Report München


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Abzocke mit Solaranlagen Die Wut der Hausbesitzer

Der Solarboom lockt offenbar immer öfter auch unseriöse Geschäftemacher an. Ihre Masche: Sie verlangen hohe Anzahlungen für günstige Anlagen, die dann aber nur teilweise geliefert werden. Den Schaden tragen die Hauseigentümer.

Von: Ulrich Hagmann, Lisa Wreschniok

Stand: 08.04.2025

Module einer Solaranlage werden eingebaut.  | Bild: dpa-Bildfunk/Marijan Murat

Gmund am Tegernsee. Wolfgang Maurer hat sich für viel Geld eine Photovoltaik-Anlage gekauft. Und die produziert vor allem eines: jede Menge Ärger. 

"Man sieht zum Beispiel hier, da haben sich die Module schon leicht gesenkt, weil zum Teil der Abstand von den Halterungen am Dach bis zu 2 m ist. Auf jeden Fall sind die Abstände von den Halterungen so weit, dass bei einer hohen Schneebelastung wahrscheinlich die nicht standhalten werden."

Wolfgang Maurer

Diese Anlage ist also nicht professionell montiert worden?

"Es sieht so aus. Ich kann das nicht beurteilen, ich konnte auch nicht mit den Leuten reden und die sind auch nie wieder gekommen."

Wolfgang Maurer

Sein Pech: Fachbetriebe vor Ort waren ausgebucht. Wartezeit noch vor kurzem über ein Jahr. Ein Bekannter empfiehlt ihm eine Firma, die im Internet wirbt. Ein Vertreter kommt sofort vorbei. 

"Der hat mich eben so positiv beeindruckt durch seine seriöse Art und durch sein Wissen, dass ich gesagt habe, okay das mache ich."

Wolfgang Maurer

26.000 Euro kostete ihn die Anlage. Als immer mehr Probleme auftauchen, versucht er die Firma zu kontaktieren. Für uns ein letzter Versuch: "Diese Rufnummer ist uns nicht bekannt. Bitte überprüfen Sie die Rufnummer."

Jetzt hat Wolfgang Maurer einen örtlichen Fachbetrieb aus der Gegend gebeten, seine Anlage anzuschauen. Dachmontage, Elektroinstallation - der Fachmann wird ihm später erklären, wie groß der Schaden wirklich ist.

Bestellte Solaranlage nie geliefert

Auch für Hyazinth Styra aus Erding bei München wurde der Traum vom eigenen Solarstrom zum Albtraum. Er hat bereits zwei Solaranlagen gekauft. Die erste wurde ihm nie geliefert!  

"Wir haben eine Firma beauftragt, die uns im Endeffekt betrogen hat. Die haben unser Geld genommen, aber sind hier nie aufgetaucht, um die Photovoltaik zu installieren…"

 Hyazinth Styra

"Das war meine Überweisung, eine der höchsten, die ich je getätigt habe, als ich das Geld auf das Konto der Firma gezahlt habe."

 

Über 17.000 Euro - Die Firma versprach dafür die Installation einer hochwertigen Anlage eines weltweit führenden Herstellers. Das Angebot wirkte seriös. 

"Da war jetzt nichts Verdächtiges zu sehen. Auch einige Referenzprojekte waren da, die man sich anschauen konnte…"

Hyazinth Styra

Der Hersteller nannte die Solarfirma sogar "Fachpartner" auf der eigenen Webseite. Inzwischen distanziert sich der Hersteller von der Solarfima.

"Dann haben wir die Termine bekommen - einmal für das Feinmaß und zwei Tage später sollte die Installation stattfinden und ich saß an dem Tag in der Küche und wartete, dass jemand klingelte, was nicht passierte."

Hyazinth Styra

Stattdessen findet er Beschwerden über die Firma in Verbraucherportalen. Offenbar ist er nicht der Einzige, der abgezockt wurde. Styra geht zur Polizei. Ob die ihm helfen kann?

Zurück in Gmund am Tegernsee.

Elektromeister Thomas Grassinger inspiziert die Photovoltaikmodule auf dem Dach.

Thomas Grassinger; ESS Elektro Solar Service: "Das sieht man ja die Spannweite ist viel zu groß. Wenn wir nochmal so einen Winter haben wie 2018/2019 kann es sein, dass das zusammenbricht."

Wolfgang Maurer: "Mir kommen die Kabel hier ziemlich wild verlegt vor. Kreuz und quer. Ist das normal?" 

Thomas Grassinger, ESS Elektro Solar Service: "Nein, das macht man auf keinen Fall, das sieht man von hier, dass das nicht vernünftig gemacht worden ist."

Wolfgang Maurer: "Da kamen zuerst zwei Iraker, mit denen man sich gar nicht unterhalten konnte. Die waren nett, aber keine Kommunikation."

Und dann gibt es noch das Problem mit der Steuerung: 

"Das Problem, was ich mit der Anlage habe, ist, dass sie sich manchmal einfach ausschaltet, ohne dass ich weiß, warum. Sie schaltet sich dann, wenn ich Glück habe, am nächsten Tag oder übernächsten wieder ein."

Wolfgang Maurer

"Das kann verschiedene Probleme haben, das kann ein Software-Problem sein vom Hersteller, es kann ein Kommunikationsproblem sein von der Batterie zum Wechselrichter. Das kann ein Kommunikationsproblem sein zum Smart-Meter, der wahrscheinlich drin beim Stromzähler irgendwo ist."

Thomas Grassinger; ESS Elektro Solar Service

Wolfgang Maurer ahnt, das könnte noch richtig teuer für ihn werden. 

Pfusch und Betrug mit Solaranlagen

Ärger und sogar Betrug mit Solaranlagen - inzwischen beschäftigen immer mehr solcher Fälle auch die Justiz. In Dresden hat eine Solarfirma ihren Sitz, die zahlreiche Kunden betrogen haben soll. 

Die Staatsanwaltschaft Dresden greift vor wenigen Wochen durch - zusammen mit dem LKA wurde die Solarfirma durchsucht; der Prokurist verhaftet. 

"Aktuell gehen wir davon aus, dass Schäden in Höhe von mindestens 4 Mio. Euro entstanden sind, es ist allerdings davon auszugehen, dass sich dieser Schaden noch erhöhen wird, da sich noch weitere Geschädigte bei uns gemeldet haben. Diesen Hinweisen gehen wir natürlich auch nach."

Jürgen Schmidt, Staatsanwaltschaft Dresden

Wo das Geld geblieben ist - unklar. Der Prokurist der Firma bleibt wegen Fluchtgefahr in Haft. 

Rechtsanwalt Jens Reime vertritt Kunden der Dresdner Solarfirma, die - so der Verdacht - geprellt wurden. Einer seiner Mandaten habe 200.000 Euro verloren. 

"Das ist ein Geschäftsmodell, schnell übers Internet Leute abzocken, zu viel, aufgrund fehlender Regulierung, zu viel Geld von den Leuten nehmen."

Jens Reime, Rechtsanwalt

Hohe Anzahlungen ohne Gegenleistung. So war es auch in diesem Fall. Das Geld - so die Befürchtung - könnte außer Landes gebracht worden sein.

Online ist die Firma offenbar noch aktiv - mit Kontaktformular für Kundenanfragen. Laufen die Geschäfte einfach weiter? Das wollen wir am Firmensitz in Dresden herausfinden. Tatsächlich - ein Mann öffnet. Er bestätigt, dass er für die Firma arbeitet. Mit uns reden möchte er nicht. Auch auf unsere schriftliche Anfrage erhalten wir keine Antwort. 

Zurück in Erding: Hyazinth Styra hat Anzeige erstattet bei der Polizei. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft München.

Staatsanwaltschaft ermittelt

Vor ein paar Tagen dann Post von der Justiz: Seine Forderung ist im Insolvenzverfahren angemeldet. Doch er macht sich wenig Hoffnung, seine 17.000 Euro wieder zu sehen.

"Ich mache mir auch nichts vor. Das ist ein Pro Forma Vorgehen, ein juristisches Pro Forma Vorgehen. Ich bin froh, dass sie da etwas tut, aber ob da tatsächlich was passiert? Ich gehe nicht positiv davon aus, dass wir hier jemals einen Betrag sehen werden."

Hyazinth Styra

Doch nicht immer geht es um Betrug - häufig ist es einfach nur Pfusch am Bau. Hilfe bei schlecht verbauten Solaranlagen, das gehört inzwischen schon zum Geschäft von Installateuren.

"Wenn wir gerufen werden, dann werden wir in der Regel als Erstes einfach als Handwerksbetrieb gerufen, um zu schauen, wie wurde verbaut. Erkennen wir Mängel, haben wir irgendwelche Themen, wo wir sagen können, da ist der da ist der Fehler? Da ist der Mangel? Und im Nachgang ist es dann so, dass wir beratschlagen, was könnte man denn machen?"

Dominik Kagerer, Lara Future

Bei Reinhold Nitka in Bonn hat er eine komplett neue Anlage gebaut, nach über 2 Jahren Kampf - denn zuvor war hier für rund 25.000 Euro eine unbrauchbare Anlage aufs Dach installiert worden. 

"Die hatten hier die Stecker, die ihre Leute hochgebunden haben, die lagen hier in den Rinnen drinnen. Und dann lief das Regenwasser über die Stecker und dann waren die kurzgeschlossen."

Reinhold Nitka

Die neue Anlage läuft - im Keller ist jetzt auch ein neuer Wechselrichter. Der erste lief von Anfang an nicht rund. Das Werk von schwarzen Schafen? 

"Für mich ist ein schwarzes Schaf jemand, der auf das Trittbrett PV aufgesprungen ist, aber von Montage keine Ahnung davon hat."

 Dominik Kagerer, Lara Future

"Hier stand eine riesen Anlage, die nicht funktioniert hat, wo nichts passiert ist, aber mich damals schon mehrere Zehntausend Euro gekostet hat. Das hat mich jedes Mal geärgert, wenn ich hier runterkam. Da hat Herr Kagerer mich unterstützt, er hat mir gezeigt, was hier nicht in Ordnung ist und daraufhin wurde dann auch die Klage verfasst."

Reinhold Nitka

Die Zivil-Klage geht vor Gericht - und Reinhold Nitka bekommt Recht: Der erste Anbieter musste die Anlage wieder abbauen und den gesamten Betrag zurückzahlen. 

"Das ist das Urteil, ich habe gewonnen, ich habe recht bekommen und ich bin stolz drauf und froh, dass es so geklappt hat."

Reinhold Nitka

Zurück am Tegernsee bei Wolfgang Maurer und Elektromeister Thomas Grassinger: Fest steht: Die komplette Anlage muss vom Dach. Die spannende Frage: Was wird das kosten?

"Der wichtigste Schritt, damit die Anlage durch Schnee und Regen keinen Schaden nimmt, ist auf jeden Fall mal die Anlage demontieren und eine vernünftige Unterkonstruktion zu bauen, die unsere Schneelasten aushält. 9000, 10 000 Euro..."

Thomas Grassinger; ESS Elektro Solar Service

"Wenn ich da jetzt noch 10.000 Euro investieren muss, wird sich die Anlage nie mehr rentieren."

Wolfgang Maurer

Fazit: Lieber dreimal nachfragen und mit Fachleuten sprechen; sonst kann der Traum vom Solarstrom schnell zum Albtraum werden.

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