Report München


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Der unheimlich mächtige Partner Deutschlands Abhängigkeit von den USA

So viel deutsch-amerikanische Harmonie wie auf der gerade zu Ende gegangenen Münchner Sicherheitskonferenz hat es lange nicht mehr gegeben. Dabei wird oft übersehen: Deutschland gerät gegenüber den USA immer mehr ins Hintertreffen.

Von: Benedikt Nabben, Sabina Wolf

Stand: 20.02.2023

Joe Biden, Präsident der USA und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).  | Bild: dpa-Bildfunk/---

Was hat dieses Münchner Café mit der Abhängigkeit Deutschlands und Europas von den USA zu tun? Auf den ersten Blick: Nichts! Auf den zweiten eine ganze Menge: Denn viele Kunden zahlen mit amerikanischen Kredit- oder Debitkarten. Das Café muss dafür hohe Gebühren zahlen.

"Ich finde, es braucht ein Bewusstsein, dass der Kunde wirklich sich bewusst ist, dass er bei jedem einzelnen Bezahlvorgang, ob er eine Karotte kauft, ein Brot, einen Cappuccino, einfach auch Geld abgibt."

Priti Henseler, Café Götterspeise München

Schon bald könnte es für das Café noch teurer werden. Denn: Ab dem kommenden Sommer verliert die Girocard - auch bekannt als EC-Karte - an Attraktivität. Nicht alle neuen Girokarten können dann nämlich im Ausland eingesetzt werden.

Immer mehr Zahlungsverkehr über amerikanische Unternehmen

Die Gewinner werden US-amerikanische Anbieter sein. Immer mehr Kunden zahlen mit Debitkarten von Mastercard und Visa. Damit nimmt die Marktmacht der US-amerikanischen Unternehmen zu.

Sascha Straub von der Verbraucherzentrale sieht das kritisch:

"Wenn die nicht in den europäischen Raum so eingebunden sind, dass die Hoheit über den Zahlungsverkehr und die Rahmenbedingungen europäisch ist, dann sind wir abhängig, beispielsweise vom US-amerikanischen Raum, von dortigen politischen Entwicklungen. Und das haben wir dann nicht mehr in der Hand."

Sascha Straub, Verbraucherzentrale Bayern

Die deutsche Bundesbank beobachtet die Abhängigkeit von außereuropäischen Zahlungsdienstleistern. Wir fragen: Ist das ein Problem? Schriftlich heißt es: "Die europäischen Banken arbeiten derzeit an Projekten, um den Wettbewerb in diesen Feldern durch hiesige Angebote zu stärken."

Konkrete Ergebnisse gibt es bislang nicht. Der deutsche Versuch, im Bereich der Zahlungsabwickler eine wichtige Rolle einzunehmen, war Wirecard. Doch der ist grandios gescheitert.

Der Zahlungsverkehr - nur ein Beispiel für Europas Abhängigkeit von den Vereinigten Staaten.

Ungleiche Partner

Ein anderes: Die Energieversorgung. Um die Abhängigkeit von Russland zu verringern, haben die USA den Export von Flüssiggas in die EU extrem ausgebaut. Jetzt sind sie der größte LNG-Lieferant. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz Topthema: Die starke Allianz zwischen Deutschland und den USA. Doch die Partner sind ungleich:

"Wenn wir als EU auf Augenhöhe mit den Amerikanern sein wollen, wenn wir ein stärkerer geopolitischer Akteur international sein wollen, der auch ernst genommen wird, dann müssen wir unsere europäischen Hausaufgaben auch machen und nicht immer zu den USA schauen und sagen: Könnt ihr uns dabei helfen? Und jetzt brauchen wir da nochmal eure Hilfe."

Stormy-Annika Mildner, Aspen Institute

Auch in Sachen Cyber geht ohne die USA nichts; heißt es auf der Münchner Cyber Sicherheitskonferenz. Die Fachleute zeigen sich besorgt, denn Deutschland und Europa seien in der Cyberabwehr zu abhängig von den USA:

"Wir müssen insgesamt mehr ausgeben für Technologie und Innovation. Und insbesondere auch für den Schutz der digitalen Infrastruktur. Wir fallen zurück. Wenn man weiter zurückfällt, kann man sich irgendwann in der Cyberwelt auch nicht mehr verteidigen."

Ralf Wintergerst, Giesecke und Devrient

Ein weiteres Problem: Deutschland handle beim Thema Cyberabwehr nicht effektiv.

"Das amerikanische Narrativ im Cyber-Sicherheits-Dialog fokussiert sich auf die nationale Sicherheit. Also auf Angreifer, was sie machen. Man betrachtet das als militärische, als nationale Sicherheits-Angelegenheit. Während es in Europa wohl eher um den Datenschutz und Standards geht."

Sandra Joyce, Mandiant

Auf der Münchner Sicherheitskonferenz scheint es, als wolle Deutschland mehr Verantwortung übernehmen - ein Partner auf Augenhöhe sein; auch in der Verteidigung. Doch ist es das? Journalist Gordon Repinski beobachtet seit Jahren die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik. 

"Es gibt eine klare Erwartung von der amerikanischen Seite, dass die Deutschen sich in ihrer Entscheidung für Panzerlieferungen zum Beispiel nicht hinter den Amerikanern verstecken."

Gordon Repinski, Stellv. Chefredakteur The Pioneer

Vor einem Jahr verkündete Bundeskanzler Olaf Scholz die Zeitenwende. Jetzt erneuert er ein Versprechen - ganz im Sinne der transatlatnischen Partnerschaft:

"Deutschland wird seine Verteidigungsausgaben dauerhaft auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts anheben."

Olaf Scholz, Bundeskanzler

Mehr Verantwortung für Deutschland?

Finanzielle Verantwortung übernehmen im transatlantischen Bündnis. Genau wie bei Waffenlieferungen. Der Kanzler wurde lange als zu zögerlich wahrgenommen. Jetzt die Wende?

"Ich glaube, er hat sich verändert. Es geht hier nicht um Führungsstärke, sondern um das gegenseitige Verstehen. Der Kanzler genießt großen Respekt in den USA."

Nancy Pelosi, ehemalige Sprecherin US-Repräsentantenhaus

"Deutschland ist hier eine Verpflichtung eingegangen und alle sind an Bord. Ich glaube, der Kanzler hat eine harte Entscheidung getroffen, aber das ist der We,g den Deutschland gehen wird, und wir stimmen dem zu."

John Kerry, ehemaliger US-Außenminister

Freundliche Worte für den Kanzler - doch alleine wird Deutschland nie ein gleichwertiger Partner werden können.

"Das Wichtige für Deutschland ist, Europa zusammenzubringen, damit Europa halbwegs mit einer Stimme spricht. Denn geopolitisch ist Deutschland nur als Teil von Europa wirklich wichtig."

Gordon Repinski, Stellv. Chefredakteur The Pioneer

Im Großen wie im Kleinen. Zurück im Café von Priti Henseler. Viele Kunden zahlen mit Master- und Visacard - zur Freude amerikanischer Unternehmen; die Gebühren zahlt das Café.

"Es ist im Grunde sehr, sehr schade, dass Europa da nicht den Fokus auch darauf hat zu sagen, wir müssen auch die Wahl haben, wo, mit wem arbeiten wir? Wo geht das Geld hin? Also eigentlich unglaublich."

Priti Henseler, Café Götterspeise München

Ein schwaches, langsames Deutschland und Europa. So kann eine echte transatlantische Partnerschaft auf Augenhöhe nicht funktionieren.

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Franziska, Dienstag, 21.Februar 2023, 23:31 Uhr

1. Deutschland Abhängigkeit zu den USA

Deutschlands Politik verliert immer mehr die Kontrolle über sich selbst. Die Abhängigkeit erreicht schon fast 100 Prozent zu den USA. Bei der Kehrtwende, richtet sich die DE-Regierung zu viel dem Kontinent über den großen Teich. Selbstständig werden mit Made in Germany, dieser Zeitpunkt wurde seit langer Zeit verpasst. Gelder gehen fremd, es bleibt kaum was im Land. Dirigiert unser Leben mehr als je zuvor. Mit Coca Cola fing es an und geht nun weiter mit Regeln wie sich die DE-Regierung verhalten soll? Der Bericht von "Report" zeigt, dass USA in vielen Bereichen uns in der Hand hat, bestimmt nicht zum Vorteil nur für Deutschland. Biden z.B. hat nichts zu verlieren, wie lange wird er im Amt bleiben können? Er ist zwar ein väterlicher Freund als Präsident fûr Deutschland der vermutet seine eigenen Interessen für Amerika nicht aus den Augen lassen wird. Deutschland ist zu klein um mit den USA gleichziehen zu können. USA rudert das Boot für Deutschland. Machen die EU -Länder alles mit?

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