Franken - Kultur


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Kasha Jacqueline Nabagesera Wenn Engagement das Leben kosten kann

Den zehnten Menschenrechtspreis verleiht die Stadt Nürnberg an Kasha Jacqueline Nabagesera aus Uganda. Die junge Frau setzt sich für die Rechte von Lesben und Schwulen in ihrem Land ein – ein lebensgefährliches Engagement.

Von: Christian Schiele

Stand: 28.09.2013

Amnesty-Poster gegen Anti-Homosexuellen-Gesetzentwurf in Uganda | Bild: picture-alliance/dpa

"Break the Chains" – "Zerreißt die Ketten" lautet die Überschrift auf der Website von "Freedom and Roam Uganda". Gründerin dieser Organisation, deren Name auf Deutsch so viel wie "Freiheit und Freizügigkeit in Uganda" bedeutet, ist Kasha Jacqueline Nabagesera. Die 33-Jährige setzt sich seit zwölf Jahren für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transsexuellen in ihrer Heimat ein, die dort bedroht und misshandelt werden.  

Lebenswichtiges und lebensgefährliches Engagement

Nabageseras Engagement ist lebenswichtig, aber auch lebensgefährlich. Seit sie öffentlich im Radio und Fernsehen auftritt, wird Nabagesera in ihrer Heimat verfolgt. Ständig müsse sie Wohnsitz und Identität wechseln, teilt das Nürnberger Menschenrechtsbüro mit.

"Sie zahlt einen hohen Preis, sie ist zahllosen Angriffen ausgesetzt."

Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly über Kasha Jacqueline Nabagesera

Zeitung titelt: "Hängt sie auf"

Höhepunkt der Verfolgung war 2010. In diesem Jahr veröffentlichte eine ugandische Zeitung Namen und Fotos von Menschen mit dem Hinweis, sie seien homosexuell. Die Überschrift des Artikels lautete: "Hängt sie auf". Auch Kasha Nabagesera wurde darin genannt. Sie zog gegen diese Veröffentlichungen vor Gericht.

Mitstreiter ermordet

Einer ihrer Mitstreiter, David Kato, forderte nach der Veröffentlichung ein Ende der Diskriminierung. Er wurde kurze Zeit später vor seinem Haus erschossen. Die Polizei nahm zwar einen mutmaßlichen Täter fest. Ob das Motiv tatsächlich Homophobie war, also Feindseligkeit gegenüber Homosexuellen, ist nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Amnesty International allerdings umstritten. Unabhängig davon kommt es in Uganda nach Angaben des Nürnberger Menschenrechtsbüros immer wieder zu Übergriffen auf Homosexuelle.

"Unsere Entscheidung soll nicht als erhobener Zeigefinger gegenüber dem afrikanischen Kontinent verstanden werden, sondern als weltweite Aufforderung, noch stärker für die Rechte sexueller Minderheiten einzutreten."

Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD)

Alltägliche Diskriminierung von sexuellen Minderheiten sei immer noch ein weltweites Phänomen, so Maly. So stünden die Rechte Homosexueller in Frankreich, in Russland, aber auch bei uns immer wieder zur Debatte. Der Stadt Nürnberg geht es beim Menschenrechtspreis aber auch darum, Menschen auszuzeichnen, die noch nicht im Rampenlicht stehen. "Wir sind auf der Suche nach sogenannten hidden heroes, also nach bislang noch relativ unbekannten Helden", sagt Martina Mittenhuber, Leiterin des Nürnberger Menschenrechtsbüros.

Zur Person

Kasha Jacqueline Nabagesera

Kasha Jaqueline Nabagesera wurde 1980 in Uganda geboren. Nachdem sie von mehreren Schulen verwiesen worden war, erlernte sie den Beruf der Buchhalterin. Anschließend studierte sie Jura mit Schwerpunkt Menschenrechtsgesetzgebung. In den vergangenen Jahren trat sie immer wieder in die Öffentlichkeit, um auf die schwierige Lage vor allem lesbischer Frauen in ihrer Heimat hinzuweisen. Sie hatte den Mut, sich zu diesem Thema im Fernsehen zu äußern und sich damit als eine der ersten homosexuellen Menschen in Uganda öffentlich zu outen. Erst 2011 war Nabagesera in Genf für ihren furchtlosen Einsatz für die Rechte sexueller Minderheiten mit dem renommierten "Martin Ennals Award for Human Rights Defenders" ausgezeichnet worden.

"Bunte Preisverleihung"

In diesem Jahr rechnet die Leiterin des Nürnberger Menschenrechtsbüros mit einer "sehr bunten Preisverleihung", da sich einige Verbände der Schwulen, Lesben, Bisexuellen und Transgender auch an der Gestaltung der Preisverleihung beteiligen werden. Aber nicht nur in den Verbänden ist die Resonanz auf die diesjährige Preisträgerin riesig gewesen. "Wir haben sogar eine Videogrußbotschaft von einer Gruppe homosexueller EU-Parlamentarier bekommen", so Mittenhuber.

Hass gegen Homosexuelle

Es habe aber nicht nur positive Rückmeldungen gegeben. "Leider haben wir sehr viele Briefe und E-Mails bekommen, die auch von Hass gegen Homosexuelle geprägt waren. Da gruselt es einen förmlich", sagt Mittenhuber. All dies zeige aber auch, dass mit der diesjährigen Preisverleihung eine Problematik angesprochen werde, die auch bei uns dringend diskutiert werden müsse.

Die Begründung der Jury

"Schwule und Lesben sehen sich in Uganda mit einem Klima des Hasses und der Gewalt konfrontiert, das sich durch alle Gesellschaftsschichten zieht. Immer wieder kommt es zu Übergriffen", begründet die Jury ihre Entscheidung. "Vor dem Hintergrund der nicht nur in Uganda und Afrika, sondern weltweit verbreiteten Homophobie leistet Frau Kasha Jacqueline Nabagesera mit ihrer Organisation FARUG einen lebenswichtigen, für sie selber lebensgefährlichen Beitrag zum Abbau von Vorurteilen und zur Entkriminalisierung von Homosexualität – hin zu mehr Toleranz."


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