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Alfred Hitchcock "Spannung ist Kaugummi fürs Gehirn!"

Keiner konnte das Publikum so geschickt manipulieren wie er: Regisseur Alfred Hitchcock war der Meister des Suspense, sein Name ein Garant für Gänsehaut und Spannung. Mit "Hitchcock" hat Hollywood nun eine seiner wichtigsten Kreativphasen verfilmt. Kino Kino mit einem Porträt.

Stand: 08.03.2013 | Archiv

Seine Silhouette mit dem Doppelkinn und der Schmoll-Lippe war und ist ein unverwechselbares Symbol, sein Name im Vorspann eines Filmes ein Qualitätssiegel: Alfred Hitchcock war der Meister der Spannung, des "Suspense", wie er selbst sagte. "Hitchcock: ein Name wie ein Slogan. Wer diesen Namen hört, weiß, was für eine Art Film ihn erwartet. Es ist ein Markenname, der ausreicht, ein Produkt zu verkaufen. Der Regisseur als Superstar. Die Amerikaner haben den Thriller, den Krimi, den Suspense-Film, die schwarze Komödie immer für ein bisschen vulgär gehalten. Hitchcock hat diesen Genres Würde und den Rang einer Kunstform verliehen" (Robert A. Harris).

"Ich bringe die Leute zum Erschauern"

Alfred Hitchcock mit seiner Frau Alma auf dem Londoner Flughafen (1958)

Seine Vorliebe für Kriminalstoffe im Verbund mit seinem eigenen, makabren und skurrilen Humor (Zitat: "Spannung ist Kaugummi fürs Gehirn!") prägten Hitchcocks Stil ebenso wie die Erwartungen seines Publikums: "Es heißt dass, würde ich "Cinderella" verfilmen, das Publikum nur darauf warten würde, dass eine Leiche aus der Kürbiskutsche fällt. Das stimmt. Wenn ich die Leute mit einem meiner Filme nicht zum Erschauern bringe, sind sie enttäuscht". Der spätere Meister der Gänsehaut wurde am 13. August 1899 als Sohn eines Obstimporteurs und Geflügelhändlers in London geboren. Hitchcock arbeitete nach der Schule zunächst als Werbezeichner, kam 1920 als Zeichner von Zwischentiteln zum Stummfilm, wo er sich schnell zum Regieassistenten hocharbeitete. Seinen ersten Spielfilm "The Pleasure Garden" drehte Hitchcock in den Münchner Emalka-Studios. Zehn Stumm- und 15 Tonfilme in England folgten, bis der Hollywood-Tycoon David O. Selznick Hitchcock 1939 in die Traumfabrik lockte.

Über 50 Filme und eine TV-Serie

Ob Cary Grant in "Der unsichtbare Dritte" (1959) als Werbefachmann, der durch eine Verwechslung zum Verfolgten wird oder James Stewart als Tourist, der in "Der Mann, der zuviel wusste" (1956) durch eine Zufallsbekanntschaft in eine internationale Verschwörung hineingezogen wurde: Unschuldig Verfolgte und der Kampf des Einzelnen gegen Kräfte, die er nicht zu fassen bekommt, gehörten zu Hitchcocks Lieblingsthemen. Doch Hitchcocks Filme waren nicht nur spannend und manchmal schockierend wie sein Klassiker "Psycho" (1960), sondern vor allem auch minutiös durchgeplant und choreographiert.

Immer für eine Überraschung gut

Filmografie (Auswahl):

1976 Familiengrab
1964 Marnie
1963 Die Vögel
1960 Psycho
1959 Der unsichtbare Dritte
1958 Vertigo - Aus dem Reich der Toten
1956 Der Mann, der zuviel wusste
1955 Über den Dächern von Nizza
1954 Bei Anruf Mord
1954 Das Fenster zum Hof
1946 Berüchtigt
1941 Verdacht
1938 Eine Dame verschwindet
1935 Die 39 Stufen
1925 Irrgarten der Leidenschaft

Denn Hitchcock verachtete Filme, in denen alle Informationen über den Dialog vermittelt werden. Er führte das Auge seines Zuschauers, erzählte seine Geschichten mit Bildern, mit Kameraperspektiven, die erklären oder falsche Fährten legen konnten. Dafür experimentierte er mit den Möglichkeiten des Films, wagte einen Film ohne sichtbare Schnitte ("Cocktail für eine Leiche", 1948), filmte durch Glasböden ("Der Mieter", 1926) oder versenkte eine Lampe in einem Glas Milch, um den Zuschauer das Gift ahnen zu lassen.

Ein selbstironischer, überlegener Manipulator

Cary Grant in Hitchcocks "Der unsichtbare Dritte" (1959)

Eine derartige Meisterschaft brachte Hitchcock die Bewunderung junger europäischer Regisseure wie Francois Truffaut ein, der als Kritiker gegen alles und jeden zu Felde gezogen war, für Alfred Hitchcock aber nur Bewunderung übrig hatte: "Wir ziehen niemals das Genie Hitchcocks als Meister der Form in Zweifel; allenfalls versuchen wir, herauszubekommen, wie weit er selbst für die Drehbücher verantwortlich ist, die er inszeniert". Seine kurzen Auftritte in seinen eigenen Filmen, die von ihm moderierte Fernsehsendung "Alfred Hitchcock presents" prägten das öffentliche Bild Hitchcocks als selbstironischer, überlegener Manipulator. Der private "Hitch" dagegen war ein scheuer Mensch, der mit dem Begriff des Genies selbst gar nichts hätte anfangen können. Er verstarb am 29. April 1980.


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