese "Spitzenposition" mit einer weiteren Behandlungsmöglichkeit: mit Bewegung.

Oberstes Ziel ist Gewichtsabnahme

Fast alle Typ II Diabetiker sind bei Erkrankungsbeginn übergewichtig. Man weiß heute, dass die vermehrte Anzahl von Fettzellen - und die vermehrte Fettmasse - Substanzen freisetzt, die für die "Insulinresistenz" in hohem Maße mit verantwortlich sind. Primäres Therapieziel ist also: Weg mit dem Fett! Und dafür gibt es zwei Wege: Diät halten und mehr bewegen.

So wird klar, dass zwischen Sport und Diabetes eine "bilaterale Beziehung" besteht. Zum einen ist zu wenig körperliche Aktivität ursächlich mitverantwortlich für die Entstehung dieser Erkrankung - die häufig nicht allein den Zuckerstoffwechsel betrifft. Allzu oft ist Diabetes Typ II vergesellschaftet mit Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen und eben Übergewicht. Man spricht dann vom "Metabolischen Syndrom".

Umgekehrt folgt, dass erhöhte körperliche Aktivität (Sport) eine kausale Behandlungsmöglichkeit für Diabetes Typ II und das Metabolisches Syndrom darstellt. Kombiniert mit einer Ernährungsumstellung kann dadurch eine Gewichtsabnahme bewirkt werden, eine Reduktion der Fettmasse im Körper - und dadurch wiederum eine Abnahme der Insulinresistenz fördernden Faktoren. Außerdem werden allgemein Stoffwechselprozesse angeregt, ebenso das Herz-Kreislauf-System trainiert.

Sport zur Prävention - und als Behandlungsmethode

Damit wird klar, dass ein wichtiges Augenmerk auf der Prävention liegen sollte. Bestenfalls kann Sport nämlich verhindern, dass ein klinisch relevanter Typ II Diabetes (bzw. ein Metabolisches Syndrom) überhaupt entsteht. Wer früh genug anfängt, regelmäßig aktiv zu sein - und dabei sinnvoll auf seine Ernährung achtet - kann verhindern, zuckerkrank zu werden.

Doch es ist nie zu spät, mit dem Training zu beginnen. "Man kann gar nicht krank genug sein, um seinen Diabetes mit körperlicher Aktivität zu bekämpfen", sagt Prof. Dr. med. Martin Halle, ärztlicher Direktor des Lehrstuhls für präventive und rehabilitative Sportmedizin an der TU München. Das bedeutet: Für den, der bereits zuckerkrank ist, gibt es keine Entschuldigung, nicht mit einem Bewegungsprogramm zu beginnen. Mit jeder Kalorie, die mehr verbrannt als zugeführt wird, verbessert sich die Stoffwechselsituation - und damit die allgemeine Gesundheit.

Vorsicht bei diabetesbedingten Folgeerkrankungen

Allerdings ist eine gewisse Vorsicht angesagt, wenn bereits eine Zuckerkrankheit besteht. Einerseits führt diese oft zu Durchblutungsstörungen und Nervenschäden, auch und vor allem an den Füßen. Daraus folgt eine verminderte Sensibilität - so dass kleine Verletzungen (z. B. Blasen) womöglich gar nicht wahrgenommen werden. Die Verletzungsgefahr (häufig durch schlecht sitzende Schuhe!) ist also deutlich höher als beim gesunden Menschen. Hinzu kommt, dass durch die bestehenden Störungen die Wundheilung eingeschränkt ist - das heißt, wenn erst einmal eine Verletzung da ist, heilt diese auch noch schlechter. Da auch die lokale Immunabwehr gestört ist, kommt es zusätzlich häufiger zu Wundinfektionen. Wer zuckerkrank ist, sollte also unbedingt auf seine Füße achten - besonders beim Sport!

Meiden sollte ein zuckerkranker Mensch auch Sportarten, die mit intensiven Dauer- oder Spitzenbelastungen verbunden sind. Die nämlich können zu einem deutlichen Anstieg des Blutzuckerspiegels führen - schließlich braucht der Körper Energie! Doch bei bestehender Insulinresistenz kommt diese Energie nicht dahin, wo sie wirklich gebraucht wird - in die Zelle nämlich. Außerdem können bei zu intensivem Training Blutdruckspitzen entstehen, die vor allem Menschen mit einem ohnehin erhöhten Blutdruck gefährden können (Metabolisches Syndrom).

Ausdauer stärken, Kraft aufbauen - aber in Maßen!

Buchtipp::

Weitere Informationen für Menschen mit medizinischem Verständnis und Grundwissen:



Martin Halle, Arno Schmidt-Trucksäss, Rainer Hambrecht, Aloys Berg

Sporttherapie in der Medizin

Evidenzbasierte Prävention und Therapie

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Empfohlen wird daher ein moderates Ausdauertraining, kombiniert mit einem moderaten Krafttraining - das aber regelmäßig und konsequent. Schnelle Erfolge sind nicht das Ziel, sondern die langfristige Verbesserung der körperlichen Gesamtsituation. Und das sollte grundsätzlich unter ärztlicher Kontrolle - bzw. mit ärztlicher Beratung - geschehen. Sport nützt beim Diabetes wie bei fast keiner anderen Erkrankung, aber nur, wenn er richtig eingesetzt wird.


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