Klimastreik und Zukunftsangst Wie tickt die junge Generation?
Unsere junge Reporterin geht einer sehr heiklen Frage nach: Warum demonstrieren so viele junge Menschen für das Klima und begehren nicht auf gegen immer höhere Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt, um die Sozialsysteme zu stabilisieren? Können, wollen die Jungen die Lasten der Alten noch tragen? Wie sehen sie ihre Zukunft?

Ich bin Clara Westhoff, Journalistin und 26 Jahre alt. Damit zähle ich zur sogenannten Generation Z. Manche sagen auch Generation Greta.
Anfang März ging "Fridays for Future" zum ersten Mal mit der Gewerkschaft verdi auf die Straße. Das finde ich ziemlich spannend. Denn ich will wissen, welche Zukunftsthemen gerade wirklich wichtig sind.
Deswegen frage ich hier junge und ältere Demonstrierende sowie deren schärfste Kritiker.
Umfrage auf Klima-Demo
Clara Westhoff: "Warum seid Ihr heute da?"
Junge Demonstranten: "Für's Klima:"
Ältere Demonstrantin: "Wegen meiner Enkel, weil die sollen einigermaßen so gut leben können, wie ich gelebt habe."
Junge Demonstrantin: "Wir sind eine Generation, die wahnsinnig viele Sachen hinterfragt, auch kritisch, und ich finde das macht uns als Generation sehr stark."
Ältere Demonstrantin: "Wir haben es versaut, jetzt müssen wir es reparieren."
Hier sind sich Alt und Jung einig. Zu Recht?
Ich reise weiter nach Freiburg. Dort treffe ich einen, der früher mal in einem autonomen Jugendzentrum gearbeitet hat. Heute ist er ein neoliberaler Wirtschaftswissenschaftler. Ich bin gespannt, was Professor Bernd Raffelhüschen meiner Generation an den Kopf wirft.
Interview mit Bernd Raffelhüschen
Bernd Raffelhüschen, Institut für Finanzwissenschaft Uni Freiburg: "Da, wo sie glauben, dass sie ein Riesenproblem haben, nämlich bei der Frage der ökologischen Nachhaltigkeit. Das ist eigentlich im Grunde genommen Pillepalle im Verhältnis zu dem wirklichen Problem, das sie haben. Das wirkliche Problem ist, dass wir als Generation, nämlich meine Generation der Babyboomer, sie mit unglaublich hohen Beitragssätzen, mit einer unglaublich hohen Steuerbelastung durchs Leben gehen lassen werden."
Clara Westhoff: "Und ist das noch fair? Dass meine Generation, die jungen Leute dann für Euch aufkommen müssen?"
Bernd Raffelhüschen, Institut für Finanzwissenschaft Uni Freiburg: "Das geht es nicht drum, ob es fair ist, es geht um die Kohle. Wir sind viele, und sie sind leider wenig. Sie müssen sich einfach klarmachen, dass meine Generation die Babyboomer, die politische Mehrheit ist und in dieser politischen Mehrheit sind die, die Kinder haben, nicht unbedingt die ganz große Mehrheit."
Schuldenlast für die junge Generation
Der hat mich ganz schön vor den Kopf gestoßen. Auch wenn es hier an der Uni Freiburg nur so von jungen Leuten wimmelt - zahlentechnisch sind wir tatsächlich in der Minderheit und das hat Folgen.
1962 kamen auf einen Rentner noch sechs Beitragszahler. 2030 müssen wahrscheinlich anderthalb Zahler für einen Rentner aufkommen. Das ist ja schon in sieben Jahren.
Umfrage auf Klima-Demo
Clara Westhoff: "Die Boomer gehen ja jetzt in Rente alle. Spätestens 2030 müssen wir alle für deren Rente zahlen?"
Demonstrant: "Klima ist ganz weit oben aber letztlich, sie waren schon irgendwie Schuld dran."
Die Generation der Baby-Boomer ist also schuld: Sie haben einfach zu wenige Kinder bekommen.
Älterer Demonstrant: "Um mich mache ich mir jetzt keine Sorgen, Gott sei Dank, aber um die zukünftigen Rentner mache ich mir natürlich große Sorgen."
Ältere Demonstrantin: "Die nächsten Jahre sind entscheidend und es wird immer noch nichts gemacht und es wird immer mehr CO2 in die Luft geblasen und die Rente, die ist dann für alle Generationen verloren."
Clara Westhoff: "Die Babyboomer gehen bald in Rente und wir müssen alle dafür bezahlen. beschäftigt Dich das, beschäftigt Euch das?"
Junger Demonstrant: "Es ist ein Thema, mit dem wir uns schon auch auseinandersetzen, aber ich meine ganz ehrlich, wenn wir so weiter machen ökologisch, wie wir es gerade tun, ist es das wesentlich kleinere Problem, wenn man sich die Fakten anschaut dazu."
Junge Demonstrantin: "Wenn das Klima sich so verändert, dass nichts mehr geht und so, dann ist da ja erstmal das wichtigste Ziel quasi."
Klassenkampf verkehrt herum?
Bei diesen jungen Menschen steht die Sorge ums Klima ganz vorne. Doch nach einer repräsentativen Umfrage von Infratest/Dimap für den Bayerischen Rundfunk sind viele junge Menschen auch pessimistisch, wenn es ums Geld geht. So glauben 75 Prozent der 18 bis 34-Jährigen nicht daran, dass sie den Wohlstand ihrer Eltern jemals erreichen können. Und der Bundesrechnungshof warnt in einer aktuellen Stellungnahme vor einem Kontrollverlust bei den Staatsfinanzen.
So habe der Bund in den letzten drei Jahren fast genauso viel Schulden angehäuft, wie in den 60 Jahren davor. Eine Riesenlast für meine Generation. Hier liege die eigentliche Gerechtigkeitsfrage, sagt der Publizist Jan Fleischhauer.
"Insgesamt hat die linke Bewegung soziale Fragen ja so ein bisschen ad acta gelegt. Also Klassengegensätze und solches spielt da kaum noch eine Rolle - also, die spielen schon eine Rolle, aber auf einer anderen, einer ganz anderen Weise. Also wenn ‚Fridays for Future' heute demonstriert, sind das in der Regel Bürgerkinder, das sehe ich ja schon an den Namen. Also wenn die Sprecherin Lu heißt, ja oder Rafael, das sind in Zweifel Leute, die alle aus akademischen Haushalten kommen, die dann, sagen wir mal auf das Arbeiterkind stoßen, das auf der anderen Seite steht und zwar: wo sind die Arbeiterkinder? Wenn natürlich noch bei der Polizei oder im Straßenverkehr, wenn sie sich festkleben, dann steht halt der der Arme, dann steht der arme Handwerker, der da nicht mehr durchkommt. Ich glaube, dass es zum Beispiel nicht gut ist für die Gewerkschaft, dass Verdi gar nicht gut beraten ist...
Verdi und ‚Fridays for Future' haben ja ein Bündnis geschlossen, also gemeinsam streiken. Und ich glaube, dass es für Verdi eine relativ, dass es nicht eine schlaue Idee ist, weil also die Leute, die sie vertreten, also Leute, die einfachere Leute sind, einfachere Berufe haben, Krankenschwestern, ein Busfahrer und anderes mehr. Die haben so ein ‚Roches' normalerweise natürlich auf die Leute, die immer sich auf die Straße kleben."
Jan Fleischhauer, Autor und Kolumnist
Klassenkampf verkehrt rum, meint also der konservative Kolumnist. Ich frage mich: Wie sieht das die Verdi-Jugend? Ich habe einen Termin mit der bayerischen Landesjugendvorsitzenden Katharina Heymann.
"Ja, das ist tatsächlich ein interessanter Punkt. Also ich glaube, man kann schon noch mal einen Blick darauf richten, wie die Klimabewegung strukturiert ist. Und das ist natürlich ein Privileg ist, wenn man im Moment Zeit und Ressourcen hat, sich so stark zu engagieren. Deswegen wäre mein Impuls eher zu sagen, Kämpfe ebnen, zusammen zu bringen und zu verstehen, dass sich das System insgesamt verändern muss, dass strukturelle Diskriminierung weg muss, dass der Zugang zum Arbeitsmarkt leichter werden muss und dann gehört auch das Thema Rente dazu."
Katharina Heymann, Verdi, Landesjugend Sekretärin
Mein Fazit: Natürlich ist es wichtig für das Klima zu kämpfen. Aber ein wenig sollte meine Generation auch an Ihren eigenen Geldbeutel denken.
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Michel, Donnerstag, 16.März 2023, 12:18 Uhr
3.
Werbung gehört ins Vorabendprogramm. Wenn wieder mal Raffelhüschen in einer Sendung vorkommen soll, wäre es mE angebrachter, sich mit seinen Einkünften aus der Versicherungswirtschaft zu beschäftigen und ob er dazu noch ein stattliches Professorengehalt samt Pensionsanspruch haben muss. Übrigens: Was hat er als Honorar für seinen Auftritt bekommen? Die Demonstrant*innen bekamen wohl kaum eines.
Davon abgesehen: Wenn die natürlichen Ressourcen immer knapper und die materiellen Lebensgrundlagen zerstört werden, kann man nichts von dem Geld abbeißen, das auf den Konten privater Versicherungskonzerne und deren Großaktionäre gelandet ist. Wenn es nicht einmal mehr als Papier exisitert, ist der Nähr- und Nutzwert mit (um die Terminologie von R. zu verwenden) "Pillepalle" noch eher euphemistisch bezeichnet.
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Zajac Klaus, Mittwoch, 15.März 2023, 14:35 Uhr
2. Schuldenlast für die junge Generation
Bei der allgemeinen Aufregung wird oft vergessen, was die Hauptgründe für die Rentenmisere sind: Die Tatsache, dass nicht die Demografie für die Schwundrente verantwortlich ist sondern der Umstand, dass trotz ständig steigender Produktivität sowie enormen Gewinn-und Vermögenszuwächsen die A,nehmer um ihren Anteil davon betrogen werden.
Die Tatsache, dass das Rentensystem und die Einnahmeregelungen unsozial ausgelegt sind und die Einnahmesittuation der Rentenversicherung durch ein entsprech -
endes Gesetz kurzfristig auskömmlich gestaltet werden könnte, falls der politische Wille dazu vorhanden wäre.
Alleine durch eine Einführung einer einheitlichen Rentenvers. für alle, in die sämtliche Einkommensarten einbezogen werden müßten und zusätzlich einer angemessen-
en Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze wäre eine auskömmliche Rente für jeden heute und in Zukunft gewährleistet.Alles Andere muss man als unverschämte Lügenpropaganda auffassen.
Antworten
Michael Rahnefeld, Dienstag, 14.März 2023, 22:17 Uhr
1. Rente und der Beitrag in report München
Dazu verweise ich nur auf dvg-ev.org
Informiert Euch, junge Generation. Raffelhüschen (wohl Beamter) und Co arbeiten mit seltsamen Zahlen in der Rentenfrage.
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