Franken - Kultur


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Grüße und Glückwünsche Dirk Kruse gratuliert Jean Paul

Stand: 02.05.2013 | Archiv

Lieber Schang Baul,

ist Ihnen eigentlich bewusst, welch unseligen Modetrend Sie gesetzt haben, als Sie Ihren deutschen Vornamen Johannes in einen französischen Jean verwandelten? Ich weiß, Sie behaupten, es geschah in guter Absicht und in ehrlicher Bewunderung für Ihren Autorenkollegen Jean-Jacques Rousseau. Doch haben Sie jemals die Folgen Ihrer Frankophilie für Tausende unschuldiger Kinder in Deutschland bedacht, deren Eltern Ihrem Beispiel bei der Namensgebung für den Nachwuchs gefolgt sind?

Nichts gegen André und Geneviève, aber da werden vorne Erwartungen geweckt, die sich mit Weiherlein oder Prechtel hintendran einfach nicht erfüllen lassen. Ganz zu schweigen davon, was Sie mit dieser Mode in Ihrer Heimat Franken angerichtet haben. Sie müssten doch am besten wissen, dass die fränkische Zunge mit ihrer Neigung zu weichen Konsonanten und prälabialem Waffel-L so aparten Namenskombinationen wie Chantal Protzner oder Jean-Pierre Bieringer einfach nicht gewachsen ist.

Deshalb vermute ich ja, dass Sie als Erzkomödiant und hinterfotziger Schnurrendichter, der Sie ohne Zweifel sind, genau diese Wirkung beabsichtigt haben. Vermutlich sitzen Sie gerade auf einer rot-weißen fränkischen Wolke, schlürfen ein bitterbraunes elysisches Bier und klopfen sich vor Lachen auf die Schenkel, wenn irgendwo unten im heimischen Bayreuth mal wieder eine kleine Emanuelle Gschwandner von ihrer Mutter zum Essen gerufen wird. Genau dieserart Späße muss man doch von einem Autor erwarten, der seinen zahlreichen glühenden Verehrerinnen die Locken seines Pudels zukommen ließ, um das eigene Haupthaar zu schonen.

Und dass ausgerechnet dieser humorfreie und trockene Aufklärer Jean-Jacques Rousseau Ihr Idol sein soll, lieber Jean Paul Friedrich Richter, glaube ich Ihnen sowieso nicht. Anders sähe es aus, wenn Sie sich den witzigen und geistreichen Denis Diderot erwählt hätten – der wäre ein Ihnen würdiges Vorbild gewesen. Nur hätte es als Denis Paul mit Ihrer Karriere natürlich nicht so gut geklappt wie mit einem Jean davor.

Ich habe mich übrigens als Autor in diesem Punkt von Ihnen inspirieren lassen, werter Kollege. Nur habe ich den französischen Teil nach hinten verlegt. Doch es geschah ganz gewiss Ihnen zu Ehren, dass mein fränkischer Gentleman-Detektiv Frank Beaufort heißt. Und wenn ich mir in meinen Romanen immer einen kleinen Kurzauftritt als Journalist Kruse erlaube, dann war nicht etwa Alfred Hitchcock mein Vorbild, wie viele meinen, sondern natürlich auch Sie. Wie Sie als Kandidat Richter Ihre Geschöpfe im Roman behelligen, das hat einfach etwas Urkomisches. Danke dafür.

In herzlicher Verbundenheit grüßt und gratuliert

Ihr Dirk Kruse

Dirk Kruse mit einer Selberlebensbeschreibung

Dirk Kruse

Nach Geburt und Schulzeit in Schleswig-Holstein und Ausbildung zum Krankenpfleger bin ich seit 1987 Wahlfranke: Studium in Erlangen (Politologie, Germanistik, Theaterwissenschaft) und seit 1995 in Nürnberg im Studio Franken. Nachrichten schreiben, Sendungen planen und begleiten, Berichte machen – das ist der Job. Besonders gerne bin ich Opern- und Literaturkritiker und moderiere auf BR Klassik Auftakt und Tafel-Confect. Nebenbei bin ich Dozent für Literatur an der Hochschule Ansbach, und Autor von fränkischen Kriminalromanen.


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