Report München


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50 Jahre report MÜNCHEN Interview mit Redaktionsleiter Stephan Keicher

Stand: 07.08.2012

Wie verlief denn die Geburt von "report München" am 5.8.1962? Heute gibt es ja das Zwillingspaar "report München" und "report Mainz" in der ARD-Familie - die Umstände klingen also schon mal spannend.

Stephan Keicher

Und wie. Denn in der ARD hatten mehrere Sender erkannt, wie wichtig politische Magazine sind. Schon 1960 strahlte der BR das erste Politmagazin unter dem Titel "Anno" aus. Kurz nach der Anmeldung von "Anno" durch den BR plante der NDR die Einführung von "Panorama". Und so gab es dann ab dem Sommer 1962 im vierzehntägigen Wechsel "Panorama" und "Report", das damals neben dem BR auch noch vom SDR und WDR produziert wurde.

Wie hat sich "report München" im Laufe der Jahre entwickelt? War die Sendung zum Beispiel in den 68er-Jahren provokanter?

Nein – Report hat sich nie gescheut, deutlich Position zu beziehen. Egal ob in den 60er Jahren oder heute. Aber natürlich haben sich die großen Diskussionsfelder geändert. Damals der Kalte Krieg, die Ostverträge, die scharfen Auseinandersetzungen zwischen Links und Rechts in der bundesdeutschen Politik, die Nachrüstung. Heute geht es zum Beispiel um die Energiewende oder die Euro-Krise. Da funktionieren die alten Schemata nicht mehr – aber auch da beziehen wir deutlich Position.

Die Sendung will Missstände in der Gesellschaft aufdecken und auf die Finger schauen. Gab es in den Jahren Widerstände von außen, mit denen die Redaktion zu kämpfen hatte?

Das Team von report MÜNCHEN | Bild: BR

Wenn ein Politmagazin Recherchen zu Missständen anpackt, dann gibt es zwangsläufig Widerstände von den Betroffenen - alles andere wäre ja auch überraschend. Aber davon lassen sich die Kolleginnen und Kollegen nicht beirren. Ob in den 80er Jahren, als die Redaktionsräume nach einem Bericht über Bundeswehrplanungen durchsucht wurden, bei Recherchen zu den diversen Parteispendenskandalen oder anderem. Auch als wir in den letzten Jahren zum Beispiel als eines der ersten Magazine Fragen zum Subventionswettlauf bei der Solarenergie thematisiert haben – da gab es schon ganz heftigen Widerspruch.   

Welche Storys sind bis heute unvergesslich geblieben?

Die legendäre Reportage von Dagobert Lindau, der auch den Namen "report" eingeführt hat, über die Hippies in New York ist ein absoluter Klassiker unter den „report“-Reportagen. Die Beobachtungen von Franz Josef Strauß und Helmut Schmidt im Wahlkampf, die Enthüllungen zur Flugaffäre in NRW oder zur CDU-Spendenaffäre bis hin zum Rückzug von Wolfgang Schäuble aus der Parteispitze. Auf unserer Internetseite www.report.de sind diese und andere Beiträge aus 50 Jahren zusammengestellt.

Inwieweit merkt ein investigatives Magazin wie Report München den Wandel in der Medienwelt? Hat das Internet die Sache eher einfacher oder schwieriger gemacht?

Das Internet ist natürlich ein neues Hilfsmittel bei der Recherche – ersetzt aber das akribische "Graben" in Dokumenten keinesfalls. Exklusive Tipps und Informationen bekommen nach wie vor nur die Reporterinnen und Reporter, die vor Ort sind und in ihren speziellen Arbeitsfeldern seit Jahren gut vernetzt sind. Das zeigt sich zur Zeit ganz besonders bei unseren Recherchen zum braunen NSU-Terror. In einem Punkt ist das Internet aber ganz wichtig: Unmittelbar nach den Sendungen gibt es im Blog oder auf unserer Facebook-Seite heftige Diskussionen zu den Beiträgen – da bleibt nichts unbeobachtet.

Ist es durch das gestiegene Informationsangebot im Internet schwieriger geworden, Themen zu setzen?

Natürlich konkurrieren mehr Stories um die Aufmerksamkeit in den Medien. Doch die Erfahrung zeigt auch: Exklusive Recherchen finden ihre Verbreitung. Allein wir erreichen mit unseren Sendungen jeweils bis zu vier Millionen Zuschauer.

Warum ist qualitativ hochwertiger, investigativer Journalismus so wichtig?

Das ist sicher einer unserer Grundaufträge: Unabhängige, kritische Berichterstattung, die Missstände aufdeckt und öffentliche Diskussionen anstößt. Darauf haben unsere Zuschauerinnen und Zuschauer einen Anspruch.

Das Interview führte Marc Sauber


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