Franken - Kultur


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Geplatzte Eingemeindung Warum Fürth nicht zu Nürnberg kam

Beinahe hätte die Stadt Nürnberg vor 90 Jahren Fürth geschluckt: Der Fürther Stadtrat stimmte für eine Eingemeindung. Ein streitbarer Stadtpfarrer und einige treue Fürther verhinderten die "Zwangshochzeit" aber im letzten Moment.

Stand: 23.01.2012

Rathaus in Fürth | Bild: BR-Studio Franken/Frank Staudenmayer

"Lieber Fünfter als Fürther" oder "Wer nix wird, wird Wirth in Fürth" - die Frotzeleien zwischen Nürnberg und Fürth sind weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. Der Ausgangspunkt für diesen Zwist liegt lange zurück: Als nämlich die Stadt-Oberen planten, die Städte zusammenzulegen - zuletzt vor 90 Jahren. "Weil man meinte, wenn sich beide Städte zusammentun, könnte man die wirtschaftlichen Probleme nach dem 1. Weltkrieg besser lösen", erklärt die Fürther Historikerin Barbara Ohm.

Das ging vielen Fürthern dann doch zu weit und sie organisierten einen aktiven Widerstand. So wurde der "Verein zur Wahrung der Interessen der Stadt Fürth - Treu Fürth" gegründet.

"Das muss man sich mal vorstellen: Die Fürther organisierten sich gegen ihren Stadtrat und den eigenen Oberbürgermeister."

Fürther Historikerin Barbara Ohm

Gründer und Vorsitzender des Vereins "Treu Fürth" war der damalige Stadtpfarrer Paul Fronmüller. Als im Dezember 1921 der damalige Stadtrat für die Eingemeindung Fürths stimmte, machte sich der Pfarrer die neu eingeführte Demokratie der Weimarer Republik zu Nutze und initiierte eine Volksabstimmung - eine der ersten in der Weimarer Republik. Das Ergebnis war eindeutig: 65 Prozent der Fürther sprachen sich bei der Abstimmung am 22. Januar 1922 gegen eine Eingemeindung. Der Fürther Stadtrat legte die Pläne daraufhin zu den Akten. Der Pfarrer ging als "Erzengel von St. Michael" in die Geschichte ein.

A große Schand' - aber blos a weng

Das Hin und Her um die Kleeblattstadt haben aber weder die Fürther noch die Nürnberger vergessen: Die Rivalität ist geblieben. Es gibt aber auch Menschen, die die Stadtgrenze überwinden, und das ganz freiwillig. Wie Klaus Schicker, der in Nürnberg geboren ist und diese Stadt auch liebt. Bis er dann seine große Liebe und spätere Frau kennengelernt hat: Sie wohnte in Fürth - und dorthin hat's nun auch ihn verschlagen - und fühlt sich dort seither wohl. Auch wenn das einer seiner damaligen Kollegen nicht verstehen konnte: Ein Verbrechen sei es ja grad nicht, wenn er nach Fürth zieht, aber eine große Schand'"

"Es ist gut, dass die Nürnberger ihre Identität in Nürnberg haben und die Fürther in Fürth."

Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD)

Man ergänzt sich so gut

Und so gehen die Frotzeleien weiter. Aber eines hat Historikerin Barbara Ohm noch herausgefunden: "Wir Fürther gehen ja gern nach Nürnberg zum Einkaufen und die Nürnberger gehen gern nach Fürth ins Theater - und man braucht sich ja irgendwo. Und das Schöne ist, dass jede Stadt anders ist und man sich ganz gut ergänzen kann." Und auch Fürths Oberbürgermeister Thomas Jung (SPD) zeigt sich versöhnlich: Fürth habe in der Region zu einer selbstständigen Stadt heranwachsen können und fühle sich heute neben Nürnberg sehr wohl, sagte er bei einer Jubiläumsfeier der verhinderten Verschmelzung beider Kommunen.

"Aus purer Rivalität hat sich auch viel Gemeinsinn entwickelt."

Fürths Oberbürgermeister Thomas Jung (SPD)


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