Franken - Zeitgeschichte

Thema Grundig

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Porträt Max Grundig Der Vater des "Heinzelmanns"

Max Grundig gilt als Symbol für unternehmerischen Geist und Inbegriff des deutschen Wirtschaftswunders. In Fürth baute er seinen Weltkonzern auf. Die Verbundenheit mit dem nicht immer einfachen Franken lebt in Fürth und Nürnberg weiter.

Stand: 12.04.2013 | Archiv

Grundig schafft es aus der Armut einer Nürnberger Arbeiterfamilie zum Milliardär. Er wurde 1908 in Nürnberg geboren. Schon als Jugendlicher lötete er daheim Radiogeräte zusammen. Mitten in der Weltwirtschaftskrise wagte er den Sprung in die Selbständigkeit und gründete in Fürth sein erstes Radiogeschäft. Hier begann er auch mit der Fertigung von Transformatoren. Weil er im Krieg für die Wehrmacht produzierte, war mit dem Einmarsch der Amerikaner vorerst Schluss.

Aufstieg zum Weltunternehmen

Grundig-Röhrenradio aus den 1950er-Jahren

Der Bastler Grundig besaß nicht nur technisches, sondern auch kaufmännisches Talent. Der legendäre "Heinzelmann" verschaffte ihm 1946 den Durchbruch: Mit dem preiswerten Radio-Baukasten umging er das Verkaufsverbot für Radiogeräte. Bis in die 1970er-Jahre hinein ging es stetig bergauf. Technisch war Grundig immer vorn dabei. In der Blütezeit beschäftigte er weltweit fast 40.000 Menschen.

1961: Der "Solo-Boy" von Grundig war kleiner als eine Zigarettenschachtel und damit das kleinste Radio seiner Zeit.

Der Unternehmer war streng und forderte seinen Führungskräften einiges ab, wie sich seine rechte Hand, Chefsekretär Rolf Heinlein, erinnert: "Der kannte oft die Unterlagen besser als der Verkaufsdirektor, der Finanzdirektor oder sonst wer." Er habe sich stets gut vorbereitet und einen Fragenkatalog aufgestellt und dann abgefragt. "Und wehe, wenn einer seine Zahlen nicht kannte", erzählt Rolf Heinlein weiter. Da sei manchmal der Schauspieler durchgekommen: "'I konn Ihna des aus'm Kopf sagen. Sie haben da und da bei diesem Gerät soundsoviel auf Lager. Sie kriegen noch 5.000 aus der Fertigung und verkaufen in der Woche 52 Stück. Wie lange wollen's denn noch verkaufen?" zitiert Heinlein seinen früheren Chef.

Grundig gerät ins Schlingern

Max Grundig 1981

Ende der 70er-Jahre begann der Niedergang des Elektronikriesen. Die Gründe waren vielfältig.

Zum einen warfen japanische Hersteller gigantische Mengen an billiger Unterhaltungselektronik auf den Markt. Zum anderen brachte eine technische Fehlentscheidung den Franken ins Schlingern: Im noch jungen Segment der Videorekorder brachte Grundig gleich fünf untereinander inkompatible Formate heraus. 1981 machte Grundig erstmals Verluste. Der Chef stand vor dem Aus.

Abschied mit weinendem Auge

Ende 1983 schied Max Grundig schließlich aus seinem Unternehmen aus. Für ihn eine schmerzliche Niederlage, erklärte er in einem BR-Interview: "Wenn Sie ein Leben lang – oder zumindest die letzten 50 Jahre – jeden Tag hart gearbeitet haben, oft auch am Samstag und  Sonntag – dann fällt es nicht leicht, nach einem Abschied, den ich ja von der Grundig AG genommen habe, aus reinen Vernunftgründen ohne Arbeit zu sein." Den endgültigen Niedergang von Grundig erlebt der Firmengründer nicht mehr. 1989 stirbt Max Grundig im Alter von 81 Jahren in Baden Baden.

Grundig wird zerschlagen

Philips-Konzernchef Wisse Decker (l) und Max Grundig besiegeln 1984 die Übernahme.

1984 fusionierte Grundig mit dem niederländischen Elektrokonzern Philips. Doch das Grundig-Unternehmen konnte sich nie mehr so ganz erholen. 1998 stieß Philips seine Tochter ab und verkaufte Grundig an Kathrein. Im Herbst 2002 spitzte sich die Situation weiter zu: Wegen hoher Verluste gewährten die Banken keine Kredite mehr. Grundig musste 2003 Insolvenz anmelden. Der Konzern wurde zerschlagen. Der Elektronikbereich ging für 80 Millionen Euro hauptsächlich an den türkischen Elektronikhersteller Beko. Weitere Kernbereiche wie Autoradios, Satellitensysteme oder Mauterfassungssysteme wurden von anderen Konzernen übernommen.

"Herr Grundig, was mach mer jetzt?"

"Meine Leute kamen und sagten: 'Herr Grundig, wir haben jetzt die ganzen Jahre treu und anständig zu Ihnen gestanden. Wir sind jetzt ohne Arbeit. Wir sind verheiratet, wir haben Kinder, was machen mer? Hätten Sie nicht Möglichkeiten und Vorschläge usw. usf.' Ich hab' gesagt: 'Meine Herren, ganz einfach. Ich hab das Radiogeschäft noch in Fürth. Das machen wir wieder auf und Sie machen da Reparaturen. Sehen wir mal, wie es weiter geht."

Max Grundig in einem alten BR-Interview

Temperamentvoll

Gefiel Max Grundig ein Vorschlag seiner Techniker nicht, flog ein Prototyp schon mal aus dem Fenster. Doch die Sekretärin Katrin Haas kennt auch andere Seiten des strengen Patriarchen: "Max Grundig fuhr im Aufzug. Als er einen jungen Mann sieht, der keine Uhr anhat, sagt er: 'Ja, Burschi, du hast ja gar keine Uhr an.' Da sagt der junge Mann: 'Ich kann mir auch keine leisten.' Da nimmt Max Grundig seine Uhr ab und schenkt sie dem jungen Mann."

Grundig litt unter den Entlassungen

Der ehemalige Pressesprecher, Karl-Heinz Schmidt, erinnert sich: "Das Schlimmste war eigentlich, als Max Grundig dann die ersten Entlassungen vornehmen musste." Jede einzelne Freistellung habe er mit einem Tropfen Herzblut gebüßt. "Das war ihm anzumerken. Aus diesem inneren Druck heraus kochten die Emotionen hoch. Da wurde er dann auch manchmal laut, ausfällig und auch mal ungerecht."


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