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Praktikum in der Türkei Istanbul, die Brücke zwischen Orient und Okzident

Merve Navruz studiert Mathematik und Schulpsychologie auf Lehramt an Gymnasien und war für ein Praktikum mit SCHULWÄRTS! in Istanbul. Die bunte Mischung aus östlicher Exotik und abendländischer Moderne begeistert sie.

Von: Merve Navruz

Stand: 03.04.2016

Merve Navruz in der Türkei | Bild: Merve Navruz

Skyscraper zwischen altosmanischen Bauten, Einkaufshäuser neben traditionellen Basaren und Miniröcke neben Schleiern. In keiner anderen Metropole sind Westen und Osten so sehr nebeneinander präsent wie in Istanbul. Wer das Glück hat, am Abend auf einer Dachterrasse über dem Bosporus zu sitzen, dem bietet die Stadt eine einzigartige Darbietung der langsam sinkenden Sonne im Goldenen Horn. Die eindrucksvollen Silhouetten von Kuppeln und Minaretten der Blauen Moschee, der Hagia Sophia und des alten Sultanpalasts verschwimmen in der Dämmerung und aus dem Meer schiebt sich ein Ozeandampfer in den Bosporus.

Die Schiffsfahrt auf dem Bosporus beginnt an der Galatabrücke. Man passiert den Dolmabahce Palast, die Moschee in Ortaköy und fährt unter der Bosporus-Brücke und Fatih-Sultan-Mehmet-Brücke hindurch.

Im Rahmen des internationalen Projekts SCHULWÄRTS! hatte ich die Möglichkeit, das historische Erbe und die spannende Metropole am Goldenen Horn zu entdecken.

Für dieses Projekt können sich Lehramtsstudierende deutscher Universitäten aller Fächerkombinationen und Schulrichtungen aus Deutschland bewerben. Der gesamte Praktikumsaufenthalt wird mit einem Stipendium gefördert. Das Projekt unterstützt Praktikumsaufenthalte in folgenden Ländern: Ägypten, Australien, Bulgarien, China, Libanon, Polen, Rumänien, Russland, Thailand, Tschechien, Türkei, Ungarn, Ukraine und Vietnam.

Praktikum in der Türkei heißt kulturelle Differenzen überwinden

Integration, Multikulturalität und Inklusion sind längst Thema in unseren Schulen. Wer also heutzutage in den Lehrerberuf geht, braucht mehr als reines Fachwissen und pädagogisches Feingefühl, da immer mehr Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher Herkunft neben- und miteinander lernen. Außerdem setzt erfolgreiche Kommunikation und Interaktion in unserer globalisierten Gesellschaft umfangreiche interkulturelle Kompetenzen voraus.

Wer auf globaler Ebene handelt und verhandelt, tut dies vor der dem Hintergrund der eigenen Kultur. Um also Lehrkräfte für interkulturelle Begegnungen vorzubereiten, ist Weiterbildung auf diesem Gebiet unumgänglich. Durch dieses Projekt wird also die Möglichkeit gegeben, einen Einblick in ein anderes Bildungssystem zu erhalten und interkulturelle Handlungskompetenzen zu stärken, die zum Beispiel die Interaktion mit Menschen mit Migrationsgeschichte erleichtern und helfen, Missverständnisse zu vermeiden. Somit trägt es entscheidend dazu bei, kulturelle Differenzen zu überwinden.

Neben den im Lehramtsstudiengang obligatorischen Praktika hatte ich hierbei die Gelegenheit, den Unterricht eigenverantwortlich mitzugestalten und außercurriculare Projekte und Veranstaltungen mit dem Schwerpunkt Deutsch als Fremdsprache und MINT durchzuführen.

Dies konnte ich an der internationalen Schule Nobel Bridges School Istanbul (globale Zusammenarbeit: Nobel Education Network) umsetzen. Die Bridges School sieht es als ihre Aufgabe, eine eng vernetzte Gemeinschaft zu bilden und zu pflegen, in der Lernende ihre Talente entdecken und ausbauen können und innerhalb derer es ihnen möglich ist, ihr individuelles Potential auszuschöpfen.

Gegenseitige Integration in der Türkei?

In Istanbul hatte ich die Möglichkeit, überraschend viele sogenannte "Türkdeutsche" (Deutsche oder Deutschstämmige in der Türkei) kennenzulernen. In Deutschland wird häufig über die Integration von "Deutschtürken" und Parallelgesellschaften berichtet – nicht zu unterschätzen ist allerdings die Zahl der Deutschstämmigen in der Türkei (bis zu 100.000). Gibt es auch in der Türkei eine Debatte zur Integration von "Türkdeutschen"? Die Deutschen die ich kennenlernen durfte, sind zum einen gut integriert, zum anderen legen sie auch großen Wert auf den Erhalt der deutschen Kultur. Viele unserer gemeinsamen türkischen Freunde haben mittlerweile sogar einige deutsche Bräuche (insbesondere Weihnachten) übernommen.

Das Projekt SCHULWÄRTS!

Am SCHULWÄRTS! Projekt nehmen viele Länder teil. Neben der Türkei sind das Ägypten, Australien, Bulgarien, China, Libanon, Polen, Rumänien, Russland, Thailand, Tschechien, Ungarn, Ukraine und Vietnam.Die Stiftung Mercator unterstützt dabei die Aufenthalte in der Türkei und China.

Länderinfo: Türkei

  • Das Land zwischen Schwarzem Meer, Ägäis und Mittelmeer ist ein Vielvölkerstaat. Hier spricht man Türkisch, aber zum Beispiel auch Kurdisch, Armenisch und Arabisch. Anatolien macht den größten Teil des Landes aus und liegt in Asien, der Rest in Südosteuropa.
  • Türkische Hochschulen erheben Studiengebühren, die an staatlichen Universitäten zwischen 200 Euro und 1.000 Euro pro Jahr betragen.
  • In der Türkei gibt es circa 100 staatliche und 70 private Unis.
  • Die Lebenshaltungskosten in der Türkei sind allgemein günstiger als in vielen europäischen Ländern. Die größten Supermärkte in der Türkei sind Migros, Metro, Real, Tansaş, Carrefour und Kipa. Auch die günstigen Supermarktketten wie BIM, Şok oder 101 findet man fast in jedem noch so kleinen Ort.
  • Das akademische Jahr beginnt in der Regel Mitte September und endet Mitte Juni und ist in zwei Semester gegliedert. Der erste Studienabschnitt dauert zwei Jahre und wird mit dem ersten akademischen Grad "Önlisans Diplomasi" abgeschlossen. Dieser Abschluss ist sowohl berufsqualifizierend als auch die Voraussetzung für das "Lisans Diplomasi".

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